piwik no script img

FDP will neues FortpflanzungsgesetzDie Freiheit der Entscheidung

Die FDP-Abgeordnete Ulrike Flach möchte ein "Fortpflanzungsmedizingesetz" auf den Weg bringen. Darin soll unter anderem die Eizellspende erlaubt werden.

Ethische Fragen: Sind Eizellspenden erlaubt? Oder Samenspenden von Verstorbenen? Bild: Tommy Windecker / photocase.com

BERLIN taz | Die Politik muss die Regeln der umstrittenen Fortpflanzungsmedizin wieder selbst bestimmen. Das fordert die Ethikexpertin der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrike Flach. "Es kann nicht sein, dass zunehmend in Gerichten entschieden wird, wofür wir Politiker die Verantwortung tragen müssen", sagt Flach in einem Gespräch mit der taz.

Als Reaktion auf die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg zu den Grenzen der Stammzellenforschung und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg zur Eizellspende kündigt Flach an, noch in dieser Legislaturperiode eine parlamentarische, nicht an Fraktionsgrenzen gebundene Mehrheit im Bundestag für ein neues Fortpflanzungsmedizingesetz organisieren zu wollen.

"Ich führe dieser Tage im Parlament mit Kollegen aus allen Fraktionen Gespräche", sagt Flach. Anschließend müsse es "eine Entscheidung der Fraktionsspitzen geben, dass man diese Entscheidung freigibt". Flach, die zugleich Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium ist, betont, sie betreibe diesen Vorstoß einzig in ihrer Funktion als FDP-Abgeordnete. "In der Koalition selbst glaube ich nicht, dass wir insbesondere mit den Kollegen von der CSU auf einen gemeinsamen Nenner kommen." Weil es sich "um ein hoch ethisches Thema" handele, müsse bei der Entscheidung über ein Fortpflanzungsmedizingesetz in jedem Fall der Fraktionszwang aufgehoben werden. Mit einem gezielten Affront gegen die Union habe das nichts zu tun.

Flach sagt, sie habe die jüngsten Gerichtsurteile von Mitte Oktober und Anfang November "mit hoher Irritation und Erstaunen" zur Kenntnis genommen. Mit ihnen war sowohl dem Patentieren von wissenschaftlichen Verfahren, die menschliche embryonale Stammzellen nutzen, als auch der Legalisierung der Eizellspende in verschiedenen europäischen Ländern eine Absage erteilt worden.

FDP will mehr erlauben

Flach und viele FDP-Kollegen sprechen sich hingegen in einem Positionspapier dafür aus, in einem Fortpflanzungsmedizingesetz folgende Bereiche künftig bündeln und verbindlich regeln zu wollen: Die Eizellspende, bislang nach dem Embryonenschutzgesetz in Deutschland verboten, soll erlaubt werden. Ebenso die Samenspende von Verstorbenen, außerdem die Leihmutterschaft sowie die Anwendung von reproduktionsmedizinischen Verfahren auch bei Nichtverheirateten, bei eingetragenen Lebenspartnerschaften und Alleinstehenden.

Den Streit um die Auslegung der so genannten "Dreierregel" im Embryonenschutzgesetz von 1990, wonach bei einer Befruchtung im Reagenzglas eigentlich alle befruchteten Eizellen - maximal drei - in den Mutterleib eingepflanzt werden müssen, will Flach zugunsten der Regel-Kritiker beenden: Weder steigere diese Behandlung nach heutigem Kenntnisstand die Erfolgsrate, noch berücksichtige sie das erhebliche Risiko von Drillingsgeburten angemessen.

Ein Gesetz für viele

Das Fortpflanzungsmedizingesetz könnte einige Gesetze und Richtlinien gesetzlich bündeln: das Embryonenschutzgesetz, das reproduktionsmedizinische Verfahren regelt - jedoch nicht alle, weil viele Verfahren, etwa die Präimplantationsdiagnostik, 1990 noch nicht existierten; das Gendiagnostikgesetz, das gentechnische Schwangerschaftsuntersuchungen regelt; Richtlinien der Bundesärztekammer, die die Anforderung des Familienstand "verheiratet" vorsehen, um Zugang zu Samenbanken zu erhalten.

Stattdessen erlauben will die FDP den sogenannten elektiven Single-Embryo-Transfer, um Mehrlingsschwangerschaften nach künstlicher Befruchtung und den damit verbundenen Risiken für Mutter und Kinder zu reduzieren. Damit ist ein Verfahren gemeint, bei dem nach In-vitro-Fertilisation (IVF) mehrere Embryonen einige Tage kultiviert werden - mit dem Ziel, nur einen einzigen, den "besten" Embryo auszuwählen, der dann in die Gebärmutter eingesetzt wird.

Grundlage dieser Auswahl ist keine genetische Untersuchung wie bei der Präimplantationsdiagnostik, sondern eine morphologische Analyse, also die Betrachtung des Embryos unter dem Mikroskop. Nach Angaben von Reproduktionsmedizinern geht es nicht darum, bestimmte Eigenschaften zu vermeiden, sondern die allgemeine Entwicklungsfähigkeit des Embryos zu ermitteln.

Flach zeigt sich optimistisch, dass ihre Initiative gelingen könnte. Bereits im Streit um die gesetzliche Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PID) hat die FDP-Politikerin in diesem Sommer als eine der führenden Kräfte gegen den Widerstand großer Teile der Koalition erfolgreich eine vergleichsweise liberale gesetzgebende parlamentarische Mehrheit organisiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • R
    ricarda

    Das Verbot von Patenten auf gentechnische

    Verfahren, Genen oder gar gesamten DNA-Abschnitten

    und Genomen

    ist zwingend erforderlich,

    um die Freiheit der öffentlichen Forschung

    und dem Schutz vor Patentklagen zu ermöglichen.

    Es geht hier nicht, um technologische Güter,

    die irgendwann unbrauchbar sind und dem Wertstoffrecycling zugeführt werden,

    sondern um Reproduktionsmechanismen, die einmal

    im Umlauf immer unser aller Welt bis

    in kleinsten lebensverändernden atomaren Prozesse

    unseres eigenen Körpers verändern könnten und

    werden.

    Amerikanische Zustände bei der bestimmte

    Merkmale gleich vorweg festgelegt werden können,

    bereiten den Weg für die später vollends

    durchdesignten Babies mit vor.

    Hierbei wird implizit über lebensunwertes und

    lebenswertes GESUNDES Leben entschieden.

    Dies ist Faschismus in Reinstkultur.

     

     

    Das Überleben der Menschheit gehört nicht

    in die Hände von wenigen auch noch so intelligenten

    Menschen.

    Die FDP ist mit Verlaub der allerletzte Verein,

    den ich die Zukunft der Fortpflanzung

    anvertrauen würde.

    Der oben genannte Mann, der sein Sperma spendet

    erlebt einen wahnsinnig starken reproduktiven

    Erfolg ohne entsprechend für den Nachwuchs

    sorgen zu müssen. Für die einen ist es

    Nächstenliebe, für die anderen ist es Fortpflanzungs-

    parasitismus.

    In einer würdigen, aufgeklärten und nicht

    von Duckmäusertum und Egomanie überzeichneten

    Gesellschaft sollte jeder Mensch selbst

    Kinder zeugen können. Das dies nicht der Fall

    ist, hängt mit den vielen bekannten nie

    aus dem Verkehr gezogenen Giftstoffen und bedenklichen Düngemitteln und Menschen

    eingebrachte Radioaktivität zusammen.

    Die Ursachen für erworbene Unfruchtbarkeit

    müssen angegangen werden.

     

    Männer müssen wieder in Bildung kompetitiv werden

    und Frauen ihre Karriere mit 50h-Woche auf die

    Zeit nach 40 verschieben, um funktionierende

    Familienstrukturen zu gründen.

    Die dumpfe Karriereleiterhechelei muß mit

    philosophischer Erziehung nach Würde und Sinn

    im Leben außerhalb des normalen Unterrichts angegangen werden.

    Zu häufig ersetzt Konkurrenz und Neid, vermißte

    Liebe und Zuwendung.

    Eizellspenden können arme Frauen unfruchtbar machen,

    um alte Karrierefrauen noch ein Kind zu ermöglichen.

    Eine alte Karrierefrau hat nicht das Recht die Armut

    einer anderen Frau in irreversibler körperschädigender Weise auszunutzen.

    Der Schutz junger Frauen geht hierbei vor.

    Denn letzlich läuft das auf amerikanische Zustände

    hinaus bei der Frauen ihre Collegegebühren

    in Amerika mit solchen Eizellentnahmeoperationen

    bezahlen und ein erhebliches Todesrisiko und

    Unfruchtbarkeitsrisiko tragen.

    Wenn dann müssen die Karrierefrauen oder anderen

    gebär-oder befruchtungsunfähigen Frauen

    auch die Austragung des Babies in dem Körper

    der Leihmutter gestatten.

    Wenn die Eizelle schon nicht mehr die eigene ist,

    dann dient es vor allem dem weiblichen Ego-kult

    das genetisch fremde Kind auszutragen.

    Hier hätte sich das Baby auch den gesündesten

    Austragungsort verdient, den Körper der jungen Frau.

     

    Wenn das viele junge Frauen, aber dann nicht wollen,

    gilt es dies zu akzeptieren und gefälligst normale

    Verdienstoptionen zu ermöglichen!!!

     

     

    Gerne dürfen Frauen in andere Länder gehen

    und Eizellentnahmen machen, gerne dürfen

    Deutsche auch in anderen Ländern legal

    Drogen konsumieren und sehr gerne dürfen

    Sie sich in Schadensfällen bitte an die dortigen

    Stellen wenden und sich auf den dortigen Gerichten

    herumschlagen. Für so einen Scheiß bin

    ich nicht bereit als Bürger Verantwortung

    zu übernehmen und als Beitragszahler aufzukommen.

    Solange in den Warenhäusern immer noch stark

    fruchtschädigenden inländische und ausländische

    Produkte ausgeliefert werden und diese nicht

    vom Markt verschwinden, halte ich

    die Strategie der FDP nicht nur für dumm, sondern

    auch für Geschäftemacherei ihrer Pharma-und

    Ärzte-,Krankenhausklientel.

    Frau Flach sollte bei Kinderwunsch die

    Reproduktionsmühen selber auf sich nehmen, als

    diese an sozial schwächere zu delegieren.

    Sie ist der Gipfel an Unverschämtheit.

     

    Außerdem gibt es immer noch viele intelligente

    zu junge,unreife Mütter(z.B. in England),

    die ihre Kinder gerne zur Adoption geben würden.

    Damit könnten die Jungmütter und die Babies

    eine bessere Chance bekommen.

    Frau Flach gibt den besten Grund die FDP

    nicht mehr zu wählen.

  • S
    soso

    Gleichzeitig sollte jedoch der Verkauf von Eizellen, Spermien und die entgeltliche Überlassung des Uterus-überwiegend von Frauen aus der Dritten Welt- gesetzlich untersagt werden. Körperteile sollten keinen Marktwert haben! Wer sich mit einschlägigen Studien beschäftigt wird feststellen, dass die Leihmutterschaft auch in med. gut ausgebauten Ländern ein hohes Risiko in sich birgt (z.B. sog. Schwangerschaftsvergiftung).

  • B
    Bettina

    Ich bin klar für die Zulassung der Eizellspende und der Leihmutterschaft. Die Arten der "Fortpflanzung" sind in vielen anderen Ländern erlaubt und somit kann das Gesetz relativ einfach umgangen werden und das bringt viel mehr Risiken mit sich, wie wenn man diese in Deutschland erlauben würde. So wäre immerhin eine gute Versorgung gewährleistet. Wobei man über die Leihmutterschaft streiten kann, da stehe ich auch noch nicht so positiv gestimmt gegenüber. Wem das nichts sagt: http://www.kinderwunsch-aktuell.de/massnahmen_und_methoden/leihmutterschaft-um-den-kinderwunsch-zu-erfullen Ansonsten bleibe ich mal gespannt, wie sich das alles noch weiter entwickelt. VG