Ermittlungen gegen Soldaten im Ausland: Neues Militärgericht in Kempten
Eine „Schwerpunktstaatsanwaltschaft“ soll für Straftaten von deutschen Soldaten im Ausland zuständig sein. Das hat die Bundesregierung beschlossen.
BERLIN afp | Die Justiz im bayerischen Kempten soll künftig für alle von Bundeswehrsoldaten im Ausland begangenen Straftaten zuständig sein. Am Mittwoch beschloss die Bundesregierung eine Vorlage von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die Kempten zum zentralen Gerichtsstand für die Soldaten im Auslandseinsatz macht. Die Linke warnte wegen der Entscheidung vor einer gefährlichen Nähe von Justiz und Bundeswehr.
Bereits in ihrem Koalitionsvertrag von 2009 hatten Union und FDP vereinbart, eine zentrale Zuständigkeit für Straftaten durch Soldaten im Auslandseinsatz zu schaffen. Die Debatte darüber wurde durch die schwierige juristische Aufarbeitung der Bombardierung von zwei Tanklastzügen nahe dem afghanischen Kundus vor zweieinhalb Jahren intensiviert.
In Zukunft übernimmt nun in Kempten eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft die Ermittlungen bei einem Verdacht gegen deutsche Soldaten. Falls es nach den Ermittlungen auch zu einem Gerichtsverfahren kommt, wird dieses ebenfalls in Kempten geführt.
Das im Allgäu liegende Kempten konnte sich gegen andere Standorte durchsetzen. Leutheusser-Schnarrenberger, die auch FDP-Vorsitzende in Bayern ist, hatte dem Standort den Vorzug gegeben, weil die Ermittler dort bereits die bayerische Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Auslandseinsätze der Bundeswehr bilden.
Kritiker sehen „gefährliche Nähe zwischen Justiz und Bundeswehr"
Befürworter einer zentralen Ermittlungsstelle sehen den Vorteil in der Fachkenntnis über die besonderen Einsatzbedingungen der Soldaten. Gegner fürchten dagegen, dass Sonderstrukturen zu Gunsten der Bundeswehr entstehen und fürchten Gefahren für die Unabhängigkeit der Justiz.
So erklärte der Justiziar der Linksfraktion im Bundestag, Wolfgang Neskovic: Eine zentrale Staatsanwaltschaft für Soldaten schaffe „gefährliche Nähe zwischen Justiz und Bundeswehr. Sie ist deswegen abzulehnen.“
Die zivile Perspektive von Staatsanwälten und Richtern auf Straftaten deutscher Soldaten im Ausland sei kein Manko, sondern ein Gewinn für den deutschen Rechtsstaat, erklärte Neskovic. „Sie ist wichtig, um den zivilen Geist der Bundesrepublik trotz zunehmender Militäreinsätze im Ausland am Leben zu erhalten.“
Leutheusser-Schnarrenberger erklärte dagegen, bei den zuständigen Richtern und Staatsanwälten würden künftig Erfahrungen gebündelt. Außerdem würden durch die neue Regelung langwierige Zuständigkeitsprobleme beendet.
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