Kommentar Betreuungsgeld: Dem Regierungschaos sei Dank
Die „Herdprämie“ könnte sich bald erledigt haben. Das wäre großartig. Aber der Kulturkampf um ein Familienleitbild in Deutschland wird trotzdem weitergehen.
K ann man sich jetzt endlich gelassen zurücklehnen? Je heftiger die Koalition um das Betreuungsgeld ringt, desto mehr schrumpft die Chance, dass es die „Herdprämie“ geben wird. Das Betreuungsgeld, das im Koalitionsvertrag zwar vereinbart wurde, aber zu Beginn der Legislaturperiode eine eher zweitrangige Rolle spielte, ist zum aktuell größten Problem der Regierung geworden. 23 CDU-Abgeordnete haben angekündigt, im Bundestag gegen das Betreuungsgeld zu stimmen. Passiert das tatsächlich, ist die Koalitionsmehrheit futsch.
Lassen sich die Abweichler umstimmen? Angela Merkel ist nicht zu beneiden: Die Kanzlerin ist keine Freundin der „Herdprämie“. Aber sie muss sie durchsetzen, um sich nicht den Zorn der CSU zuzuziehen.
Deshalb ist eine Idee nicht schlecht, die seit einiger Zeit durch die Lande geistert: Man kann das Gesetz demnächst zwar beschließen, aber die Einführung des Betreuungsgeldes hinausschieben. Damit schlüge man zwei Fliegen mit einer Klappe: Scheinbar bekommen alle Seiten das, was sie wollen. Aber eingeführt werden muss die Sozialleistung nicht.
ist Redakteurin im Inlandsressort der taz und schreibt über Genderthemen.
Das wiederum dürfte Finanzminister Wolfgang Schäuble freuen. Der weiß nämlich nicht so genau, wie er die „Herdprämie“ bezahlen soll. Er braucht auch noch jede Menge Geld für den Kita-Ausbau. So könnte sich spätestens mit der nächsten Bundestagswahl das Betreuungsgeld komplett erledigt haben.
Das wäre großartig. Aber der in diesen Tagen viel zitierte Kulturkampf um ein Familienleitbild in Deutschland wird trotzdem weitergehen. Tatsächliche Wahlfreiheit gibt es nämlich erst dann, wenn Eltern sich nicht mehr mit dem Betreuungsgeld ködern lassen, nur weil es ihr Haushaltsbudget auffüllt. Und wenn andere Eltern nicht danach greifen müssen, weil sie keinen Kitaplatz haben.
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