Kommentar Bombenanschläge Reyhanli: Perfide Strategie der Attentäter
In der Türkei macht sich niemand mehr Illusionen über die Auswirkungen des Krieges in Syrien. Der Sturz von Assad würde die Kämpfe nicht beenden.
D er syrische Bürgerkrieg ist in der Türkei angekommen. Nach den Bombenanschlägen in Reyhanli macht sich niemand in der Türkei mehr Illusionen über die Auswirkungen des Krieges in Syrien. Hunderttausende Syrer halten sich derzeit in der Türkei auf, darunter auch viele Bewaffnete, die die Türkei als Rückzugsgebiet nutzen. Der Ort Reyhanli ist ein logistisches Zentrum für den Waffennachschub der syrischen Oppositionskämpfer, was auch Konflikte zwischen Einheimischen und bewaffneten syrischen Oppositionellen geschürt hat.
Wer immer die Bomben am Samstag gezündet hat, es ist eine perfide Strategie, um der türkischen Bevölkerung zu zeigen, dass ihr Land längst Akteur im Kampf um die Zukunft in Syrien ist. Die türkische Regierung drängt schon lange darauf, die syrische Opposition mehr als bislang zu unterstützen.
Erdogan wird in dieser Woche in Washington die Einrichtung einer Flugverbotszone fordern und Ankara wird wohl bald seine Verbündeten in Syrien, das sind hauptsächlich die Muslimbrüder, noch massiver bewaffnen als bislang.
Die Bombenanschläge zeigen aber auch, dass es im Kampf um Syrien keine Skrupel mehr gibt. Es ist möglich, dass die jetzt von der Regierung präsentierten Verhafteten tatsächlich schuldig sind, genauso gut aber können auch islamistische Oppositionskämpfer die Bomben gelegt haben.
Zu Recht befürchtet die säkulare Opposition in der Türkei, dass auch der Sturz von Assad längst nicht die Kämpfe beenden würde und dass die Freie Syrische Armee kein verlässlicher Partner ist. Erdogan glaubt dagegen, je stärker sich die Türkei jetzt engagiert, umso mehr wird sie später bestimmen können, wer in Syrien das Sagen hat. Doch mit einer solchen Politik hat sich US-Präsident George W. Bush im Irak auch schon geirrt.
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