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Fraktionschef soll Doktortitel verlierenGraf-Plag bei der CDU

Jetzt auch die Berliner CDU: Deren Fraktionschef Florian Graf gibt seinen Doktortitel zurück. Zuvor hatte die Universität Potsdam einen "Plagiatsverdacht" gemeldet.

Hat gerade nicht viel zu lachen: (Noch)CDU-Fraktionschef Florian Graf. Bild: dpa

Jetzt hat auch die Berliner Landespolitik ihre Plagiats-Affäre: Am Freitagabend teilte CDU-Fraktionschef Florian Graf mit, die Universität Potsdam gebeten zu haben, ihm seinen Doktortitel zu entziehen. Die Hochschule hatte zuvor "Zweifel an der wissenschaftlichen Qualität" von Grafs Dissertation geäußert.

Graf sagte, er habe im Nachhinein festgestellt, "an einigen Stellen wissenschaftlich nicht fehlerfrei gearbeitet" zu haben. Deshalb sei es nur konsequent, "bei dem leisesten Zweifel den Titel abzugeben".

Graf hatte im April 2010 seine Dissertation bei der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam eingereicht. Thema war "Das innerparteiliche Bild einer Oppositionspartei nach dem abrupten Verlust langjähriger Regierungsverantwortung am Beispiel der CDU in der Hauptstadt Berlin". Laut Graf wurde die Arbeit "ohne Einwände" begutachtet und ihm im Oktober 2010 der Doktorgrad verliehe.

Gleichzeitig vereinbarte Graf eine Sperrfrist für die Arbeit, um diese als Beitrag in dem Fachmagazin "Zeitschrift für Parlamentsfragen" zu veröffentlichen. Die Universität Potsdam teilte mit, dass zum Ablaufen der Sperrfrist am Monatsende "Zweifel an der wissenschafltichen Qualität der Dissertation" aufgekommen seien und die Arbeit einer erneuten Prüfung unterzogen wurde. Dabei habe sich ein "Plagiatsverdacht" erhärtet. Man habe Graf daraufhin um eine Stellungnahme gebeten - worauf der 38-Jährige mit der Bitte antwortete, ihm seinen Doktortitel zu entziehen.

Die Universität Potsdam kündigte an, am kommenden Mittwoch über den Antrag zu entscheiden. Nur einen Tag später wird sich die CDU-Fraktion zu einer Krisensitzung treffen, um zu beraten, ob Graf weiter als Fraktionschef im Amt bleiben kann. In geheimer Abstimmung muss er sich einer Vertrauensfrage stellen.

Für die CDU ist der Fall ein schwerer Schlag: Graf hatte seit dem Herbst die Fraktion ruhig und souverän geführt. Er selbst bat am Freitag alle, die er enttäuscht habe, "um Verzeihung".

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11 Kommentare

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  • HC
    Hans Cousto

    CDU, CSU und FDP machen sich immer stark für den Schutz des Urheberrechts im Internet. Über den Schutz des Urheberrechts im Rahmen von Doktorarbeiten reden die Politiker von CDU, CSU und FDP sehr selten - und meistens nur dann, wenn es einem ihrer Spitzenpolitiker nachgewiesen wurde, dass er bei der Doktorarbeit "raubkopiert" hatte. Plagiatoren sind gemäß Jargon der Konservativen als "Raubkopierer" zu bezeichnen. Erst wenn diese Parteien sich von ihren Plagiatoren ("Raubkopierer") trennen, ist ihr Gerede vom Schutz des Urheberrechts ernst zu nehmen. So lange diese Leute jedoch in diesen Parteien weiter Ämter innehaben können, wirkt das ganze Gerede vom Schutz des Urheberrechts aus diesen Kreisen nur wie eine groteske scheinheilige Inszenierung.

  • H
    hunter

    Florian Graf beweist also "Mut". Aha. Was man heutzutage nicht alles Mut nennt! Doch was wäre ihm noch als Möglichkeit geblieben? Eine kleine Übersicht:

     

    Klagen wie Koch-Mehrin ("die Arbeit war miserabel, das hätte man schon vorher merken können"), schräge Erklärungen abgeben wie Chatzimarkakis ("oxford´sche und/oder harvard´sche Zitierweise") - übrigens hat der findige Europabgeordnete der FDP doch unlängst durch den unschlagbaren Vorschlag auf sich aufmerksam gemacht hat, das Finanzproblem Griechenlands durch eine schlichte Namensänderung zu lösen: Griechenland wird zu "Hellas" - Mitleid heischen wie Guttenberg ("als Familienvater mit zwei kleinen Kindern, außerdem die Verantwortung für die Familienehre"), möglichst stille sein und nicht in der Presse erscheinen - so all die anderen FDP und CDU Kopierhansel, die entweder nicht wissen, wie man Doktorarbeiten schreibt, was Rückschlüsse auf ihre Intelligenz zulässt oder bewusst betrügen, um sich Vorteile zu verschaffen, was auf ihre moralische Verfasstheit ein bezeichnetes Bild wirft.

