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Kolumne Lazio RomFan dank Muttermilch

Lazio Rom liegt Miroslav Klose zu Füßen und hat ein Problem mit Fans, die in der Kurve rassistische und antisemitische Gesänge anstimmen. Die Autorin drückt trotzdem die Daumen.

"Squadra de negri" - Neger-Team. So begrüßen die Ultras von Lazio den Stadtrivalen AS Rom. Bild: dpa

O ffenbar bin ich ein Faschist. Zumindest glaubt das jeder, dem ich meine Leidenschaft für Lazio Rom gestehe. Das war schon immer so. Die Nordkurve des Stadions ist bekannt für rechte Symbole, für rassistische und antisemitische Chöre. Lazio ist da verwandt mit Hellas Verona, auch so ein Klub mit einer angeblich rein rechten Fangemeinde, die den linken Anhängern von Livorno Calcio und natürlich denen von AS Rom, den Tabellenführern unter den Gegnern, feindlich gesinnt ist.

Spiele zwischen Lazio und Livorno bieten die Bühne für wenig angenehme Auftritte der Fans in den Kurven, die auf der einen Seite keltische Kreuze und Fahnen des Deutschen Reichs, auf der anderen Transparente in den Farben der Sowjetunion und dem Konterfei von Che Guevara zeigen. Da war es sicher nicht gerade hilfreich, einen Spieler wie Paolo Di Canio in der eigenen Mannschaft zu haben, der für das Zeigen des faschistischen Grußes im Stadion berühmt wurde.

Der Stürmer wurde dafür 2005 gesperrt. Noch schwerer wog ein Ereignis, das in Deutschland im vergangenen Oktober große Emotionen hervorrief, was die Italiener wiederum verwunderte. Miroslav Klose, seit Sommer bei Lazio, hatte nach etlichen Niederlagen gegen den lokalen Rivalen dem AS Rom mit einem großartigen Tor den K.-o.-Schlag versetzt, da wurde er von den Fans mit dem unzweideutigen Slogan "Klose mit uns" gefeiert. Dieser bittere Satz erzeugte in Deutschland eine große Erregung, die sich in einer breiten Berichterstattung niederschlug.

Auch der Wechsel von Thomas Hitzlsperger zu Lazio wurde in der deutschen Presse ausgiebig diskutiert. Der Spieler, der bekannt für sein Engagement gegen Rechtsextremismus und Rassismus ist, spielte bei dem Klub mit den angeblich rechten Fans. Darauf angesprochen, meinte der Fußballer lapidar: "Ich werde mich weiter gegen den Rechtsradikalismus und gegen die Diskriminierung von Minderheiten einsetzen." Er wolle dazu nicht mehr sagen, weil "ich das Vereins- und Innenleben von Lazio noch nicht kenne."

Faschisten mit Messern und Eisenstangen

Nicht nur in den italienischen Klubs gibt es kleine Gruppen, die die Massen dirigieren - auch wenn es um Gewaltausbrüche in den Stadien geht, die nichts mit Fußball zu tun haben. Bei Lazio fallen immer wieder mit Messern, Eisenstangen und Schraubenziehern bewaffnete Fans auf. Sie gehören zu einem faschistischen Ableger der so genannten "Irriducibili", der Unbeugsamen.

Die Autorin

Francesca Sabatinelli ist taz-Gastredakteurin von Radio Vatikan im Rahmen eines vom Goethe-Institut initiierten deutsch-italienischen Journalistenaustauschs.

Viele von ihnen stammen aus dem Bürgertum, wohnen in den klassischen Hochburgen der traditionellen römischen Rechten und begegnen einander in den Pubs und an den Treffpunkten der rechtsextremen Partei "Forza Nuova". Es sind eher kleine Gruppen, die außerhalb der Stadien politisch nicht aktiv sind. Für sie ist es vor allem wichtig, als Anhänger von Lazio erkennbar zu sein. Auch deshalb gelten sie als typische Fans, auch wenn sie nur eine Minderheit von 20 Prozent stellen.

"Die Stigmatisierung des Klubs stört mich", sagt der Senegalese Ousmane Dabo. Der ehemalige Mannschaftskapitän hat sehr gute Erinnerungen an die Lazio-Fans. "Rassistische Chöre machen mich wütend", sagt er "Ich habe nie Probleme mit den Fans gehabt, sondern immer ein besonders enges Verhältnis zu ihnen. Wenn du in Rom stark bist, ist das das Entscheidende, egal, ob du schwarz, gelb oder weiß bist."

