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Katholiken in ChinaBischof von Schanghai verschwunden

Nach seiner Weihe ist Schanghais Bischof Ma Daqing verschleppt worden. Zuvor war er aus der chinesischen Staatskirche ausgetreten. Die Behörden schweigen.

Katholik sein in China geht nur gut, wenn man auch in der Staatskirche ist: Kirche in Schanghai. Bild: reuters

PEKING taz | Es ist in den vergangenen Jahren sehr selten vorgekommen, dass sich Vatikan und Peking auf einen gemeinsamen Bischof verständigt haben. Die römisch-katholische Kirche erkannte die von Chinas Führung auserkorenen Bischöfe meistens nicht an. Die regierende Kommunistische Partei in der Volksrepublik wiederum duldete keinen Kandidaten, der sich nicht ihr unterstellte. Auf Thaddeus Ma Daqing hatten sich beide Seiten nach langem Gezerre geeinigt.

Der 44-Jährige wurde am vergangenen Samstag zum neuen Bischof des Bistums Schanghai geweiht. Womit die chinesische Führung nicht gerechnet hatte: Ma erklärte kurz nach seiner Weihe den Austritt aus der chinesischen Staatskirche. Seitdem ist er verschwunden.

Wie das unabhängige katholische Nachrichtenportal ucanews berichtet, sind chinesische Sicherheitskräfte nur wenige Stunden nach Mas Austrittserklärung vor der Sankt-Ignatius-Kathedrale im Schanghaier Stadtteil Xujiahui vorgefahren, haben ihn festgenommen und verschleppt. Offiziell verweigern die Behörden seitdem jede Auskunft.

Ucanews vermutet, dass Ma im Priesterseminar von Sheshan, rund 30 Kilometer von Schanghai entfernt, unter Hausarrest gehalten wird. Ma selbst soll sich seitdem nur einmal kurz bei Angehörigen mit einer Textnachricht gemeldet haben. Er sei erschöpft, benötige eine Pause und habe sich deshalb zurückgezogen.

Er war aus der Staatskirche ausgetreten

Das klang nach der Weihe am Samstag noch ganz anders. Noch während des feierlichen Hochamts soll er Augenzeugen zufolge unter Applaus der mehr als 1.000 Gläubigen offiziell seinen Austritt aus der Katholisch-Patriotischen Vereinigung (CPA) erklärt haben. Dabei handelt es sich um die von der kommunistischen Führung anerkannten katholischen Staatskirche. Der Vatikan lehnt diese Gemeinschaft ab, sieht sie darin den Versuch der chinesischen Machthaber, staatliche Kontrolle über den Katholizismus in China zu erlangen. Peking wiederum verbietet Katholiken die Ausübung ihrer Religion, wenn sie nicht auch Mitglied dieser Staatskirche sind.

Als Begründung für seinen Austritt gab Ma an, dass er wegen seiner neuen Pflichten nicht mehr Mitglied in der Staatskirche sein könne. „Es passt nicht mehr, dass ich noch die CPA-Posten bekleide“, sagte er. Ma war dort Vizevorsitzender von Schanghai und Mitglied im Ständigen Komitee. Er ist der erste Bischof der Volksrepublik, der die Staatskirche verlassen hat.

Während der Weihe am Samstag war es zum Eklat gekommen. Ma lehnte es ab, vom regimetreuen Bischof von Mingdong, Zhan Silu, die traditionelle Handauflegung zu empfangen. Stattdessen forderte Ma die Anwesenden demonstrativ zum Gebet auf. Andere Priester und Ordensschwestern der Diözese Schanghai hatten ihre Teilnahme an der Bischofsweihe komplett verweigert. Zhan wird vom Vatikan nicht als Bischof anerkannt.

Zwischen dem Heiligen Stuhl und der chinesischen Führung schwelt der Streit um Priester- und Bischofsweihen schon seit einiger Zeit. Gegen den Willen des Vatikan hatte die chinesische Staatskirche am vergangenen Freitag Pater Yue Fusheng zum Bischof der Stadt Harbin ernannt. Der Papst höchstpersönlich bezeichnete die Weihe als „illegitim“ und drohte mit der Exkommunizierung aller teilnehmenden Priester.

