Journalistenmord in der Türkei: Mörder zu fast 23 Jahren Haft verurteilt
Der armenische Journalist Hrant Dink wurde 2007 erschossen. Er war wegen seiner Artikel zum Genozid an den Armeniern eine Hassfigur für die rechte Szene.
ISTANBUL taz | Im Verfahren gegen die Mörder des armenischen Journalisten und Menschenrechtlers Hrant Dink ist am Montag das erste Urteil gefällt worden. Fast viereinhalb Jahre nachdem Hrant Dink vor dem Verlagsgebäude seiner Zeitschrift Agos im Januar 2007 niedergeschossen worden war, wurde der Todesschütze Ogün Samast zu insgesamt 22 Jahren und 10 Monaten Haft verurteilt.
Das Urteil blieb unter der möglichen Höchststrafe von 27 Jahren, weil Ogün Samast zum Zeitpunkt des Mordes noch unter 18 Jahre alt war und deshalb nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wurde. Aus diesem Grund war der Prozess gegen ihn auch von dem Verfahren gegen die übrigen Angeklagten abgetrennt worden. Gegen weitere Angeklagte wird der Prozess am Freitag fortgesetzt.
In seiner abschließenden Stellungnahme vor Gericht sagte Samast, er habe zwar geschossen, aber von allein wäre er nie auf die Idee gekommen, Dink zu ermorden. Er sei von anderen dazu überredet worden. Auch sein Verteidiger machte vor Gericht geltend, dass sein Klient, ein arbeitsloser, nahezu analphabetischer Jugendlicher aus Trabzon, einer Stadt am Schwarzen Meer, aus eigenem Antrieb niemals auf die Idee gekommen wäre, nach Istanbul zu fahren und einen ihm quasi unbekannten Menschen zu erschießen. Nach Auffassung des Anwalts ist nach wie vor nicht geklärt, ob Samast der alleinige Schütze war.
Auch die Nebenkläger, die im Auftrag der Familie von Dink an dem Prozess teilgenommen haben, waren bemüht, zu verhindern, dass Samast als alleiniger Schuldiger verurteilt wird. Von Anfang an gab es Hinweise darauf, dass Dink einem politischen Komplott zum Opfer gefallen ist, dessen Strippenzieher bislang noch nicht ermittelt wurden. Bislang wurde niemand aus den oberen Rängen der Polizei, des Geheimdienstes oder der Armee belangt, die vermutlich von dem Mordkomplott wussten oder in seine Vorbereitung involviert waren. Dink war wegen seiner Artikel zum Genozid an den Armeniern eine Hassfigur für die rechte und nationalistische Szene der Türkei gewesen.
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