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Kommentar Aserbaidschan-ArmenienErneute Kriegsgefahr im Kaukasus

Kommentar von Barbara Oertel

Nach der Freilassung Ramil Safarows steht die Situation im Kaukasus auf der Kippe. Gut, dass der Konflikt die Aufmerksamkeit des Westens hat.

E ine erneute militärische Konfrontation zwischen Armenien und Aserbaidschan rückt wieder näher. Über die Motive der ungarischen Regierung, den wegen Mordes an einem Armenier verurteilten aserbaidschanischen Offizier Ramil Safarow vorzeitig an sein Heimatland zu überstellen, kann zwar nur spekuliert werden, aber die Bemühungen, den Konflikt beider Länder um die Enklave Berg-Karabach in absehbarer Zeit friedlich beizulegen, wirft dies ein gehöriges Stück zurück.

Dass Aserbaidschan dieses Szenario einkalkuliert, zeigt der Umstand, dass die Regierung in Baku Safarow zum Volkshelden stilisiert, ihn noch dazu für sein brutales Verbrechen mit einer Beförderung belohnt und damit Armenien in drastischer Art und Weise demütigt.

Die drohende Kriegsgefahr ist es wohl auch, die die internationalen Akteure ungeahnt schnell reagieren lässt. Nicht einmal 24 Stunden dauerte es, ein Treffen des armenischen Außenministers und seines aserbaidschanischen Amtskollegen mit Vertretern der Minsk-Gruppe der OSZE, der Frankreich, die USA und Russland angehören, in Paris zu organisieren.

Barbara Oertel

ist Co-Leiterin des Auslandsressorts der taz und zuständig für die Osteuropa-Berichterstattung.

Dieser plötzliche Hyperaktionismus irritiert. Denn von einer ruhigen Situation konnte bis jetzt keine Rede sein. Im Gegenteil: Durch Scharmützel an der Demarkationslinie zwischen Aserbaidschan und Berg-Karabach fallen diesem Konflikt schon derzeit fast wöchentlich Menschen zum Opfer. Nur interessierte das außer den unmittelbar Beteiligten bisher kaum jemanden.

Bezeichnend ist auch die Reaktion Russlands, das sich derzeit vornehm zurückhält. Aus gutem Grund: Nur eine Aufrechterhaltung des Status quo, also eines anhaltenden Konflikts, sichert Moskau seinen Einfluss in einer Region, die es immer noch als seinen angestammten Machtbereich betrachtet. Um diese Politik durchzusetzen, scheut sich der Kreml auch nicht, militärische Mittel einzusetzen – wie schon 2008 im Georgienkrieg.

Der Fall Safarow hat nun den eingefrorenen Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan international wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Die internationale Gemeinschaft muss den Druck verstärken, auf beide Seiten mäßigend einwirken und versuchen, eine Eskalation zu verhindern. Jede andere Entwicklung wäre fatal. Denn auf dem Spiel steht nichts Geringeres als die ohnehin längst fragile Stabilität einer ganzen Region.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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1 Kommentar

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  • M
    Momo

    Warum ist es "gut, daß der Konflikt die Aufmerksamkeit des Westens hat"? Weil "der Westen" stets einer - im Vergleich zum unzivilisierten Nichtwesten - angeblich höheren Moral folgt? Die taz sollte eigentlich - seit dem Vietnamkrieg, spätestens jedoch seit Bushs völkerrechtwidrigem Angriffskrieg im Irak - wissen, daß "der Westen" durchaus aus eigensüchtigen Motiven ("geostrategische" / ökonomische Interessen) Kriege führt.