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Facebook-Kritiker über Datenschutz"Es kann für Facebook sehr eng werden"

"Dreiste Verarsche" und "Nutzer-Spionage" wirft der Wiener Student Max Schrems Facebook vor. taz.de spricht mit dem Mann, der das Unternehmen 22 mal angezeigt hat.

"Facebook muss dreiste Nutzerverarsche unterlassen": Die Initiative Europe v Facebook um Max Schrems kritisiert Facebooks Sammelwut. Bild: imago/imagebroker
Interview von Jakob Schulz

taz: Herr Schrems, wie kamen Sie auf die Idee, die Initiative Europe v Facebook ins Leben zu rufen und Facebook anzuzeigen?

Max Schrems: Ich habe ein halbes Jahr in den USA studiert und dort in einem Kurs zum Datenschutzrecht auch Vertreter von Facebook getroffen. Deren Vorstellung vom europäischen Datenschutzrecht hatte leider nichts mit dem zu tun, was bei uns in den Gesetzen steht.

Ich habe später eine Arbeit dazu geschrieben und Facebook genauer analysiert. Das Ergebnis war, dass Facebooks Speicherpraxis in vielen Punkten dem Gesetz widerspricht. Wirklich wichtig war dann, diese Erkenntnisse in 22 Anzeigen umzuschreiben und an die zuständige Behörde in Irland zu schicken.

Was kritisieren Sie an Facebook und was empfinden Sie als besonders schwerwiegend?

Wir kritisieren sehr viele Aspekte. Vielleicht am augenscheinlichsten sind die vom Nutzer gelöschten Daten, welche Facebook weiter speichert. Generell geht es uns darum, dass Unternehmen wie Facebook, die uns alle zur Transparenz auffordern, selbst transparent sein sollten. Außerdem muss der Nutzer die Macht über seine Daten haben und nicht Facebook.

Wie bewerten Sie die Untersuchungen durch die irischen Behörden?

Bild: privat
Im Interview: Max Schrems

23, studiert Jura in Wien. Mit rund einem dutzend Mitstreiter hat er die Initiative Europe v Facebook gegründet und das Netzwerk 22 mal angezeigt. Zugleich hat er seine Daten von Facebook eingefordert - und über 1.200 DIN A4-Seiten erhalten.

Zur Zeit erhalten wir aus Irland sehr positive Signale. Die irischen Behörden gehen sehr professionell und offen mit unseren Anzeigen um. Sie haben auch gleich gesagt, dass sie falls notwendig alle rechtlichen Mittel ausschöpfen werden. Jetzt kommt auch noch eine Betriebsprüfung im Hauptquartier von Facebook in Irland dazu. Es kann diesmal also wirklich eng werden für Facebook.

Sie haben Facebook angezeigt, zugleich auch alle von Ihnen gespeicherten Daten eingefordert. Reichen Ihnen die 1.200 Seiten nicht, die Sie bekommen haben?

Richtig, aber zufrieden bin ich nicht. Facebook hat mir nur einen Teil meiner Daten zugeschickt. Gerade die "heiklen" Daten fehlen - zum Beispiel die Daten aus der Gesichtserkennung oder die Erkenntnisse der "Nutzer-Spionage", die Facebook mit seinem "Gefällt mir"-Button im Internet betreibt.

Facebook hat sich hier hinter ein paar Paragraphen versteckt, welche schlichtweg nicht anwendbar sind. Das ist juristisches Geplänkel, wenn man sonst keine Argumente mehr hat.

Was verbirgt Facebook und was fordern Sie jetzt?

Was sie verbergen wissen wir nicht genau. Das ist das Problem im Datenschutz, man weiß immer nur sehr wenig von dem, was wirklich passiert. Wir fordern Transparenz und mehr Macht für den Nutzer. Wir brauchen eine Funktion zur Verringerung des Datenberges den Facebook über uns anhäuft, Stichwort "digitales Vergessen".

Wen interessiert es schon, was die Nutzer vor drei Jahren zu Mittag gegessen haben? Wir fordern, dass Facebook seine zum Teil dreiste Nutzerverarsche unterlässt und etwa gelöschte Daten wirklich löscht - und nicht nur so tut.

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12 Kommentare

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  • A
    arewenotdevo?!

    Alles halb so wild. Eure Bank holt sich auch Daten auf illegalen Wegen. Ebenso die Polizei, der BGS, die Stadtverwaltung...usw. Wenn es hier um etwas gehen sollte, dann nicht um die Paranoia ausgespäht zu werden, sondern darum, den Hahn solange abzudrehen, bis Zuckerberg & Co. einlenken. Um Datenrettung gehts auch nicht - dafür ist es zu spät. Das Argument von Max, dass die Nutzerverarsche zu weit geht, leuchtet mir mehr ein, als metaphorische Monsterstorys vom "Datenkraken", oder dem "Medien Mogul". Wir leben in Deutschland schon seit mindestens 25 Jahren unter selektierter Beobachtung - wen hats denn bisher gestört? Plötzlich ist von der NSA die Rede und fertig ist der Verfolgungswahn zum selberbasteln. Ich verwende facebook wie gehabt und es ist mir ziemlich egal, was die mit meinen Daten machen, Denn - mit Verlaub - dass die gespeichert werden wußte ich vorher! Ich wähle aus, was ich da reinschreibe. Das in Zukunft mit Daten sensibler umgegangen werden muss bestreite ich gar nicht und unterstütze dies auch. Max ist ein kleiner Held, weil er dem dumb fuck Zuckerberg (strike!) auf die Finger haut! Ein Ziel könnte auch sein facebook den Usern zu überlassen (so der CCC). Ob es dann besser läuft ist die Frage. Das Internet muss für alle dasein und von allen verwaltet werden können. Eine Kontrolle der User und der Behörden muss gegenseitig funktionieren. So geht es klar nicht, dass ich bei allem was ich mache davon ausgehen muss, eben abgehört oder gescannt zu werden. Da fehlt mir dann doch der Übertrag vom realen Leben in die virtuelle Existenz: Auf der Straße laufe ich auch nicht mit ner Ritterrüstung rum, aus Angst, jeden Moment könnte ein Polizist aus dem Gebüsch hüpfen und mich angreifen. Gerade im Kontext zu der Geschichte mit dem Bundestrojaner findet momentan eine Kerndiskussion über den rechtlichen Umgang mit dem Übergang zwischen Realität und Virtualität statt. Der sog. rechtsfreie Raum wird aber ebenso von Bürgern, wie auch von Behörden genutzt. Das sich Zuckerberg über die Möglichkeiten des Datensammelns die Hände reibt, finde ich nicht verwunderlich, der ist ein post Kapitalist auf Höhenflug. Schwierig sind die machthungrigen Geister unserer Regierung, die durch den illegalen Einsatz der Trojaner bewiesen hat, dass sie kein Stück besser ist, wie ein Internet Krimineller auf der Suche nach dem schnellen Geld. Auch hier könnte ich weiter ausholen und unseren Hang zum Versteckspiel, dem Traum von Unabhängigkeit und schnellem Erfolg dafür verantwortlich machen, dass es gerade nicht so gut um unsere soziale Verantwortung steht. Aber eben diese Schnelligkeit ist ein Problem: Wir verfügen seit 25 Jahren über das Internet und seit 25 Jahren wird gespäht! Das ist im Rahmen der technischen gesellschaftlichen Entwicklung so wenig! Ich denke, wir brauchen noch einige Zeit um Erfahrung mit dem globalisierten sozialen Mega Austausch zu sammeln. Verrückt machen sollten wir uns meiner Meinung nach nicht, nur bewußter damit umgehen. Bildungseinrichtungen sollten sich auf sowas mehr konzentrieren. Regierungen sollten veranrwortungsvolles Handeln vorleben und Max soll weitermachen.

  • HM
    Herbert Müller

    Sorry - Facebook sammelt und speichert auch Daten von Nichtmitgliedern. So einfach Nicht-Mitglied-Werden-Und-Fertig ist es eben leider nicht.

  • K
    Krake

    Was FB da abliefert ist wahrlich eine Ohrfeige ins Gesicht eines jeden Nutzers. Der Kommentar, dass wir das Produkt sind und nicht der Kunde, bringt es eigentlich auf den Punkt. Die Suche nach Alternativen ist nicht einfach aber dennoch nicht hoffnungslos. Ich denke jedem klar denkenden Menschen ist klar das Goolge+ eigentlich das gleiche ist, weil Google genauso Daten ausliest.

    Seit zwei Jahren beobachte ich Diaspora* und ich denke dass das wohl die beste Alternative ist. Sowohl aus sicherheitsrelevanter Sicht als auch aus Datenschutzgründen.

    Was aber nie ausgeschlossen werden kann (auch nicht bei den ganzen Emaildiensten) ist dass Geheimdienste Zugriff erlangen. Wie es momentan aussieht könnte es Anfang 2012 online gehen.

    Viele Grüße

  • B
    blackbox

    Sorry,

     

    aber ich versteh' es mal wieder nicht. Hier wird Facebook angeprangert und die Leserschaft ereifert sich darüber, dass Facebook das macht, was jeder weiß (oder wissen kann) den es interessiert...

     

    Facebook legt Profile an, speichert persönliche Daten, baut vermeintlichen sozialen Druck auf, und verkauft jedes Bisschen Information an jeden, der dafür Geld zahlt...

     

    Und dafür will man jetzt Facebook verklagen? Pardon, aber die Mehrzahl der User sind nunmal genau diese "dummen Idioten" von denen Zuckerberg bei passender Gelegenheit gesprochen hatte...

     

    In unserer Welt wollen die meisten "Endnutzer" leider einfach nur "kostenlos" eine Informations- und Kommunikationsplattform haben und die bietet Facebook. Nicht mehr und nicht weniger.

     

    Das kann man im Übrigen ganz einfach umgehen: Einfach nicht anmelden.

     

    Wer es trotzdem tut, sollte wissen (oder es sollte ihm egal sein) dass Facebook eben persönliche Daten als Bezahlung verlangt und diese entweder zahlen oder nicht mitmachen, aber dagegen Klagen... ? Das ist irgendwie so, als würde man telefonieren und am Ende des Monats die Telekom verklagen, weil sie einem nicht deutlich gemacht hat, dass der Dienst nicht kostenlos ist...

     

    Ich weiß, das Beispiel ist unsauber, aber die Tatsache, das Fb eben nur deswegen so groß werden konnte, weil den Meisten die persönlcihe Selbstbestimmung eben sowas von s...egal ist, sollte doch klar sein.

  • B
    blackbox

    Sorry,

     

    ich versteh' es mal wieder nicht. Man ereifert sich, dass Facebook genau das macht, was jeder weiß, der sich darüber informiert und den es interessiert, was mit seinen Daten passiert... nämlich speichern, auswerten, Profile erstellen...

     

    Und dann ärgert man sich darüber und verklagt Facebook?

     

    Aus meiner Sicht ist Facebook ein riesiges Problem - ja!, aber die einzig richtige Konsequenz ist es dann doch: Nicht dabei sein!

     

    Dass die "dummen Idioten" trotzdem die "kostenlose" (man zahlt eben nur mit persönlichen Daten) Informations- und Kommunikationsplattform nutzen, statt Geld (oder Knowhow) zu investieren und sich von solchen Plattformen unabhängig zu machen, ist - mit Verlaub gesagt - nicht die Schuld von Facebook.

     

    P.S. ich bitte die sicherlich nicht ganz zutreffende Übersetzung von Zuckerbergs "Dumb Fucks" zu entschuldigen

  • L
    leser

    Danke Max Schrems! Danke Taz für den Bericht!

  • N
    Netbreezhe

    Unser Artikel zum Thema: Verstösst Datenhamster Facebook gegen EU-Recht? http://bit.ly/nIZOxb

  • F
    fritz

    Am effektivsten ist, sich nicht bei Facebook anzumelden, damit zeigt man Facebook am besten was man von ihnen hält. Falls man aber schon angemeldet ist, Daten löschen lassen und nicht mehr benutzen und vielleicht handeln sie dann irgendwann mal im interesse der Nutzer... Wenn man aber bleibt und sich das einfach gefallen lässt, dann wird sich Facebook weiter als asoziales Netzwerk verhalten.

     

    Denn: Der Nutzer ist bei Facebook das Produkt und nicht Kunde, dass sollte jedem klar sein! Der Nutzer wird halt an die Werbeindustrie verkauft.

  • HH
    Heinrich Heine

    Gestern noch in der "BILD", heute in der TAZ. Wie war das noch mal mit Gegenöffentlichkeit schaffen?

     

    Na ja man soll ja nicht zu viel erwarten.

  • F
    Fratzenbuch

    Facebook ist die größte Fahndungsdatenbank der Welt.

    Und im Hintergrund steuert die NSA den Zuckerberg Moloch.

  • M
    Mirko

    A new Gravenreuth is born...

  • L
    Lincoln

    Facebook ist die größte Datenkrake die es gibt. Hier wird im kommerziellen Bereich schon längst das praktiziert, wogegen sich viele im staatlichen Bereich wehren: DEN GLÄSERNEN MENSCHEN.

     

    Es wird wie Max Schrems es deutlicher nicht ausdrücken kann "Nutzer-Spionage" betrieben und die Mitglieder des sozialen Netzwerkes von A-Z "verarscht"!

     

    Aus scheinbarem Spaß an der Freud erlauben die Mitglieder facebook genau dass, wo sie bei den staatlichen Stellen laut aufschreien, grenzenlose Datenspeicherung bis ein komplettes Profil des Users erstellt ist!

     

    Dagegen hilft nur eins:

    wer Mitglied ist dem Beispiel Schrems folgen,

     

    oder wer Nichtmitglied ist:

     

    Finger weg von dieser undurchsichtigen Datenkrake!