Kommentar Angriffe US-Botschaften: Allianz der Wahnsinnigen
Islamisten attackieren US-Botschaften wegen eines Videos. Sie fühlen sich darin bestärkt, dass „der Westen“ einen Krieg gegen „die Muslime“ führt.
D ie gestürmten Botschaften in Kairo und Bengasi zeugen nicht nur davon, wie fragil die Sicherheitslage in beiden Ländern nach den revolutionären Umwälzungen des letzten Jahres noch immer ist. Sie zeigen auch, wie radikale islamistische Kräfte versuchen, sich in dieser Situation als Machtfaktor in Szene zu setzen.
In Libyen, wo seit Gaddafis Sturz quasi ein machtpolitisches Vakuum herrscht, haben sie offenbar wenig Gegenwehr zu befürchten. Wer gedacht hatte, dass dort allein aus Dankbarkeit gegenüber der Schutzmacht USA, die mithalf, den verhassten Diktator zu stürzen, in Bengasi nun ein toleranterer Geist eingekehrt sein müsste, der wird durch die Ereignisse jetzt eines Schlechteren belehrt.
Gezündelt wird aber nicht nur in Nordafrika, sondern auch in den USA, wo die Lunte für diese Explosion der Gewalt gelegt wurde. Selbstverständlich kann kein noch so schlechter Film Gewalt oder gar Mord rechtfertigen. Und es ist immer wieder erschreckend, wie radikale Islamisten auf jede solche Provokation so reflexhaft wie pawlowsche Hunde reagieren. Aber man muss davon ausgehen, dass die Macher des Anti-Islam-Films diese Reaktion einkalkuliert und billigend in Kauf genommen haben.
ist Inlandsredakteur der taz.
Politik und Medien ihrer Länder sollten sie dafür zur Verantwortung ziehen. Natürlich wiegt die Meinungsfreiheit schwer. Aber ihr 14-minütiges Machwerk ist so rassistisch und antimuslimisch, wie die Fake-„Protokolle der Weisen von Zion“ antisemitisch sind. Entsprechend ächten sollte man seine Urheber.
Doch egal ob sich westliche Regierungen und Medien jetzt von diesem Film distanzieren oder nicht – sie können nicht verhindern, dass der Film über das Internet weltweit verbreitet wird. Vor allem radikale Islamisten tun sich dabei hervor, denn sie fühlen sich durch ihn darin bestätigt, dass „der Westen“ einen Krieg gegen „die Muslime“ führt. Die Irren in den USA und im Nahen Osten reichen sich gegenseitig das Feuerzeug.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative