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Kolumne ZumutungGenderpolitisches Geilsein

Anja Maier
Kolumne
von Anja Maier

Potzblitz! Ein Vater arbeitet in Teilzeit, weil er sich um seine Kinder kümmern will.

Guck mal, ein Vater. Bild: Foto: Christoph Schmidt dpa

M it dem „Spitzenvater des Jahres“ verhält es sich in etwa so wie mit dem Männerstrip auf der Geburtstagsrunde, dessen unfreiwillige Zeugin man beim abendlichen Kneipenbesuch wird. Man ist peinlich berührt und wünscht sich, das halböffentliche Schauspiel möge bitte zügig ein gnädiges Ende finden.

Also ohne dass anwesende Frauen „Mädels“ genannt und genötigt werden, einen höhensonnenverbrannten Waschbrettbauch über einem Glitzerschlüppi zu streicheln und dann auch noch loben zu müssen.

In etwa so peinlich also, nämlich superpeinlich, ist der „Spitzenvater des Jahres“. Verliehen bekommen hat diesen Titel gerade ein Berliner, der - und jetzt alle mal gut festhalten - „mit Rücksicht auf seine Lebensgefährtin nur Teilzeit arbeitet“. Potzblitz. Das ist natürlich eine Leistung.

Ein Mann von 36 Jahren verzichtet auf einen Teil seines Einkommens, um mehr Zeit für die gemeinsamen Kinder zu haben? Das ist ja ungefähr so beeindruckend, wie Kinder zu gebären, deren Alltag zu managen, Elternsprecherin zu werden oder ... ach ja, in Teilzeit zu gehen und später weniger Rente zu bekommen. Das machen nämlich aktuell sieben von zehn berufstätige Mütter. Und gratis zu ihrem reduzierten Einkommen bekommen sie noch ein paar wertvolle Ratschläge, wie sie wieder rauskommen aus dieser unterdrückerischen „Teilzeitfalle“.

Unser „Spitzenvater“ hingegen: Ein Ausnahmeheld. Hat Kinder, kümmert sich um sie, macht Schulelternarbeit, geht in Teilzeit ... und kriegt dafür 5.000 Euro Preisgeld. Geschenkt. Wegen genderpolitischen Geilseins.

Das Preisgeld erhält er übrigens nicht von, sagen wir, Familienministerin Schwesig, die sich sonst immer so schön freut, wenn Väter in Elternzeit gehen. Die 5.000 Öcken kommen von einer Großbäckerei, deren Geschäftsführerin samt Firmenlogo bei der Preisverleihung optisch eine sehr zentrale Rolle gespielt hat.

Eine Familienpackung Rosinenbrötchen

Man kann und soll sich das genauer auf der Firmenwebsite anschauen. Zum Dank für soviel unternehmerische Uneigennützigkeit war Manuela Schwesig persönlich Schirmherrin dieser PR-Sause. Und wer weiß, vielleicht hat die Ministerin zum Dank eine Familienpackung Rosinenbrötchen ins Büro geschickt bekommen. So mag ich das.

Der 8. März als günstiger Promotermin für Aufbackbrötchen und Tiefkühl-Torten, sozial aufgehübscht durch einen „Spitzenvater“, dem öffentlich und auf Knien zu danken ist, dass er sich um seine Kinder kümmert. Wie wäre es, wenn demnächst alles, was selbstverständlich ist, mit Hilfe von Politik und mittelständischer Industrie weggefeiert würde?

Mir persönlich käme ein Spitzenschläfer-Preis sehr zupass. Oder irgendwas Abgefahrenes fürs Zähneputzen. Und mal ehrlich, dass ich regelmäßig meine Fahrradreifen aufpumpe – könnte da Bundesverkehrsminister Dobrindt nicht mal ein Grußwort sprechen? Verdient hätte ich es. Schließlich fahre ich jeden Tag Rad.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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4 Kommentare

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  • Frau Anja Meier hat wahrscheinlich keine Kinder, vielleicht nicht mal einen Mann, aber sicher viele FreundInnen. Sonst wüsste sie, dass Kinder und Familie Geld kosten. Wenn das nicht vom Staat kommen soll, muss überwiegend Mann eben arbeiten und wenn er das weniger tut, gibt es auch weniger davon. Ganz real. Dafür sind tausende Männer und Familienväter "auf Montage" und müssen auf ihre Kinder unter der Woche verzichten. Aber das wäre Frau Anja Meier ja kaum der Rede wert. Hauptsache die armen Frauen bekommen, was ihnen zusteht: irgendwas mit Euro am Ende. Wenn Männer sich dem entziehen und sich für die Kinder entscheiden, ist das natürlich nicht lobenswert, sondern aus Frauensicht nur egoistisch.

    Ich wäre für die Quote beim Arbeiten gehen und Geld verdienen, ja lass doch die Frauen arbeiten gehen. Viele Macho-Kulturen machen das so. Dann bräuchte es auch keiner Erwähnung, das ein Mann zuhause bleibt und nebenbei die kurze Zeit mit den Kindern geniesst, während Frau schaffen geht.

    • @TazTiz:

      Frau Meier hat beides. Mann und Kind.

      Bingocrepscule hat den Rest ja schon gesagt.

    • @TazTiz:

      Die meisten Väter im Kiga meiner Söhne interessieren sich einen Kehricht für ihre Nachkommenschaft. Vielleicht 5 von 50 sehe ich regelmäßig an wenigstens einem Wochentag ihre Kinder bringen oder abholen. Wenn sie außerhalb arbeiten und keine Zeit haben verstehe ich das. Leider haben die meisten einfach keinen Bock. Das sehe ich nicht nur, das erzählen mir auch ihre Frauen. Und gerade die, die oft auf Montage sind und die man für derber halten könnte, gehören zu denen, die sich im Kiga blicken lassen und auch mal ne Weile mit ihren Kindern spielen. Den Steuerberater, der 100m weiter wohnt + arbeitet - in 3 Jahren nie gesehen. Vater werden ist nicht schwer...

    • @TazTiz:

      Hehe, Frau Maier hat keine Kinder und auch keinen Mann. Selten so gelacht. Ich empfehle die Lektüre ihrer Kolumne oder ihrer Bücher? Und: ich sage es nicht gerne, aber es gibt keine einfachen Antworten. Auch nicht für Jungs.