Für Volksverhetzung verurteilt: Strafe für Ex-NPD-Chef
NPD-Mann Udo Voigt erhält eine Bewährungsstrafe, weil er sich in einer Rede vor der Waffen-SS "verneigte". Bereuen tut er das nicht.
Grinsend nimmt Udo Voigt das Urteil entgegen. Zehn Monate Haft für Volksverhetzung, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. „Es ist immer das gleiche Schema“, stöhnt Richter Thomas Seifert. „Sie suchen mit kalkulierten Provokationen die größtmögliche Aufmerksamkeit.“ Dann spricht er noch 1.000 Euro Geldstrafe aus, zu zahlen an den Anti-rechts-Verein „Gesicht Zeigen“. Da grinst Voigt noch einmal und schüttelt dabei den Kopf.
Er verneige sich vor „den tapferen Soldaten der Waffen-SS“, hatte Voigt, bis 2011 NPD-Bundeschef, vor zweieinhalb Jahren in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Treptow-Köpenick erklärt anlässlich des 65. Jahrestags der Befreiung vom Nationalsozialismus. Abgeordnete protestierten, sprachen von einer Zumutung. Auch Richter Seifert nennt die Rede am Donnerstag „eine gezielte Provokation“, die eine „verbrecherische Organisation“ billige. Voigts Satz stehe dem Szeneslogan „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ gleich.
„Übel und grobschlächtig“
Auch für den NPD-Werbespot zur Berlin-Wahl 2011 verurteilt das Landgericht Voigt wegen Volksverhetzung. „Übel und grobschlächtig“ würden darin Migranten pauschal Straftaten unterstellt, sagt Seifert. Uwe Meenen, damals NPD-Landeschef, erhält hierfür ebenfalls eine Strafe: acht Monate auf Bewährung und 1.000 Euro Geldbuße.
Kurz vor dem Urteil hatte Voigt eine Dreiviertelstunde lang seine Unschuld beteuert. Linken-Politiker Hans Erxleben, der ihn anzeigte, schimpfte er einen „antifaschistischen Denunzianten“. Voigt nennt die Soldaten der Waffen-SS pflichttreu, zählt prominente Mitglieder wie Günter Grass auf. Dann schlägt er das aktuelle Buch von Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) auf, zitiert, dass, wer sich in Deutschland nicht wohlfühle, ja gehen könne. „Das ist unser Programm!“, ruft der 60-Jährige.
Verteidiger Wolfram Nahrath, selbst in der Szene aktiv, legt nach: Chinesische Dissidenten ehre man mit dem Nobelpreis, in Deutschland kämen sie ins Gefängnis, meckert er und nennt Horst Mahler. Der verbüßt eine Haftstrafe wegen Holocaustleugnung.
Nach dem Urteil kündigt Nahrath Revision an. Er verweist auf einen Freispruch für Jörg Hähnel, NPD-Landeschef vor Meenen. Der war in erster Instanz für ein „Ausländer-Rückführungsprogramm“ zu zehn Monaten Haftstrafe verurteilt worden. Das Urteil wurde am Montag aufgehoben: Die Äußerungen seien zwar ausländerfeindlich, aber auch mehrdeutig und somit nicht strafbar.
Voigt, bisher nicht vorbestraft, droht aber noch mehr Ungemach: In einem Prozess zu einem mutmaßlich rassistischen WM-Planer der NPD steht eine Berufung aus. Auch dafür war Voigt zunächst wegen Volksverhetzung verurteilt worden.
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