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Finanzierung von HochschulenGut gestellte Unis bekommen mehr

Nur 20 Hochschulen teilen sich 60 Prozent der eingeworbenen Drittmittel. Dieser Konzentrationsprozess geht weiter. Aufsteiger im Förderwettbewerb sind die Ausnahme.

Jäger und Sammler: Die Rheinisch-Westfälische Hochschule Aachen schnitt beim Wettbewerb um Drittmittel am besten ab. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Rektor der Rheinisch-Westfälischen Hochschule Aachen (RWTH), Ernst Schmachtenberg, freue sich, hieß es in einer Pressemitteilung. Seine Hochschule steht im Wettbewerb um Forschungsfördermittel wieder ganz oben und führt mit fast 280 Millionen Euro die Liste der zwischen 2008 und 2010 bestbedachten Hochschulen an.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat das Ranking in ihrem neuen Förderatlas abgedruckt. Keine Reaktionen zur Rangliste kamen aus Greifswald oder Cottbus: deren Unis tauchen in der Liste der Top Forty nicht auf.

Die sechste Ausgabe des seit 1997 erscheinenden Kompendiums der von Bund und Länder finanzierten Forschungsförderorganisation zeigt, aus welchen Quellen die Hochschulen Geld für Forschung einwerben und wofür sie es ausgeben. Die Bedeutung solcher wettbewerblich eingeworbener Mittel – Drittmittel genannt – ist für alle Hochschulen gewachsen. Hochschulen, die aber einmal erfolgreich im Wettbewerb um Drittmittel sind, bleiben es in der Regel auch. Aufsteiger im Förderwettbewerb, wie die TU Dresden, sind Ausnahmen.

Das zeigt sich exemplarisch beim größten Geber, der DFG selbst, die 35 Prozent aller Drittmittel vergibt. Über die Zuteilung der DFG-Mittel entscheiden Gutachter, die eingereichte Forschungsprojekte beurteilen. 20 Universitäten greifen hier 60 Prozent der Fördersumme ab. Seit dem Start der Exzellenzinitiative der Bundesregierung im Jahre 2006 hat sich der Konzentrationsprozess bei der Förderung noch etwas verschärft. Die Plätze eins bis sieben im Ranking der von der DFG geförderten Hochschulen teilen sich sieben der neun „Exzellenzunis“, die zusätzlich Geld vom Bund erhalten.

Insgesamt haben die Hochschulen im Jahre 2010 mehr als 5 Milliarden Euro an Drittmitteln eingenommen, eine satte Verdopplung seit 1998. In diesen gut zehn Jahren hat sich der Anteil der Wettbewerbsmittel am Gesamtbudget der Hochschulen von einem Sechstel auf ein Viertel erhöht. Die Uni Greifswald beispielsweise steigert ihr reguläres Budget durch Drittmittel um fast 40 Prozent.

Der Anteil der Länder ist stetig kleiner geworden

Die größten öffentlichen Geldgeber neben der DFG sind die Bundesregierung und die Europäische Union. Industrie und Wirtschaft unterstützen Forschungsprojekte mit einem Anteil von knapp einem Viertel.

Das meiste Fördergeld – insgesamt 2 Milliarden Euro – fließt in die Lebenswissenschaft, also die Bereiche Biologie, Medizin, Agrar- und Forstwissenschaft. Im Mittelfeld liegen Natur- und Ingenieurwissenschaften, auf Geistes- und Sozialwissenschaften entfielen dagegen nur knapp 900 Millionen Euro der gesamten Fördersumme.

Der Anteil der Länder, die die Grundfinanzierung der Hochschulen sichern sollen und damit die Stellen jener Professoren, Assistenten und Dozenten, die auch die Lehre abdecken, ist im Haushaltsplan der Hochschulen in den letzten Jahren kontinuierlich kleiner geworden.

DFG-Präsident Matthias Kleiner schaute daher eher besorgt drein als er feststellte: „Der Wettbewerb um Drittmittel wird immer mehr zu einem dominierenden Faktor für Wissenschaft und Forschung.“ Die DFG nehme vermehrtes Unbehagen über den steigenden Wettbewerbsdruck zur Kenntnis.

Hochschulen wollen Beteiligung des Bundes

Der Präsident der Universität Hamburg, Dieter Lenzen, sprach als Vizevorsitzender der Hochschulrektoren von einem „Missverhältnis“, das auch durch die Föderalismusreform hervorgerufen sei. Der Bund darf sich seitdem nicht mehr dauerhaft an der Hochschulfinanzierung beteiligen.

„Es wäre gut, wenn der Bund wieder in die Grundausstattung einstiege“, meinte Lenzen mit Hinblick auf eine mögliche Änderung des entsprechenden Grundgesetzartikels, den die Regierung Merkel Ende Mai beraten will. Derzeit, sagte Lenzen, sei es für die Unis so: „Als wenn ein Malergeselle sich erst um den Wettbewerb um Pinsel und Farbe begeben muss, bevor er anfangen kann das Bad zu streichen.“

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3 Kommentare

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  • N
    Niel

    Nun lieber ferdi,

    wenn man sich schon entscheiden muss, dann waren es mit Sicherheit die Gender studies Soziologen, die mehr für die Emanzipation der Frau getan haben. Denn ohne die intellektuelle Möglichkeit über die Geschlechterverhältnisse anders als in "der Mann geht arbeiten und die Frau steht am Herd"-Schemata nachzudenken, kann niemand auf die Idee kommen so etwas wie die Pille zu erfinden.

  • H
    Holländer

    DFG-Präsident Matthias Kleiner ist ein guter, aber der Wachstum seiner DFG ist das größte Problem der Deutschen Wissenschaft.

     

    Der DFG fördert nur kurzfristige Projekte und die Gelder dafür werden immer mehr. Die Mittel für permanente Wissenschaftler fehlen. Dadurch sind die Projekte nicht mehr in eine Organisation eingebettet, was ursprünglich die Idee eines Projektes war. Die Projekte fangen deswegen oft bei Null an und nachher gehen die Erkenntnisse wieder verloren, weil der Projektmitarbeiter etwas ganz anderes machen muss oder irgendwo anders hin muss.

     

    Zudem machen die prekären Stellen die Wissenschaft zu einen unattraktiven Arbeitgeber, wo die besten Forscher nicht mehr arbeiten wollen.

  • F
    ferdi

    wozu brauchen sozial- und geisteswissenschaften überhaupt so viele drittmittel? sie benötigen ein paar bücher und geld für angestellte zum arbeiten.

     

    in den lebens- und naturwissenschaften benötigt man zu forschung meistens teure großgeräte. dafür erhält man aber auch resultate, die das leben dramatisch verbessern.

     

    man muss sich hier zb fragen, wer mehr für die emanzipation der frau getan hat - gender studies-soziologen, oder die chemiker, die die pille erfunden haben.