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4 Kommentare

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  • C
    Chan

    Interessant wie hier Leute alles abtun mit Chinabashing und Aussagen, dass sich die katholische Kirche doch raushalten solle. Schon mal was gehört von Religionsfreiheit? In China und anderen Ländern werden Menschen getötet und eingesperrt einfach nur weil sie Christen sind. Erbärmlich, aber hauptsache den "Free Tibet" Aufkleber am Auto haben. Die anderen sind egal, sind ja nur Katholiken...

  • T
    Truthdig

    China-Bashing, Russlandhetze, Iranpropaganda, Syrienkampagne, die westliche Pressehure ganz im Dienst des internationalen Kapitalismus und seiner Helfershelfer in den Regierungen.

    Alle Länder, die sich nicht willig in die Phalanx zur neoliberalen Ausplünderung ihrer Volkswirtschaften durch Wallstreet & Co. reihen, werden bekriegt, bekämpft, diffamiert.

     

    Auch die "taz" ist offenbar schon lange mit dab

  • T
    theo

    Die Europaer sollten sich in die chinesischen

    Belange nicht zu sehr einmischen, außer wenn

    die Gesundheit der Menschen oder Ihre

    Seele infolge von Mißhandlung beschädigt wird.

    Kirchlicher Protest ist hierbei wirklich sinnvoll

    und segensreich.

     

    Für die Welt ist ein stabiles China das wichtigste.

    Religionskriege hat es genug gegeben.

    Ein China mit religösen Paragesellschaften

    im Konflikt mit der dortigen Führung

    ist ein unkalkulierbares Risiko.

     

    Die Vergangenheit hat genug gezeigt, wie schnell

    sich religöse Gruppierungen ausweiten können

    und mit was für dramatischen Umwälzungen und

    Massen an Toten damit verbunden waren.

    Religionen mit der Waffe sind damit ein unkalkulierbares Risiko und auch deren politischer

    Einflusswille fällt beim Scheitern der kirchlichen

    Strategien auf Europa zurück und dafür

    müssen dann die Europäer sich verantworten.

    Nein, China soll sich vollständig, um seine

    Belange kümmern, solange es die Menschenrechte

    anfängt zu beachten und sie uns außen vor lassen.

     

    Eine chinesische Staatskirche, chinesischer Staatsislam, Buddhismus und Taoismus finde ich dann akzeptabel, wenn

    man die seelische Unabhängigkeit der Menschen achtet

    und die religiösen Weltanschauungen, aber um den

    Teil, der zivilisationsfeindlich ist und Intoleranz

    befürwortet, streicht.

     

    Wir Europäer dürfen auf keinen Fall eine

    Destabilisierung begünstigen, sollten aber eine Bewahrung aller Kulturtraditionen aller dort lebenden Subkulturen mit 1000jährigen Erbe und älter

    ausdrücklich anmahnen, damit China

    die kulturellen Wurzeln, ihre Geschichte

    und ihre Identität nicht verliert OHNE aber

    Bürgerkriegspotential sich heranzuzüchten.

    China ohne kulturelle Vielfalt ist nur eine

    Technokratie, wie ein Ameisenvolk; mit Religion

    und Kultur hat es eine eigene Seele. Nur darf

    die Seele nicht krank sein durch Religionsfanatismus,

    oder religiöse Diskriminierung.

     

    Die katholische Kirche hätte mit der chinesischen

    Bereitschaft zu gemeinschaftlicher Suche

    geeigneter Kandidaten und einen guten Kompromiß

    zu Frieden sein sollen. Kooperation im Kompromiß

    und gegenseitigen Korrektiv ist besser als

    ständige Konfrontation. Man muß auch diskursfähig

    bleiben. Westliche Gesellschaften, westliche

    Kultur und westliche Religionen SIND NIEMALS

    in der Lage China auch nur ansatzweise zu führen.

    Sehr wahrscheinlich würde es den katholischen Eliten,

    um die Ohren fliegen und die Welt mit dazu.

    Die katholische Kirche soll sich zurückhalten!!!

  • S
    Schinar

    Hier geht es um das "Opium fürs Volk" !