Hauptsache Blau-Weiß

Ich selbst war schon immer Lazio-Fan, genauso wie meine Brüder und meine Eltern. Meine Familie ist politisch nicht auf einer Linie. Rechte Überzeugungen hat jedoch keiner von uns. Im Stadion aber gehen wir alle mit den Blau-Weißen mit. Diesen Glauben habe ich mit der Muttermilch eingesogen.

Berühmte Lazio-Fans der Geschichte? Wikipedia, die Enzyklopädie des Absurden, erwähnt Mussolini. Ehrenmitglied und leidenschaftlicher Fan des Vereins war aber auch ein Mitglied des Königshauses Savoyen, Königin Mafalda, die von den Nazis in Buchenwald umgebracht wurde. Und im Übrigen: Der Verein wurde im Jahr 1900 gegründet, vor der Entstehung des Faschismus.

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11 Kommentare

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  • R
    RomanoDeRoma

    Francesca hat in erster Linie keine Ahnung vom Fußball. Solo la Roma!

  • R
    Rene

    Lieber Dennis,

     

    Nur weil de FC. St. Pauli von Vielen als der vermeintlich hippere Verein gesehen wird (zumal diese "Vielen" meist Leute sind, die sich kein Stück für Fußball interessieren, sondern nur ganz lässig nen "coolen" Verein unterstützen und den Totenkopf auf der Jacke tragen wollen), ist der HSV noch lange nicht mit Lazio Rom zu vergleichen. Und ich habe ja auch nicht infrage gestellt, dass es Quatsch ist, alle Anhänger eines Vereins über einen Kamm zu scheren (wie in jedem anderen Lebensbereich auch). Ich finde diesen Beitrag einfach unnötig, unreflektiert und verharmlosend.

     

    Und wenn man genau liest, sieht man auch, dass ich von gewaltbereiten Ultras gesprochen und nicht die Gleichung Ultras = gewaltbereit aufgemacht habe.

     

    Fakt ist aber, dass mir Ultas jeden Vereins suspekt sind. Klar, sie sorgen für die Stimmung, aber es stößt mir schon sauer auf, dass da ständig Namen wie "Brigade", "Batallion" etc. auftreten, die eine klare Kriegskonnotation erkennen lassen.

     

    Zum Abbrennen von Bengalos: Das ist verboten und jeder, der es trotzdem macht, sollte mMn Stadionverbot bekommen. Parktickets sind mir auch unsympathisch, halten muss ich mich trotzdem dran.

     

    Eine Diskussion um die Legalisierung kann gerne geführt werden, da ich auch nicht denke, dass Bengalos grundsätzlich kriminell sind, jedoch soll mir bitte jeder Ultra Sprüche wie "Emotionen respektieren - Pyrotechnik legalisieren" ersparen. Man kann seine Emotionen auch anders zeigen und es ist einfach eine Diskussion auf Kindergartenniveau, die da versucht wird, mit Ernsthaftigkeit von den entsprechenden Vertretern geführt zu werden.

     

    Zumal es in der jetzigen Form durchaus gefährlich ist und ich z.B. selbst im Stadion brennende Bengalos aus dem Fanblock hab fliegen sehen. Aber genug abgeschweift :)

     

    LG

  • V
    @Vergogna

    Ihr Kommentar mag ehrlich antifaschistisch sein, das "typisch unreflektiert für italienische Journalisten" ist aber leider so verallgemeinernd, ich höre Unsinnigkeiten wie "Tätervolk" klingeln ;)

  • MW
    Mit welchem Maß....

    Moin!

    Schön, gibt nicht nur EINE LINIE bei der taz. Sowas mag ich ja auch nicht ;)

    Aber die Begründungen in diesem Text finde ich echt süß. Nur 20%? Wenn man mal überlegt wie konservative gebashed werden von denen weit weniger als 2% extremistische Tendenzen haben, wenn man mal überlegt, dass die JF zwar erwähnt, aber nichtmal verlinkt wird, obwohl sich da überhaupt keine faschistischen Artikel finden, wenn man mal überlegt.... sollte die taz vielleicht doch EINE LINIE finden.

    Generelle Offenheit und gleichzeitig Stellung beziehen, oder voll auf Konfrontation.

    Dann aber bitte diesen Drecksverein, seine Strukturen, seine Politik RICHTIG auseinandernehmen!

    Denn, mal ehrlich, wenn schon ein Fan 20% Faschisten zugiebt.... .

    Ich hasse Nazio und brauche keine Artikel die das befeuern, aber das Maß mit dem die taz misst war mir dann doch noch ein Kommentärchen wert ;)

    Schönen Advent!

  • V
    Vergogna

    Dieser Beitrag ist so typisch unreflektiert für italienische Journalisten. 20 Prozent sind eine Minderheit - rein rechnerisch. Aber 20 Prozent von zigtausend, sind das immer noch "ein paar Unverbesserliche"? Außerhalb des Stadions treten sie nicht politisch in Erscheinung? Das Stadion IST ein politischer Ort, gerade in Italien. Remember Jugoslawien: Dort wurden vor allem unter Fußballhooligans die übelsten Völkerkriesmörder rekrutiert.

    Ein Senegalese als Testimonial für die eigene Meinung. Schön und gut. Aber erinnert sich die Autorin nicht, dass andere schwarze Spieler auf Druck der Kurve verkauft oder gar nicht erst verpflichtet wurden? Keine Frage! Es gibt gewiss auch unfaschistische Fans unter den Laziali (zumindest nöchte ich fest daran glauben). Aber Fakt ist: Diese tun zu wenig bis nichts gegen die Faschisten, die übrigens auch die Reputation des Clubs international zerstören. National ist die faschistische Fan-Tradition noch nie ein Geheimnis gewesen. Wie denn auch, wenn der Faschisten-Gruß zigtausendfach Spiel für Spiel gezeigt wird? Auch die vereinsführungversagt in der Arbeit gegen die Rechten. Oder nimmt sie diese billigend in Kauf? Auch Verband und Politik versagen komplett. Aber das ist ja in Italien weiß Gott (liebe Grüße an Radio Vatikan!) nichts Neues! Übrigens bin ich Italiener und als gestandener Napoli-Fan mehr als einmal bei Auswärtsspielen in Rom Zeuge der unerträglichen Lazio-Hooligan-Aufführugnen geworden.

  • PH
    Peter H.

    Was für eine Verharmlosung. Das Problem sind die Medien und sowieso die anderen (also alle die nicht Lazios sind), denn eigentlich haben sich alle ganz lieb in diesem Verein. Diese Denkweise ist weder den Nazis noch der Autorin fremd...

  • N
    naja

    Eine Minderheit von 20%.. Also ich finde das schon reichlich und könnte mich damit nicht arrangieren. Mein Herz könnte keinem Verein gehören, bei dem ich solche Sachen zu akzeptieren habe. Da spielt die Einstellung deinerseits auch keine Rolle wenn du und deine Familie nichts dagegen aktiv unternehmen.

    Viel Spass im Sumpf.

  • P
    Philipp

    Die lächerlichste Aussage: Gründung 1900, also vorm Faschismus! ??? Als wäre Faschismus eine Erfindung des 20. Jahrhunderts...!

    Mal ganz davon abgesehen, dass der Artikel im Ganzen lächerlich ist!

  • D
    dennis

    sicher geht es francesca genauso wie mir hier in hamburg als hsv-fan. ich kann gut nachempfinden, wie es ist von anderen vorverurteilt und in sippenhaft genommen zu werden, weil man den vermeintlich politisch unkorrekten verein in der stadt unterstützt. aber lieber rene, was haben ultras mit gewalt und faschismus zu tun? ist für sie das bengalo abbrennen auch mit ausschreitungen gleichzusetzen? ich glaub's nicht.

  • R
    Rene

    Ich frage mich auch, was das soll. Natürlich kann jeder vernunftbegabte Mensch sich denken, dass nicht alle Laziali Faschisten sind. Zumal sich auch bei der vermeintlich linken Roma immer öfter Rechte im Fanblock tummeln. Was dieser Beitrag bringen soll, ist jedoch nicht erkennbar. Für mich eine klare Verharmlosung von Rassismus im Stadion. Einen schwarzen Spieler hier im Zitat zu Wort kommen zu lassen mutet fast an wie "Ich hab nichts gegen Ausländer, ich hab sogar türkische Freunde!". Fakt ist, dass jeder debile Prolet lebenslanges Stadionverbot erhalten sollte, der einmal im Fanblock beim Schreien von rassistischen Parolen erwischt wird. Man kann von Uli Hoeneß halten was man will, aber er hatte schon Recht damit, dass diese selbsternannten "Kerne" der Fangemeinde sich nicht so mächtig fühlen sollten und dass ein Verein sicher die 300 Dauerkarten irgendwie kompensieren könnte, die bei Stadionausschluss für gewalttätige (verbal wie physisch) Ultras ausfallen würden. Und es ist vollkommen legitim, dass die Presse darüber berichtet, wenn ein Club mit einem Ruf wie Lazio Rom einen Deutschen verpflichtet und diesem dann mit mehrdeutigen Parolen feiert.

  • R
    roterbaron

    Ist das Ihr Ernst?