    Und nun also "Mut". Prima, immer wieder mal was Neues.

  • C
    chavez

    Dass soetwas, bisher hauptsächlich be i Cdu-Mitgliedern vorgekommen ist lässt vermuten, dass die Doktor-väter wohl mit zweierlei Massstäbe messen! Ich bin für Abschaffung jegliche Burschenschaften.

  • S
    Schneider

    Die Doktorarbeit von Graf ist bisher nicht veröffentlicht. So gesehen, ist m. E. kein Schaden entstanden. Die "Selbstanzeige" und die Rückgabe des Doktortitels reichen aus und die öffentliche Diskussion sind für niemanden angenehm. Wenn die Fraktion, ihm: Graf, das Vertrauen ausspricht oder auch nicht, dann ist das eben so.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Der Junge sieht genauso aus, wie ich mir CDU-Mitglieder vorstelle.

     

    Ich bin aufgeklärt und empfinde gegenüber CDUlern nichts als Verachtung.

  • FK
    Fritz Katzfuß

    Aha,er hat betrogen und versucht sich nun einen schlanken Fuß zu machen. Es kommt darauf an, dass er von allen Ämtern zurücktritt. Meine SuS sehen in Copy and Paste soweiso nur noch ein Kavaliersdelikt. Haben sie da recht? Das wäre schade.Obwohl, kann sein, dass ich zu romantisch bin, was bedeuten schon Doktortitel. Ist doch eh wurscht.

  • H
    Haschi

    Das kann ja wohl nicht wahr sein! Da tritt ein CDU-Fraktionsvorsitzender "die Flucht nach vorn" an,

    obwohl es sich hier möglicherweise um Diebstahl oder Betrug handelt, und führende Berliner CDU-Vertreter

    stellen sich sofort hinter ihn. Hoffentlich kommt er

    mit seinem Handling der Affäre nicht durch.

  • W
    Weinberg

    Der Vorsitzende des Vereins Deutscher Polit-Plagiatoren, Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Nepomuk Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg, heißt den hochverehrten Dr. plag. Florian Graf als neues Mitglied herzlich willkommen!

  • Y
    yberg

    auf weiter machen herr graf.

     

    ich wünsche ihnen als niemalsCDUwähler ,daß ihre fraktionsmitglieder sie nicht fallen lassen,zumal sie den arsch in der hose haben.zu dem mist den sie gebaut haben zu stehen und die konsequenzen ziehen.

     

    soillte die mit glieder ihrer fraktion sie fallen lassen,würden meine vorurteile über die bigotten christdemokraten einmal mehr bestätigt.

     

    im übrigen ,wie OMA immer sagte:

     

    geht ne tür zu ,geht woanderst wieder eine auf..

  • C
    Christian

    >Das innerparteiliche Bild einer Oppositionspartei nach >dem abrupten Verlust langjähriger >Regierungsverantwortung am Beispiel der CDU in der >Hauptstadt Berlin

     

    Als Fast-Doktor (aber einer, der wirklich selbst recherchiert und sich den Hintern knapp zwei Jahre in Berliner Archiven und der StaBi wund gesessen hat) erkläre ich das mal:

     

    Der Bub hat eine Arbeit über sich selbst und seine Kumpels geschrieben. In der Einleitung und im ersten Kapitel wird etwas Theorie zum Besten gegeben, in den restlichen werden dann die Fakten gemäß der theoretischen Grundlage verarbeitet, fertig ist das Doktorle.

     

    War bestimmt ein summa cum laude.

  • M
    mully

    Ist jetzt zwar nicht meine Partei, und ich kenne Herrn Graf ehrlich gesagt nicht, aber er beweist zumindest im Ansatz Rückgrat.

    Bestnoten hätte er eingefahren, wenn er sich das "im Nachhinein festgestellt[...]" verkniffen hätte. Trotzdem, Daumen hoch!