piwik no script img

Forschungsprojekt zur KreditwürdigkeitSchufa will bei Facebook schnüffeln

Die Schufa testet in einem Forschungsprojekt, wie sie Daten aus sozialen Netzwerken auslesen kann – auch mit verdeckten Profilen. Datenschützer sind entsetzt.

Meine Daten, deine Daten: Die Schufa will noch mehr sammeln. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Schufa, die die Kreditwürdigkeit der Bundesbürger prüft, möchte zusätzliche Persönlichkeitsdaten aus dem Internet gewinnen. Zu diesem Zweck hat die private Firma aus Wiesbaden ein Forschungsvorhaben mit dem Hasso-Plattner-Institut der Uni Potsdam vereinbart. Man will unter anderem herausbekommen, welche in sozialen Netzwerken wie Facebook, Xing und Twitter vorhandenen Informationen in die Bonitätsbewertung der Bürger einfließen könnten.

Marktführer Schufa weiß über fast jeden Einwohner, ob er Kredite und Rechnungen vertragsgemäß bezahlt. Aus diesen Informationen lesen beispielsweise Banken heraus, welchen Kunden sie neue Darlehen gewähren und welchen nicht. Bisher sammelt die Schufa Angaben unter anderem über Bankkonten oder über Firmeneinträge im Handelsregister.

Mit dem Forschungsprojekt prüft die Bewertungsfirma nun, ob sie ihre bisherige Datenbasis ausdehnen und ins Internet vorstoßen kann. Ein Beispiel: Ist ein Bankkunde, der einen zusätzlichen Kredit haben möchte, auf Facebook mit offenbar wohlhabenden Freunden verbunden, könnte sich das positiv auf seine Bonitätsbewertung und damit auf Zinsniveau oder Rückzahlungszeitraum auswirken. Sind seine Freunde eher im Prollmilieu unterwegs, wo vielleicht Handyrechnungen nicht sofort bezahlt werden, können Bonität und Kreditkonditionen leiden.

Thilo Weichert, der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, vermutet, dass die Recherchen in sozialen Netzwerken unter anderem „Daten über das soziale und berufliche Umfeld“ der Kunden zutage fördern sollen. Würde die Schufa solche Erkenntnisse anderen Firmen zur Verfügung stellen, hielte Weichert das für „unethisch und unrechtmäßig“.

„Grundlagenforschung“

Der Datenschützer befürchtet, dass die Bewertungsfirma ausgedehnte Profile der Bundesbürger anlegt, die mehr als heute auf Wahrscheinlichkeiten, nicht aber auf Wissen über das reale Zahlungsverhalten beruhen. „Das könnte die Persönlichkeitsrechte und das gesetzliche Verbot der Diskriminierung verletzen“, so Weichert.

Schufa-Sprecher Andreas Lehmann sagt, es handele sich um „Grundlagenforschung“. Es gehe um die Frage, „was man aus den im Internet öffentlich zugänglichen Daten machen“ könne. „Die Antwort darauf muss die Gesellschaft geben“, so Lehmann. Er sichert zu, dass sich die Schufa „im legalen Rahmen“ bewegen wolle.

Beim Hasso-Plattner-Institut (HPI) heißt es, man habe sich nur auf eine „lange Ideenliste für Forschungsansätze“ geeinigt. Es gehe „nicht etwa um das Ausspionieren von Geheimdaten, sondern um das Auffinden öffentlicher Informationen, die im Netz stehen, weil sie jemand dort bewusst hineingestellt hat“. Das HPI untersuche „lediglich die automatisierte Suche – sowohl an der Oberfläche als auch in der Tiefe des Webs“.

Der Verbraucherbeirat der Schufa beschwert sich derweil, vorher nicht informiert worden zu sein. „Wir möchten Sie dringend bitten, den Beiratsmitgliedern sehr schnell offen zu legen, was die Schufa plant“, heißt es in einem Protestschreiben, das Mitglieder des Beirats am Donnerstag an Schufa-Chef Michael Freytag schickten. „Wir fragen uns, ob der Beirat bewusst übergangen wurde“, sagte Mitglied und Fernsehjournalist Uli Röhm der taz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • K
    Karl

    Mich wunderts ja jeden Tag wieder aufs Neue. Auf der einen Seite wird die Gesellschaft im Neoliberalismus immer verrohter und unsozialer. Auf der anderen aber, werden gleichzeitig diejenigen immer mehr, welche an die 3 Weihnachtsmänner glauben, und denken, solche Sachen wie Facebook et al wären altruistische Veranstaltungen und hätten nichts weiteres im Sinn, als die Menschheit mit Wohltaten zu beglücken.

  • S
    Schroedingers

    >>Zudem sei die Analyse von Textdaten denkbar, um „ein aktuelles Meinungsbild zu einer Person zu ermitteln“.

  • G
    Gast017

    War ja nur eine Frage der Zeit bis dass die Begehrlichkeiten nach Userdaten überhand nehmen.

     

    Ich hatte noch nie einen facebook-account, und weiß warum.

  • H
    Harbard

    Es wird Zeit, dass dieses Institut zerschlagen wird. Wenn es die Unternehmerpartei CD(S)U nicht macht muss es wohl der Verbraucher, sprich der Bürger, tun.

    Wie einfach es geht zeigt doch Anonymous. Oder ?

  • Z
    zinowski

    das schnüffeln bei facebook & co. ist hier doch völlig nebensächlich.was sich hier offen ankündigt ist in neuer vierter geheimdienst.

  • F
    fischbach

    Schufa testet schon...

    Was nützt jetzt noch die Aufregung der Datenschützer ^^

  • R
    rusti

    @ FHirsch, ich denke mal, dass die Befindlichkeiten von anderen Usern, gewissen Mietmäulern nicht zu ineressieren haben. ____Eine private Stasi ist dies. Big Brother des Kapitals. Die asozialen, neoliberalen Turbokapitalisten schrecken vor nix zurück.Sie wollen die totale Macht! Verstaatlicht endlich dieses Gedöns, was dem Bürger mit seinen kriminellen Ablegern und Aktionen nur schadet. Volkswirtschaftlich ein Kropf, den man sich auch politisch und allgem. gesellschaftlich überhaupt nicht mehr leisten kann, da er sich zu einer Gefahr für den Rechtsstaat und die Menschenrechte entwickelt hat.

  • UF
    Udo Frohnapfel

    Schon lustig die ganze Sache. Ich kommentiere mit Facebook Connect gegen die Schufa. Schon bin nicht mehr Kreditwürdig? Es fing schon damit an, dass alle Kreditanfragen von kritischen Verbrauchern als Negativmerkmal gebucht wurden. Ein Vermögender mit mehreren Kreditanfragen ist schon nicht mehr Kreditwürdig. Es wird Zeit, dass solchen Firmen wie Schufa das Handwerk gelegt wird. Stümperhafte statistische Auswertungen als Maß aller Dinge sind kein Modell.

  • F
    fhirsch

    Jetzt kriegt euch mal wieder ein. Die Schufa kündigt immerhin an, dass sie schnüffeln will, und vielleicht veröffentlichen die Wissenschaftler dann auch nützliche Einsichten.

     

    Andere Firmen machen das schon lange, keiner erfährt was, und keiner regt sich auf.

     

    Selber schuld, wer Facebook nutzt.

  • B
    Bürger

    Ein Aufreger ist das wohl nicht. Wie naiv muss man sein, wenn man damit nicht gerechtnet hat???

  • M
    menschenfreund

    Datenschützer sind reine Alibi-Knechte und Mägde. Unterm Strich ist festzuhalten: Wer sich im Internet "auszieht", darf sich nicht wundern, wenn Leute hin schauen.

    Also: Fäißbuck und all' die anderen Soschiäl-Netwörks schleunigst in die Tonne!