Kommentar FDP: Monate der Profilierung
Die FDP hört nicht auf, liberale Themen zu beackern. Mit dem Vorstoß gegen Vorratsdaten in der EU will sie sich profilieren – um es wieder in den Bundestag zu schaffen.
D ass die FDP in ihren zweieinhalb Regierungsjahren fast bis zur Unsichtbarkeit geschrumpft ist, das ist ein Vorgang, den sie genauso zu erleiden hat wie andere Koalitionspartner vor ihr. Dass sie aber nicht aufhört, eigene liberale Themen zu beackern, kann man ihr zugute halten.
Denn so wichtig die zwischen Union und FDP umstrittene Vorratsdatenspeicherung für jeden Bürger ist, so sperrig ist dieser Komplex. Overlay-Netzwerke, Speicherfristen, Darknets – andere Politikfelder verfügen zumindest über ein verständlicheres Vokabular.
Trotzdem, der freche Vorstoß des FDP-Internetexperten Jimmy Schulz kommt zu einem Zeitpunkt, da die Vier-Prozent-Liberalen sich eigentlich nicht nur alles erlauben sollten. Nein, sie müssen es. Ihr Ziel ist jetzt der Wiedereinzug in den Bundestag. Mehr können sie im Moment nicht verlangen. Deshalb nutzen sie die verbleibenden Monate zur Profilierung.
ist Inlandsredakteurin der taz.
Die Frage stellt sich, ob sich die FDP mit ihrer europaweiten Bürgerinitiative nur wichtig machen will. Oder ob diese Art der direkten Demokratieausübung nicht ein durchaus anschlussfähiges Thema ist. Nicht nur für Liberale, denen die Überwachung des Bürgers per se ein Graus ist. Sondern auch für Leute, die sich in anderen Fragen bei den „neuen Liberalen“, nämlich den Piraten, nicht aufgehoben fühlen.
Und dann ist da noch die Koalitionsarithmetik. Lange nicht hat sich die Union so sicher gefühlt wie zurzeit. Mit kühler Arroganz fordern sowohl die Kanzlerin als auch ihr Fraktionschef Altmaier den nunmehr winzigen Koalitionpartner zum Gehorsam auf. Die FDP soll mit der Vorratsdatenspeicherung einen ihrer Grundsätze aufgeben. Die Union weiß: Eine Neuwahl würde nur einer von beiden nicht überleben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen