KKK-Affäre nimmt kein Ende: Schlapphut warnt Spitzkapuze
Ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes hat dem Chef des Ku-Klux-Klan verraten, dass er abgehört wird. Strafrechtliche Konsequenzen folgten nicht.
![](https://taz.de/picture/189088/14/Kuklux_17.10._dapd.jpg)
STUTTGART/BERLIN taz | Der Skandal um einen deutschen Ableger des rassistischen Geheimbunds Ku-Klux-Klan (KKK) ist noch größer als bisher angenommen. So hat es in den Reihen des baden-württembergischen Verfassungsschutzes einen Verräter gegeben, der geheime Informationen an einen der Neonazis weitergab.
Wie jetzt erst bekannt wurde, warnte im Jahr 2002 ein Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz den Anführer des Ku-Klux-Klan-Ablegers in Schwäbisch Hall, dass sein Telefon abgehört werde.
Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) informierte am Mittwoch den nicht öffentlich tagenden Innenausschuss des Landtags über den Fall. Der Verfassungsschutzmitarbeiter wurde, nachdem sein Verrat entdeckt worden war, aus dem Amt entfernt und in eine andere Behörde versetzt. Ein strafrechtliches Verfahren folgte aber nicht. Deshalb war der Fall bis heute nicht öffentlich geworden. Das Innenministerium sei im August vom Verfassungsschutz informiert worden.
In einer Mitteilung des Ministeriums heißt es, dass es keine Anhaltspunkte gebe, dass der Beamte KKK-Mitglied war oder der Gruppe „in sonstiger Weise nahestand“. Über mögliche Motive gebe es bisher keine Erkenntnisse. Gall hat sein Ministeriums beauftragt, den Vorgang bis zum Dienstag nächster Woche in einem Bericht aufzuarbeiten.
„Ausgesprochen schwerwiegend“
„Der Vorwurf gegen einen früheren Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz, Geheimnisverrat begangen zu haben, um Ermittlungen gegen den Ku-Klux-Klan zu vereiteln, ist ausgesprochen schwerwiegend“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Uli Sckerl. „Noch schwerer wiegt aber der Vorwurf, dass Landesamt und Innenministerium, beide damals CDU-geführt, vor zehn Jahren jegliche Aufklärung und Ahndung unterlassen haben.“ Dazu müssten sich die früheren Verantwortlichen schnell und ausführlich äußern, insbesondere der damalige Präsident des Verfassungsschutzes, Helmut Rannacher.
Ausgerechnet Rannacher ist als früherer Chef des baden-württembergischen Verfassungsschutzes heute damit beschäftigt, Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) bei der Reform des dortigen Verfassungsschutzes zu beraten.
Bereits im August hatte die taz öffentlich gemacht, dass zwei baden-württembergische Polizisten zwischen 2001 und 2002 für mehrere Monate Mitglied im deutschen KKK-Ableger waren. Die Verfahren gegen die beiden Beamten wurden erst nach drei Jahren abgeschlossen – beide sind heute noch im Dienst.
Nun nimmt die Affäre kein Ende. In Sicherheitskreisen hieß es am Mittwoch plötzlich sogar, der Klan-Anführer selbst sei V-Mann des Landesamts gewesen und durch den dortigen Mitarbeiter von der Abhörmaßnahme einer anderen Behörde gewarnt worden. Beim Verfassungsschutz wollte man zu dem Thema überhaupt nichts sagen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird