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Essay von Jürgen HabermasEin neues Narrativ wider die Skepsis

Die EU auf dem Weg zum Weltparlament. Jürgen Habermas plädiert dafür, das Versprechen des europäischen Verfassungsprojekts wiederzubeleben.

Das EU-Parlament als Zwischenstufe? Habermas malt sich ein demokratisches Weltparlament aus. Bild: dpa

Just zu dem Zeitpunkt, zu dem das Bundesverfassungsgericht die deutsche Fünfprozentklausel für die Wahlen zum Europäischen Parlament für nichtig erklärt hat, erscheint ein neuer Essay von Jürgen Habermas unter dem Titel "Die Krise der Europäischen Union im Lichte einer Konstitutionalisierung des Völkerrechts - Ein Essay zur Verfassung Europas".

Eingebettet in schon publizierte kürzere Stellungnahmen sowie einen überarbeiteten Beitrag zum Zusammenhang von Menschenrechten und Menschenwürde scheint dieser brandneue Essay von höchster, nein allerhöchster Aktualität zu sein und offenbart doch nicht weniger als das Auseinanderklaffen von Idee und Wirklichkeit.

In scharfer Polemik gegen den in der Krise entbundenen "Exekutivföderalismus" von Merkel und Sarkozy und deren "intergouvernementale Aushöhlung der Demokratie" will Habermas, der jetzt die Theorie der "Postdemokratie" übernommen hat, nicht weniger präsentieren als ein "neues überzeugendes Narrativ:

Der Essay

Jürgen Habermas: "Zur Verfassung Europas. Ein Essay". Suhrkamp Verlag, Berlin 2011, 130 Seiten, 14 Euro

Die Europäische Union lässt sich "als entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer politisch verfassten Weltgesellschaft begreifen". Wen, so fragt man sich, soll dieses Narrativ überzeugen: Fachkollegen, die Angehörigen der politischen Klasse, das Feuilleton oder gar eine breitere Öffentlichkeit?

Konkrete Utopie

Doch geht es nicht nur um aktuelle Politik, sondern auch um Geschichtsphilosophie: Habermas weiß nicht nur, sondern betont es auch, dass er mit diesem Essay an Immanuel Kants Schrift "Zum ewigen Frieden" und dessen Ideen zu einem "Weltbürgerrecht" anschließt. Eine mehr als zweihundert Jahre alte Schrift, deren Grundgedanke, eine weltweite Föderation von Republiken, noch lange nicht erreicht ist.

Das zielt auf nicht weniger denn auf eine materiale Geschichtsphilosophie beziehungsweise auf eine - Habermas zitiert ihn - "konkrete Utopie" im Geiste Ernst Blochs. Im Geiste der Aufklärung soll es heute darum gehen, das geistige Hindernis "falscher politischer Begriffe" beiseitezuräumen und damit das ursprüngliche Versprechen des "europäischen Verfassungsprojekts" wiederzubeleben. Inhalt dieses Versprechens sei die "zivilisierende Kraft demokratischer Verrechtlichung".

In der einem Essay angemessenen, eher beschworenen denn entfalteten hegelmarxistischen Manier vermerkt Jürgen Habermas den Widerspruch zwischen dem "systemischen Zusammenwachsen einer multikulturellen Weltgesellschaft" hier und einer "anhaltenden politischen Fragmentierung in der Welt" dort.

Dabei ist er Realist genug, um zu erkennen, dass dieses Europa als Zwischenstufe auf dem Weg zur politisch verfassten Weltgesellschaft weder Staatenbund noch Bundesstaat sein kann, weshalb er dankbar höchst umstrittene Überlegungen jüngerer Staatsrechtslehrer aufgreift, wonach es wirksame Verfassungen auch ohne Staat geben kann.

Bürger Europas

Die Annahme von wirksamen Verfassungen jenseits nationalstaatlicher Gewalt aber zieht tiefgreifende Korrekturen am herkömmlichen Begriff der Souveränität nach sich: So muss zwischen der Souveränität des demokratischen Staatsvolks auf der einen Seite und der außenpolitischen Handlungsvollmacht des Staats als eines internationalen Akteurs sorgfältig unterschieden.

Motor einer politischen Vergemeinschaftung jenseits von Staatenbund und Bundesstaat sei daher die europäische Rechtsentwicklung, wie sie in den europäischen Übereinkünften bis zum Vertrag von Lissabon beschlossen worden sind.

Mit diesem Hinweis will Habermas seine Leserschaft darauf aufmerksam machen, dass zwischen ihnen und den Organen der Europäischen Union eine unmittelbare Rechtsbeziehung besteht, womit eine vom Recht der Mitgliedstaaten "unabhängige Rechtsebene" entstanden sei.

Die von ihm gewünschte Weiterentwicklung des europäischen Projekts setzt dann aber voraus, dass alle politisch bewussten Bürger sich darüber klar werden, sowohl Bürger Europas als auch ihres jeweiligen Nationalstaats zu sein. Dabei soll es ihnen gelingen, beide unterschiedlichen - einander eventuell widersprechenden - Rollen in sich und ihrem politischen Milieu zu vereinen.

Diesem Test - so möchte der Rezensent anmerken - sollte sich ein jeder gedankenexperimentell unterziehen: Welches genau sind meine Interessen als Unionsbürger und wo widersprechen sie meinen Interessen als Bürger der Bundesrepublik Deutschland, als Steuerzahler, Umweltfreund, Menschenrechtsaktivist oder Wirtschaftsbürger? Welche Kompromisse oder Übereinkünfte kann ich dabei mit mir schließen?

Die Idee

An dieser Stelle ist ein Manko des von Habermas vorgelegten Programms zu notieren: die völlige Abstraktion von allen wirklichen, materiellen Lagen und Interessen der Bürgerinnen und Bürger von EU und Eurozone, die den von ihm vorgeschlagenen Weg zur Weltgesellschaft mitgehen sollen.

Auffällig bei einem Autor, der noch vor knapp dreißig Jahren "Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus" (1973) analysierte und seinen Weg als Theoretiker immerhin mit einem Buch über "Erkenntnis und Interesse" (1968) begonnen hat.

Wenn Habermas überhaupt an ein Interesse appelliert, dann an die in seiner Generation noch nachwirkende Erinnerung an die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es ist der Wunsch, die mörderische Gewalt eines nationalstaatlich verfassten Europas unwiderruflich hinter sich zu lassen.

Wesentliches Ergebnis dieser Bändigung staatlicher Gewalt könnte schließlich eine Weltgemeinschaft sein, die als politisch verfasste nur zwei Aufgaben haben soll: Friedenssicherung und Wahrung der Menschenrechte.

Im Anschluss an die stets hinter seinen Überlegungen stehende Friedensschrift Kants malt sich Habermas hier zwar keinen Weltstaat, wohl aber ein aus zwei Kammern bestehendes, demokratisches Weltparlament aus, das sich - aus direkten Vertretern wie aus Vertretern der einzelnen Staaten gewählt - einzig den Aufgaben des Menschenrechtsschutzes beziehungsweise des innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Friedens widmet.

Dass diese gedankliche Verfassung der Welt all das, was sie einmal erreichen soll, auf ihrem Weg dahin schon als gegeben voraussetzen muss, braucht die Philosophie nicht bekümmern.

Die Wirklichkeit

Die Wirklichkeit sieht anders aus: Wer schon vermag sich demokratische Wahlen zu einem Weltparlament auf einem Globus vorstellen, dessen bevölkerungsreichste Staaten von Gruppen regiert werden, die genau das nicht wollen? Ohnehin ist zu fragen, ob das fragile europäische Projekt nicht damit überfrachtet wird, auch noch Zwischenstufe zu einer politischen Weltgemeinschaft zu sein.

Es war Karl Marx, der in seiner 1844 erschienenen "Einleitung zur Hegelschen Rechtsphilosophie" feststellte: "Es genügt nicht, dass der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit muß sich selbst zum Gedanken drängen."

Drängt die europäische Wirklichkeit von Euro, Ratingagenturen, dem bankrotten Griechenland und dem gerade noch davongekommenen Italien zum Habermasschen Gedanken? Stellt die zu Wintereinbruch ob der Kälte bröckelnde Occupy-Wall-Street-Bewegung jene Macht dar, die die Verhältnisse gegen den "Exekutivföderalismus" zum Tanzen bringt?

Jürgen Habermas ist mit dieser Schrift eine geschichtsphilosophische Wette eingegangen. Man wird sehen!

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12 Kommentare

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  • W
    Wolfz

    Mir erscheint es dringend notwendig,dass herausragende intellektuelle,wie H.solche progr.denkanstösse in publico präsentieren in richtung weltregierung etc.,um sich von dem Einheitsbrei des neuen BP bzw. der wischi/waschipolitik von frau merkel abzusetzen.Wenn H.darauf verweist,dass zunächst die weichen für eine europäische gesamtlösung mit entsspr.europ.regierung gestellt werden sollten,so könnte dies m.E.als ein durchaus realist.vorzeigemodell für eine weltumfassende konzeption erwogen werden.Mag sein,dass dies utopisch klingt,aber ein black pres.,oder no more Apartheid in südafrika,oder unsere wiederv.,oder ......waren vor gar nicht langer

    zeit ebnfalls utopien!!!let, think positive!!!

  • P
    Philipp

    Ich denke, es ist Konsens in diesem Forum, dass ein "Weltparlament", in welcher Form und mit welchen Zwischenschritten auch immer, als politisches Gegengewicht zu einem "marktwirtschaftlichen Diktat", das Nationen gegeneinander ausspielt, benötigt wird, und dass es im Interesse vieler (der 99%?) wäre, diese Bestrebungen zu unterstützen.

    Realität ist ja tatsächlich, dass Spaltungsbestrebungen und Ressentiments in existierenden Staatenverbünden vorherrscht. Man muss sich fragen, wem das nützt, und wird schnell den ideologischen Widersacher für ein "Weltparlament" ausmachen können. Und dieser Widersacher ist leider im Moment noch sehr mächtig. Deshalb, Brüder: Zu den (non-violenten) Waffen!

  • WB
    Wilhelm Breitenbürger

    Ansätze aus der Krise durch globale Ausrichtung, Notwendigkeit von internationalen Abkommen

    Die Probleme, die wir haben, sind auf nationaler Ebene nicht mehr zu lösen. Die Welt ist so, wie sie ist. Sämtliche finanziellen Schulden, auch aller Staaten dieser Welt, sind eigentlich kein Drama, wir haben sie ja nicht etwa bei irgendwelchen Marsmenschen, sondern bei uns selbst, das ließe sich ja wieder ausgleichen z.B. über Enteignung der Gewinner, die als Hedgefonds oder als Finanzoligarchen daherkommen und mit destruktiven Geschäftspraktiken große Vermögen angehäuft haben oder über eine kräftige Besteuerung großer oder sehr großer Vermögen usw..

    Und das muss auch geschehen, um die Demokratie und die Handlungsfähigkeit der Staaten und Kommunen zu erhalten. Wr können nicht eine wichtige Reform bei uns außen vor lassen mit dem Hinweis auf Kapitalflucht oder Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Wir müssen bei uns selbst anfangen, und gleichzeitig auf weltweite Abmachungen drängen, z.B. eine Finanztransaktionssteuer (Tobinsteuer), garantierte Mindestlöhne weltweit, globale Einhaltung von sozialen und von Umweltnormen, Verteuerung der Energie- und Transportkosten. Was wir aus der 3. Welt durch Übervorteilung abschöpfen muss auch wieder zurückfließen, damit dort das Elend aufhören kann. Die Hälfte des Börsenumsatzes der New Yorcker Börse sind computergesteuerte Spekulationsgeschäfte ohne Absicht langfristiger Rendite, diese Abzocke führt zum Geldfluss in bestimmte Taschen und Lebensstile, wir müssen das bezahlen. Eine Globalisierung im Sinne der Öffnung der Märkte mit schnellem Datenfluss, mühelosem Geld- und beschleunigtem Warenverkehr, bedeutet zwingend die gleichzeitige Globalisierung einer Steuerung. Die Wutbürger müssen sich nur einig werden und dem unseriösen Spuk ein Ende setzen, bevor es zum Kollaps kommt.

    All diese Punkte müssen breit diskutiert werden, damit es zu weltweiten Vereinbarungen kommt zu einer „Regierung“ der Welt, die neu ansetzt zum Nutzen des Ganzen und nicht einzelner Länder oder einzelner Personen.

    Die Länderegoismen - ob weltweit oder innerhalb der EU - verkehren die guten internationalen Ansätze oft ins Gegenteil: am Ende wird blockiert, nicht ratifiziert und weiter gepokert.

    Die Zukunft wird es zeigen, wie weit wir bereits sind in unserer Ausrichtung auf diese eine Erde, auf diese Einheit, eine weltweite, hohe, geistige Zivilgesellschaft. Im Christentum ist sie gestützt durch die Ausrichtung auf ein Leben in der Ebenbildlichkeit Gottes - mit der Tempelaustreibung und mit dem Bekenntnis zur „Feindesliebe“ hat Jesus dafür ein klares Zeichen seines Verantwortungsgefühls gesetzt. Wenn diese Vision weltweit in die Blickrichtung gerät, besteht zumindest die Chance der Annäherung an diese Vision. Der Paradigmenwechsel, dieser geistige Aufbruch hin zu einer Welt hoher Lebensqualität, Qualität für alle, braucht der Vorbereitung, der Werbung, er bedarf starker integrer Persönlichkeiten, die sich einmischen und auch durchsetzen wollen.

    Habermas zeigt in die richtige Richtung. Lassen wir uns anstecken. Es wird ein langer Weg sein.

  • JR
    Josef Riga

    "Narrativ" kommt von ... Narr vielleicht?

  • PD
    Paul D

    Eine demokratische Weltregierung?

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    ...

  • N
    Naima

    Ohne Habermas´ Essay gelesen zu haben:

    Ich denke auch, dass die EU zuallererst grundlegend demokratisch reformiert werden muss, bevor über eine Art Europäische Verfassung überhaupt nachgedacht werden kann. Dabei halte ich aber die bisherige Stimmenverteilung im Europäischen Parlament (EP) für eine sehr gute und wichtige Sache, da sonst z.B. die BewohnerInnen Maltas kaum Chancen hätten, sich im EP politisch vertreten zu lassen. Für das größte Problem halte ich aber den weiterhin größeren Einfluss des Ministerrates, der beispielsweise in der Außen- und Sicherheitspolitik ohne Beteiligung des EP Beschlüsse fassen kann. Und von einer demokratischen Legitimität des Ministerrats kann meiner Meinung nach nicht die Rede sein. Noch weniger natürlich bei der Kommission, die anders als das EP neue Gesetze vorschlagen kann.

    Die Frage ist aber auch: Wie sollen die BürgerInnen der gesamten EU in einem einzigen Parlament vertreten werden, das einerseits klein genug für die Debatte und die Handlungsfähigkeit ist, gleichzeitig aber groß genug, um noch als einigermaßen demokratisches Repräsentationsorgan zu gelten? Oder ein Weltparlament? Eine der beiden Seiten (Handlungsfähigkeit vs. demokratische Legitimität) wird immer zu vernachlässigen sein, umso mehr, je größer die zu repräsentierende Bevölkerungszahl ist. Dabei halte ich die Idee einer Art Welt-BürgerInnenschaft für sehr sinnvoll. Jedoch nicht die einer Welt-Regierung. Denn diese müsste (aus den genannten Gründen) zwangsläufig zentralisiert werden. Dazu würden die Befürchtungen von Herrn Krollikowsky kommen, denen ich vollends zustimme.

    Die Überwindung von Nationalstaaten als zentrale Akteure hin zu einer Art weltweiter Friedenssicherung müsste also irgendwie mit einem demokratischen Prozess vereinbar sein, der sich so regional wie möglich abspielt um eben so demokratisch wie möglich zu sein. Das sind zwei scheinbar gegenläufige Dimensionen...

  • JR
    Josef Riga

    Eine zentrale Forderung des modernen Parlamentarismus kann und will das EP/PE nicht erfüllen: one man - one vote!

    Ich sehe nicht ein, warum meine Stimme als Deutscher weniger gewichtet wird, als die eines Belgiers oder Dänen.

     

    Ein solches Parlament kann ich nicht als Ausdruck des demokratischen Willens ansehen und seine Entscheidungen sind n i c h t i g ! 'Utopie hin oder her.

  • TM
    ttoo much

    Wer hätte gedacht , dass es so schnell gehen würde !? Dass die abgehobenen Feiertagsreden über Utopia Europa als hohles Geschwätz erkannt werden ?

    Natürlich ...- Europa wird von vielen Machern weiterhin als "Herzensangelegenheit" im Munde geführt . Die Praxis aber wird unverhohlen von der Devise regiert :" Beim Geld hört der Spaß auf !" . Die Finanzmärkte haben ja auch weder Humor noch Herz für irgendwas , ihr Betriebssystem kennt nur den Befehl : "Aus Geld mehr Geld machen !" . Metaphorisch gesprochen haben "die Märkte" Griechenland bereits an den Bettelstab geschickt , und Italien , Spanien , Portugal (etc...) zeigen sie schon mal die Folterinstrumente .

    Nun sind "die Märkte" ja kein Haufen von bösen Buben , die man dingfest machen , einsperren oder sonstwas könnte . "Die Märkte" sind Teil des Systems selbst ...

    Und wer glaubt , dass Rettungsschirme das System retten könnten , der glaubt auch , dass Zitronenfalter usw .

    Für diese banalen Niederungen der Wirklichkeit hat auch Habermas keine Therapie . Und für seine Utopia braucht er keinen Beweis der Untauglichkeit zu fürchten ...

  • OA
    O. Armbruster

    Der Großphilosoph scheint ganz oben in den platonischen Wolken angekommen zu sein . Seine Erkenntnis leitende Maxime : Wenn die Wirklichkeit nicht zu der Idee passt - um so schlimmer für die Wirklichkeit 1

  • F
    Fred

    Herzlichen Dank an den Autor und die TAZ, dass dieses Thema aufgegriffen wurde.

     

    Ich teile die Skepsis des Autors nicht und sehe zahlreiche mit materiellen, wenn nicht sogar mit existentiellen Interessen verbundene Themen, die uns dazu bringen unsere Identität als Weltbürger bewusster wahrzunehmen und auch in politischen Entscheidungen widergespiegelt sehen zu wollen: Regulierungsbedarf globaler Märkte, Schutzbedürftigkeit des Klimas und der Biodiversität, Sicherheitspolitik, etc.

     

    Neben solchen materiellen Interessen sind aber auch weitere Faktoren zu berücksichtigen, die bei der Beschleunigung gesellschaftlichen Wandels häufig eine Rolle gespielt haben: z.B. Mobilität und Kommunikation – dank des Internets und Flugverkehrs ist man heute einem Menschen auf der anderen Seite des Globus näher, als sich vor hundert Jahren zwei Menschen waren, die in Flensburg/München gelebt haben.

     

    Um es kurz zu machen: ein Thema, dass ich gerne häufiger in der TAZ finden möchte!

     

    Gerne z.B. mit Berichten über die Essays, die im Rahmen des "Building Global Democracy"-Projekts veröffentlicht werden oder der sehr pragmatisch ausgerichteten Kampagne für die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen. (BGD: http://www.buildingglobaldemocracy.org/ und CEUNPA: http://de.unpacampaign.org/)

  • SK
    Sven Krollikowsky

    Ein Weltparlament, eine Weltregierung, als Problemlöser oder Friedensstifter machen mir Angst.

