Kolumne Die Kriegsreporterin: Spiegel-Leute, we'll be watching you!
Der Springer-Verlag will ein einzigartiges Schmierenreich errichten, für Freie gibt es die "Halbe Miete" und der "Spiegel" hat ein neues Hauptquartier mit intelligenten Lampen.
H allo taz-medienredaktion! Wo ist die Krone? Wann der Termin, an dem sich Mathias Döpfner als König auf den Thron eines großdeutschen Boulevard-Reichs setzen kann?
Der Axel-Springer-Verlag beabsichtigt die Essener WAZ-Gruppe zu kaufen. Und sollte es kartellrechtliche Bedenken geben, dann reicht auch die halbe. Zu 50 Prozent sind die Essener am österreichischen Drecksblatt Kronen Zeitung beteiligt, die manche Österreicher als noch perfider als die Bild werten. Boulevardblätter in Polen nennt Springer bereits sein Eigen. Döpfner könnte also das Oberhaupt eines in Europa einzigartigen Schmierenreichs werden. Eines Reichs, dessen Bruttosozialprodukt sich auf Blut, Tränen und Sperma gründet.
800 Millionen Euro sind dem Konzern die Ländereien bzw. die Blätter darin wert. Ich finde 799 wären auch genug. Eine Million in die Honorarkasse für die freien Journalisten gelenkt – das wäre doch mal ein Zeichen! Dann würden auch nicht ständig die Vergütungsregeln des Verlags von Gerichten als nicht zulässig erklärt, mit denen den Freien alle Rechte an ihren Werken genommen werden. Für Cents. Was kaum etwas anderes ist, als den Afrikanern in Hungerländern Witzsummen für ihr Land zu zahlen, um es dann ertragreich zu bewirtschaften.
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Womit eine geschickte Überleitung hergestellt wäre zu meinem Lieblingsverband, den Freischreibern, der dieser Tage entscheidet, welche Redaktion nach den Richtlinien des von ihm erstellten "Code of Fairness" für den Himmel- und welche für den Hölle-Preis nominiert wird. Und das Ergebnis am Mittwoch veröffentlicht.
Hirn im Kopf und ein Herz für Freie haben auf jeden Fall die Leute von der Akademie für Publizistik in Hamburg, die – total uneigennützig – Fördergelder aufgetrieben haben, um die "Halbe Miete" ins Leben zu rufen. Ein Förderprogramm, bei dem die Hälfte der Seminarkosten übernommen wird. Und weil das Geld aus Hamburg kommt, nur für Freie aus der schönen Stadt. Ja, so sind wir Freien. Freuen uns über ein wenig Rücksichtnahme im Angesicht dessen, dass unsere Auftraggeber nicht einmal ein Mindestmaß an Fairness einzuräumen bereit sind – kann ja nicht jeder immer gleich mit 800 Millionen um sich werfen wollen.
Apropos Hamburg: Der Spiegel ist umgezogen und hat neues Quartier bezogen. In seiner Papst-Ausgabe hat jemand erklärt, wie dort die Lampen leuchten. Um Energie zu sparen, geht das Licht aus, "wenn Journalisten sich nicht bewegen". Nun frage ich mich: Wann bewegt sich ein Journalist? Einer, der am Schreibtisch sitzt und schreibt. Reicht die Bewegung über der Tastatur aus, das Lämpchen am Glühen zu halten? Wie lang mag der Schreiber in der Starre des Nachdenkens verharren, bevor es dunkel wird? Oder müssen die Götter unserer Zunft alle paar Minuten die Arme in die Luft werfen, Matthias Matussek sein Haupt vor seinem Papstbild senken, damit es hell bleibt?
Die Ehefrau eines dieser Götter berichtete auf der Party des Kiwi-Verlags am Wochenende in Berlin – ja, auch ich muss jetzt mal wichtig tun, zeigen, dass ich in der Welt zuhause bin, gern gesehener Gast bei den Movern und Shakern – als sie am Donnerstagabend gegen 19 Uhr mit dem Zug am Hauptbahnhof einfuhr, sei es beim Spiegel bereits überall dunkel gewesen. Natürlich sprang der anwesende Gott gleich seinen Kollegen zur Seite und wies darauf hin, dass es wegen des 3. Oktobers einen vorgezogenen Abgabeschluss gegeben hätte.
Aber ich kann nur sagen: Spiegel-Leute, Ihr seht, wir wissen wann Ihr Euch bewegt. And – we'll be watching you! Damit zurück nach Berlin!
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