Kommentar AfD-Politiker beim Vorlesetag: Ziemlich dämliche Idee
Kein Kind wird gleich Schaden nehmen, wenn ihm ein AfD-Politiker vorliest. Die Gefahr liegt vielmehr in der Normalisierung der rechten Partei.
D iskussionen und inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD müssen sein, keine Frage. Auch stehen den Rechtspopulisten jene Ämter in Landtagen – und bald wohl auch im Bundestag – zu, die einer gewählten Partei, die sich nicht nachweislich außerhalb des Grundgesetzes stellt, so zustehen. Schließlich sind sie demokratisch gewählt. Aber AfD-Abgeordnete flächendeckend dazu einladen, Kindern in Kitas, Schulen und Bibliotheken vorzulesen? Das ist nun wirklich eine schlechte Idee.
Vermutlich wird kein Kind gleich Schaden nehmen, wenn ihm AfD-PolitikerInnen wie Frauke Petry oder gar Björn Höcke ein Stündchen etwas vorlesen. Vielleicht können die beiden dabei sogar sympathisch und zugewandt sein. Eine solche Selbstdarstellung dürfte der eine Effekt des Vorlesetags sein. Ein noch wichtigerer: Die Einladung suggeriert, dass die AfD eine ganz normale Partei ist. Eine solche Normalisierung aber sollte es nicht geben. Im Gegenteil.
Die AfD ist eine rechtspopulistische Partei mit Verbindungen ins rechtsextreme Lager, ihr völkisch-nationalistischer Flügel wird immer größer. Die Partei hetzt gegen Andersdenkende, gegen Schwule und Lesben, gegen Migranten und Flüchtlinge. Für Muslime würde sie gerne das grundgesetzlich verbriefte Recht der freien Religionsausübung beschneiden, weil sie ihren Glauben für eine Gefahr hält. Wer AfDler zum Vorlesen in Schulen und Kitas einlädt, mutet nicht nur Kindern und ihren Eltern aus all diesen Gruppen einiges zu. Dies legt auch nahe: Eine solche Einstellung ist vielleicht nicht mehrheitsfähig, aber okay. Das aber ist sie nicht. Und genau dies sollten Bildungseinrichtungen in einer demokratischen Gesellschaft auch vermitteln.
Die Stiftung Lesen, die allen Kindern unabhängig von ihren materiellen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen Spaß am Lesen vermitteln will, steht eigentlich in dieser Tradition. Die Einladung der AfD-Abgeordneten passt dazu nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen