Gerüchte um unkorrekten Konsum: Profitieren Nazis von Zigaretten?
Unterstützt man Nazis, wenn man Milchreis kauft? Profitieren Rechtsradikale von selbstgedrehten Zigaretten? Die sonntaz macht den Faktencheck.
Welche finsteren Machenschaften finanziere ich, wenn ich dieses oder jenes Produkt kaufe? Welche Gerüchte kursieren dazu – und was ist dran? Wir haben über die Facebook- und Google Plus-Seite der taz dazu aufgerufen, uns solche Gerüchte zu nennen. Und dann sind wir auf Spurensuche gegangen.
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OCB und Le Pen
Das Gerücht: „OCB (Blättchen) unterstützen wohl Le Pen (Front National)“, schreibt „Katha Ciax“ auf Facebook. Das Gerücht wird im Internet zigtausendfach wiedergegeben und existiert mindestens seit den Neunzigerjahren.
Die Spuren: Le Pen muss als Abgeordneter des Europäischen Parlaments seine Einkünfte offenlegen. Er behauptet, er erhalte kein Geld von irgendeinem Unternehmen. Dies ist allerdings eine reine Eigenauskunft, die von keiner unabhängigen Stelle überprüft wird.
OCB selbst bestreitet in einer Stellungnahme ebenfalls, etwas mit Le Pen zu tun zu haben: „OCB hat keine Verbindungen irgendeiner Art zum Front National oder zu Jean-Marie Le Pen.“
Im Register des Deutschen Patent- und Markenamts ist verzeichnet, welchem Unternehmen eine Marke gehört. Als Eigentümer von OCB ist das US-Unternehmen Republic Technologies eingetragen. Eigentümer ist D.R.L. Enterprises, ein Mischkonzern, dem ansonsten auch noch Filmfirmen, Flugzeugunternehmen und Medizintechnikhersteller gehören. Verbindungen zu Le Pen: Fehlanzeige.
Doch erst seit gut zehn Jahren gehört OCB zu diesem Unternehmen – und das Gerücht kursiert schon länger. Wie sah es also vorher aus?
opentaz – Was sollen wir für Sie recherchieren?
Der Wunsch: In der sonntaz berichten wir in loser Folge über Themen, die unsere Leser uns vorschlagen. Diesmal riefen wir unsere Leser auf der Facebook-Seite der taz auf, uns Gerüchte über Unternehmen zu nennen, denen wir dann im Wochenendmagazin der taz auf den Grund gehen.
Der Weg: Haben auch Sie eine Anregung für die sonntaz - oder vielleicht eine Frage, deren Antwort wir für Sie herausfinden sollen? Senden Sie Ihren Vorschlag bitte entweder per Mail an open@taz.de, per Fax an die (0 30) 25 90 25 40 oder mit der Post an die taz.die tageszeitung, Redaktion sonntaz, Sebastian Heiser, Rudi-Dutschke-Straße 23, 10969 Berlin. Vielen Dank!
Die Ergebnisse: Zuletzt schrieben wir auf Anregung von Renate Eggemann über ein Steuerschlupfloch für die Versicherten privater Krankenkassen, wir beantworteten die Frage von Hildegard Fuchs, welche Folgen ein sonntaz-Artikel über das Flüchtlingskind Mariam hatte, und wir schrieben auf Wunsch von Gisela Graf über die langfristige Preisentwicklung von Zucker.
Vorher gehörte OCB zum französischen Konzern Bolloré. Das Unternehmen begann 1822 als Papierfabrik, gegründet von René Bolloré. Bis heute ist es im Familienbesitz. Geschäftsführer seit 1981 ist Vincent Bolloré. Also hat der vielleicht an Le Pen gespendet?
Dazu muss man wissen: Vincent Bolloré ist eng mit Nicolas Sarkozy vertraut, der bei der Präsidentschaftswahl 2007 direkt gegen Le Pen antrat – und gewann. Anschließend lud Bolloré den Präsidenten auf eine kurze Urlaubsreise nach Malta ein, inklusive Privatjetflug und sonnen auf der Luxusyacht. Der Fall ging durch die Presse und sorgte für Empörung. Sarkozy verteidigte sich: Bolloré sei ein Freund und ein Vorbild für Frankreich. Dass Bolloré so eng mit Sarkozy ist und gleichzeitig dessen politischem Gegner Geld spendet: eher unwahrscheinlich.
Fazit: Alle Indizien sprechen dagegen!
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Müller Milch und die NPD
Das Gerücht: „Müller unterstützt die NPD“, schreibt „Pauli Pünktchen“ auf der Facebook-Seite der taz. Es ist das Gerücht, das unsere Leser dort am häufigsten nennen.
Die Indizien: Müller weist das Gerücht zurück. „Diese Behauptung ist haltlos und falsch“, so Geschäftsführer Christoph Weiß. Auch im Rechenschaftsbericht der NPD findet sich keine Spende des Unternehmens. Aber ist das Geld vielleicht geheim geflossen? Das wäre dann wahrscheinlich im Jahr 2008 herausgekommen: Die Staatsanwaltschaft durchsuchte damals die Parteizentrale der NPD, weil sie den Schatzmeister der Untreue verdächtigte. Der Schatzmeister packte später vor Gericht aus und legte ein umfangreiches Geständnis ab, um seine Strafe zu mildern. Von Müller Milch sagte er nichts.
Bei einer anderen Partei gibt es dagegen eine Müller-Spende: Im Wahljahr 2005 spendete das Unternehmen 20.000 Euro an die CDU. Firmengründer Theo Müller persönlich ist Mitglied der Schwesterpartei CSU. Im Jahr 2009 erhielt er die silberne Ehrennadel für 25-jährige Mitgliedschaft. Dass er gleichzeitig auch der NPD Geld zukommen lässt, ist unwahrscheinlich.
Fazit: Alle Indizien sprechen gegen das Gerücht!
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Weltbild und die Kirche
Das Gerücht: Lars van Core schreibt auf der Facebook-Seite der taz: „Weltbild – die katholische Kirche“.
Die Indizien: Die Verlagsgruppe und Buchhandelskette schreibt auf ihrer Webseite: „Die Gesellschafter der Verlagsgruppe Weltbild sind 12 katholische deutsche Diözesen, der Verband der Diözesen Deutschlands und die Soldatenseelsorge Berlin.“ Die Kirche profitiert auch vom Weltbild-Gewinn. Laut dem Jahresabschluss, der über das Unternehmensregister öffentlich zugänglich ist, machte Weltbild zuletzt einen Jahresgewinn von 11,4 Millionen Euro.
Fazit: Stimmt!
Diesen und viele weitere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 22./23. September - am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
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