Goldpreis schon über 1.700 Dollar: Bitte nicht blenden lassen!
Der Preis des Goldes steigt und steigt. Ist es also eine gute Wertanlage? Fest steht: Schon früher schnellte der Goldpreis während Krisen steil nach oben, um dann wieder einzubrechen.
BERLIN taz | Die Angst vor einer kommenden Stagnation der US-Wirtschaft und die allgemeine Verunsicherung über die Stabiliät des Euros treibt die Anleger nun weiter ins Gold. Am Montag stieg der Goldpreis erstmals auf über 1.700 Dollar pro Feinunze (31 Gramm) Gold – seit 2005 hat sich der Preis des Goldes damit vervierfacht.
Genau 1.715 Dollar lautete am Vormittag der neue Rekordwert. Ein zur Zeit sich selbst am Laufen haltendes System: Als Reaktion auf den aktuellen Höhenflug erhöhten Banken am Morgen die Prognosen für den Goldpreis.
Angesichts dieses Trends blühen ungewöhnliche Geschäftsideen wie die von "Gold by Gold". Im Stile der Tupperware-Hausverkäufe organisiert die Firma in Frankreichs vornehmen Vierteln Partys, bei denen im Freundeskreis Kaffee getrunken wird, während ein Goldhändler der Firma die überschüssigen Goldketten der anwesenden Damen schätzt – und auf Wunsch aufkauft.
Auch so manche Regierung ist zur Zeit der Meinung, besser aufs Gold zu setzen. So kaufte vergangene Woche die südkoreanische Zentralbank gleich 25 Tonnen Gold. Die Koreaner begründeten ihre Einkaufstour mit der Diversifizierung ihrer Währungsreserven, die weniger aus Währungen bestehen soll. Dies bestätigte die Einschätzung vieler Experten, dass Gold zur Zeit ein "sicherer Anlagehafen" ist, wie die Börsianer das nennen.
Das Problem: Ein sichere Sache ist das Gold natürlich nur so lange, wie es das ist.
Das ist eben das Interessante an der Börse, an Immobilien und am Gold: Es kann immer auch anders kommen. Die Experten können angeblich immer genau erklären, warum eine Wertanlage nun gerade billig oder teuer ist. Aber komischerweise immer erst im Nachhinein.
Beim Gold kommt noch dazu, dass es der Inbegriff des Werthaltigen ist. Denken wir an einen Schatz, dann denken wir unwillkürlich an Gold. Anders als Aktien oder Häuser vermittelt uns das Gold instinktiv, dass wir damit auf der sicheren Seite sind.
Doch der Schein trügt.
Es gab Zeiten, da gab niemand mehr etwas aufs Gold. In den Neunzigern dümpelte der Goldpreis zwischen 300 und 400 Dollar pro Unze, um die Jahrtausendwende herum sank er sogar auf wenig mehr als 250 Dollar (siehe Grafik). Er schien eine Anlageform von gestern zu sein; nicht mal die Regel, dass sich die Menschen in Krisenzeiten ins Gold flüchten, hatte damals noch Bestand.
Andererseits gab es schon einmal einen vergleichsweise rasanten Zuwachs des Goldpreises. Zwischen 1975 und 1980 hatte sich der Wert des Goldes ebenfalls vervierfacht und gipfelte auf 850 Euro. Das war 1979/80ß, als die allgemeine Krisenstimmung nach dem Sturz des Schahs im Iran und dem Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan den Goldpreis in die Höhe schnellen ließ. Dann stürzte er dramatisch ab und erholte sich zwei Jahrzehnte lang nicht mehr.
Erst Anfang 2008 kam der Kurs wieder so hoch (und das auch nur der Zahl nach, die erheblichen Inflationsverluste der Währung sind nicht eingerechnet). Und so muss nun jeder die Frage selbst beantworten, ob 1.700 Dollar für eine Feinunze Gold nun ein Kauf- oder ein Verkaufskurs ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei