piwik no script img

Kommentar BürgerbeteiligungMehr als drüber reden

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Bürgerbeteiligung ist kein Feld für Symbolpolitik. Ein wirklich modernes Planungsrecht ermöglicht es Betroffenen zu einem frühen Zeitpunkt, bis zum Schluss mitzugestalten.

D as Innenministerium hat den Ärger um Stuttgart 21 und um diverse Auto- und Landebahnen in den letzten Jahren beobachtet und reagiert nun mit einem Gesetzentwurf: Es will die Öffentlichkeit früher einbeziehen. Dazu werden die Behörden verpflichtet, "darauf hinzuwirken", dass Unternehmen oder staatliche Stellen vor dem Planungsverfahren einen Dialog mit den Bürgern führen.

Bevor die Planungen für eine Starkstromtrasse oder einen Flughafen bei den Behörden eingereicht werden, soll jeder die Möglichkeit haben, sich zu äußern. Das wars aber auch schon.

Wie der Dialog aussieht, wie Unternehmen und Behörden die gewonnenen Informationen nutzen, und ob sie ihn überhaupt führen - all das bleibt ihnen selbst überlassen. Das eigentliche Planungsrecht bleibt, nach bisherigem Kenntnisstand, im besten Fall unangetastet. Im schlechtesten werden die Beteiligungsrechte beschnitten.

Die Autorin

HEIKE HOLDINGHAUSEN ist Redakteurin im Umwelt- & Wirtschaftsressort der taz.

Es ist eben schwer, das Richtige aus den falschen Gründen zu tun. Denn die Motivation für die Gesetzesinitiative ist, die Genehmigungsverfahren effizienter zu machen. Der Bürger darf früher mitreden, damit er nicht mehr stört, wenn es ernst wird.

Bürgerbeteiligung ist jedoch kein Feld für Symbolpolitik. Ein wirklich modernes Planungsrecht ermöglicht es Betroffenen - Anwohnern, Umweltverbänden, Unternehmen -, zu einem frühen Zeitpunkt bis zum Schluss mitzugestalten. Der Staat und die Konzerne haben einen tiefgreifenden Lernprozess vor sich: Sie müssen die Öffentlichkeit nicht nur besser informieren, sie müssen Macht an sie abtreten.

Ob das teurer ist als bisher oder die Verfahren länger dauern, ist nebensächlich. Was in der Demokratie zählt, ist die tatsächliche Beteiligung der Bevölkerung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!