Erneut Tote in Syrien: Demonstranten wollen Assads Kopf
Manchen Regimegegnern auf der Straße genügt ein Rücktritt des Staatschefs nicht mehr. Wieder versammelten sich Zehntausende zum Protest - und gerieten ins Schussfeld der Armee.
BEIRUT/AMMAN dapd | Die Regierungstruppen in Syrien sind nach Angaben von Aktivisten auch am Freitag mit unverminderter Härte gegen zehntausende Regimegegner vorgegangen. Mindestens sieben Demonstranten wurden den Angaben zufolge getötet, als Soldaten das Feuer auf Protestkundgebungen eröffneten. Bei Militäraktionen im Norden des Landes und in einem Vorort von Damaskus wurden zwei weitere Menschen erschossen. Das niederländische Außenministerium erklärte, die EU prüfe mögliche weitere Sanktionen gegen Syrien.
Bei den Massenprotesten forderten Demonstranten neben dem Sturz Assads erstmals auch den Tod des Staatschefs. "Die Leute wollen die Hinrichtung des Präsidenten", war bei Kundgebungen in Homs und Idlib zu hören. Aktivisten zufolge wurden jeweils zwei Menschen außerhalb der Hauptstadt Damaskus und in Aleppo im Norden erschossen. Jeweils ein Todesopfer gab es demnach in Homs und Hama.
In der östlichen Protesthochburg Deir al-Sor wurden Teilnehmer der Freitagsgebete beim Verlassen der Hauptmoschee beschossen, berichtete ein Augenzeuge. Die Gläubigen hätten sich in die umliegenden Gassen geflüchtet, einer sei den Schussverletzungen erlegen. Die Klimaanlage der Moschee in Deir al-Sor habe durch den Beschuss mit AK-47 Sturmgewehren Feuer gefangen, sagte ein Augenzeuge am Telefon. In der Innenstadt seien Schüsse zu hören gewesen. An den wichtigsten Plätzen und Kreuzungen seien Panzer aufgefahren.
Die Stadt Chan Scheichon in der Nähe der Grenze zur Türkei wurde Aktivisten zufolge am frühen Freitagmorgen von Soldaten mit Panzern unter schwerem Gefechtsfeuer gestürmt. Dabei sei eine Frau getötet worden. Außerdem hätten Sicherheitskräfte beim Einmarsch in den Hauptstadt-Vorort Sakba eine Person erschossen. In Sakba seien Razzien durchgeführt worden, es sei zu Festnahmen gekommen. Der Tod der beiden Personen wurde vom Observatorium für Menschenrechte mit Sitz in London und den örtlichen Koordinationskomitees bestätigt.
Der niederländische Außenamtssprecher Uri Rosenthal sagte, über eine mögliche Ausweitung der EU-Sanktionen gegen Syrien, beispielsweise auf die Bereiche Telekommunikation, Bankwesen und Energie, werde unter Umständen von den EU-Botschaftern innerhalb der nächsten zwei Wochen oder bei einem informellen Ministertreffen am 2. September in Polen entschieden. "Wir müssen dem Regime über seine profitablen öffentlichen Unternehmen den Sauerstoff abstellen", erklärte Außenminister Uri Rosenthal.
Clinton fordert mehr Druck auf Assad
US-Außenministerin Hillary Clinton rief unter anderem die EU, Indien und China auf, den Druck auf Damaskus zu verstärken. Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, die Bundesregierung werde die Vorschläge Clintons genauestens prüfen. Aber auf den ersten Blick gebe es "eine ganze Anzahl von Übereinstimmungen".
US-Präsidentensprecher Jay Carney erklärte, Syrien "wäre ein besserer Ort ohne ihn (Assad)". Die US-Regierung glaube, dass Assad die Chance verpasst habe, den Übergangsprozess anzuführen.
Frankreich forderte unterdessen die sofortige Freilassung des Vorsitzenden der syrischen Menschenrechtsliga. Abdul Karim Rihawi war nach Angaben eines Aktivisten gemeinsam mit einem Journalisten, der ihn in einem Café in Damaskus interviewte, festgenommen worden. Rihawis Festnahme sei eine neue inakzeptable Entscheidung der Behörden in Damaskus, hieß es in einer Erklärung des Pariser Außenministeriums.
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