    Auch wenn man die Aufgabe klar umreisen würde z..B. zur Sicherung des Friedens und der Menschenrechte wäre die Gefahr meiner Meinung nach zu groß, dass dieser gesetzte Rahmen mit der Zeit aufweichen würde und andere Aufgaben und Befugnisse hinzukämen.

    Mir macht Angst dass ich bei einer Weltregierung in kein anderes Land mehr flüchten kann, es gäbe kein Asyl mehr.

    Monokulturen, wie eine Weltregierung sind meiner Meinung nach zu instabil, weshalb sie genauso wie in der Agrarwirtschaft mit künstlichen Mitteln geschützt werden müssen.

    Diese künstlichen Mittel machen mir auf Weltpolitischer Ebene Angst.

    Die Gefahr wäre meiner Meinung nach zu groß dass Interessen Gruppen sich Einfluss verschaffen und die neu entstandene Macht für ihre Zwecke missbrauchen. So bald Interessengruppen zu stark werden nutzt das Demokratieversprechen nicht mehr viel, weil bei der Demokratie immer die Frage ist wer wie viel Einfluss hat.

    Friedenssicherung ist auch so ein tolles Wort mit dem man wie zur Zeit, Kriege führen, Menschenrechte mit Füssen treten, Zivilisten töten und foltern (water boarding und co.) kann, alles unter dem Deckmantel dass wir die Guten sind und gegen das Böse kämpfen. Wenn ich mir vorstelle dass diese Mittel dann Innenpolitisch zur Anwendung kommen müssen weil es ja keine Aussenpolitik mehr gibt aber immer noch die gleichen unterschiedlichen Menschen die `befriedet` werden müssen wird es mir nicht unbedingt wohler zu Mute.

    Ich denke dass uns in Zukunft noch öfter diese Idee von einem Weltparlament, Weltregierung, Weltkultur, Welt... als Lösung aus den weltweiten Krisen auf unterschiedlichster Art und Weise präsentiert wird.

    In Wirklichkeit werden einzelne Interessengruppen dadurch effektiver ihre Ziele verfolgen und das Ausbeuten der Menschen und der Erde wird weiter auf die Spitze getrieben. Ich sehe wie schwer es ja ja schon auf nationaler Ebene ist Politik von den Macht des Geldes zu trennen.

    Ich kann den Friedensbringenden Gedanken der in dem Artikel beschrieben wird schon verstehen er ist meiner Meinung nach aber zu gut gläubig.

    Meiner Meinung nach können wir nur als stabile `PolyKultur` überleben und nicht als instabile `Monokultur`. Genause wie in der Natur zerstört Monokultur die Erde, nur die Vielfalt hält sie lebendig. Ich denke es führt nur zur weiteren Zerstörung wenn wir uns Menschen weiter in Gut und Böse aufteilen. Ich kann leider auch keine konkretere Lösung finden als dass wir uns erst mal trotz unserer Unterschiede in Staat Kultur Glaube etc. als Menschen wertschätzen müssen damit sich dadurch Lösungen für uns Menschen auf dieser Erde heraus kristallisieren können die uns nicht längerfristig gegen die Wand fahren, anstatt einfach alle Unterschiede glatt bügeln zu wollen

  • MC
    Marcos Cramer

    Ein großes Hindernis auf dem Weg zur Erschaffung eines Weltparlaments ist, dass viele von denen, die die Idee an sich gut finden, sie als zu utopisch betrachten, und sie daher nicht weiter verfolgen. Utopisch wird die Idee also erst dadurch, dass zu viele sie als utopisch ansehen.

     

    Die Vergangenheit hat allerdings gezeigt, dass man leicht Dinge als utopisch bezeichnen kann, die danach doch eintreten. Anfang 1989 galt es sicher noch als utopisch, von dem Fall der Mauer noch im laufenden Jahr auszugehen. Wir sollten dies als Lehre aus der Geschichte nehmen, und nicht wünschenswerte Ziele unnütz als Utopien abstempeln.