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Enttäuschte NeonazisDie Schmach von Dresden

Die Blockaden in Dresden ließen den Neonaziaufmarsch auf einen kurzen Spaziergang zusammenschmelzen. