Imker ohne Schutz vor Gentechnik: Getunter Blütenstaub bleibt kleben
Imker müssen selbst darauf achten, dass ihre Bienen keinen Pollen von genmanipulierten Pflanzen sammeln. Das hat der bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden.
BERLIN taz | Imker haben keinen Anspruch darauf, vor gentechnisch veränderten Pollen geschützt zu werden. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden. Demnach müssen Imker selbst dafür sorgen, dass keine gentechnisch veränderten Pollen in den Honig gelangen und nicht der Anbauer des Gen-Mais, erklärt der Anwalt der Kläger Achim Willand.
Fünf ImkerInnen hatten gegen den Freistaat Bayern geklagt, der ab 2003 zu Untersuchungszwecken den Gen-Mais MON 810 des Agrarkonzerns Monsanto gepflanzt hatte – damals war der Anbau noch erlaubt. Das Feld befand sich innerhalb des Flugradius des Bienenhauses von Hauptkläger Karl-Heinz Bablok, dementsprechend waren die Maispollen Nahrungsquelle für seine Bienen.
Bei einer chemischen Überprüfung seines Honigs stellte Bablok fest, dass über vier Prozent der Pollen aus dem gentechnisch veränderten Mais kamen – Bablok zog vor Gericht. Einen Erfolg erzielten die Imker schließlich im vergangenen September. Damals entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Honig, der durch Pollen von MON 810 verunreinigt wird, weder verkauft noch verschenkt werden darf.
Gentechnik-Gegner werteten das Urteil als Erfolg, weil die Industrie vorher stets argumentiert hatte, dass Honig als tierisches Lebensmittel nicht ohne Kennzeichnung eventueller Gentechnik-Anteile verkauft werden könne. Ein Anspruch auf Schadensersatz hätte dann nicht bestanden – mit der EuGH-Entscheidung könnte sich das ändern.
Prozesskosten von 150.000 Euro
Das aktuelle Urteil ist dagegen ein Rückschlag: „Das Urteil ist ein Affront gegen die Imkerschaft, die Landwirtschaft und die Verbraucher, denn unser Fall soll auch wesentliche Fragen der Gentechnik klären“, sagt Thomas Radetzki, Initiator des Bündnisses zum Schutz der Bienen vor Agro-Gentechnik.
Zu den Bündnismitgliedern zählen unter anderem Demeter, Bioland und der deutsche Imkerbund. Radetzki begleitet die klagenden Imker durch die gerichtlichen Instanzen und sammelt Spenden für die Prozesskosten. Die belaufen sich seinen Angaben zufolge auf über 150.000 Euro.
Die Imker geben an, nun vor die nächste Instanz, das Bundesverwaltungsgericht, zu ziehen und Revision gegen das Urteil aus Bayern einzulegen. „Wir sind sehr optimistisch, dass wir in Leipzig Erfolg haben“, sagt der Anwalt Willand. Für den Imker Bablok ist das Ziel klar: „Ich möchte meinen Honig weiterhin essen – ohne Gentechnik.“ (Az.: 22 BV 11.2175)
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