Ist der Salafisten-Chef ein Scharfmacher?: Falsch Zeugnis abgelegt
Der Koordinator des großen Koranverteilens gilt als radikaler Scharfmacher. Beweise? Die Polizei hat möglicherweise zwei Reden verwechselt.
![](https://taz.de/picture/217671/14/0992.jpg)
Nein, niemand hat etwas gegen den Islam. Das versicherten alle Politiker, die vorige Woche gegen die Verteilung des heiligen Buchs protestierten. Gefährlich seien die Männer, die das Buch kostenlos an Infoständen feilboten: die Salafisten – zottelbärtige junge Männer, die Musik ablehnen, an die Geschlechtertrennung glauben und Unschuldige zum Terrorismus verleiten.
Am gefährlichsten aber sei der mutmaßliche deutsche Salafisten-Chef Ibrahim Abou-Nagie, hieß es, ein Kölner Geschäftsmann, der sich mit schicken Anzügen und glattrasiertem Gesicht vor Entdeckung tarnt. Doch die Kölner Staatsanwaltschaft habe ihn entlarvt, so wurde versichert, gegen Abou-Nagie bestehe eine Anklage wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten. Vor Kindern (!) soll der Ober-Salafist gesagt haben, „dass derjenige, der nicht bete und darum dreimal aufgefordert worden sei, getötet werden müsse und jeder gläubige Muslim das Recht dazu habe“.
Doch inzwischen, eine Woche später, ist die Anklage perdu. In der aufgezeichneten Koranstunde hat Abou-Nagie den schändlichen Satz überhaupt nicht gesagt, musste die Kölner Staatsanwaltschaft nun einräumen. Auch der erste Verdacht gegen Abou-Nagies Anwalt Mutlu Günal, er habe die Beweisdatei manipuliert, wurde vom BKA inzwischen ausgeräumt.
Die Polizei hatte hier wohl zwei Reden verwechselt. Doch die andere Rede war nicht öffentlich und Abou-Nagie zitierte dabei nur einen Geistlichen ohne eindeutige Zustimmung. Das Strafverfahren wurde eingestellt.
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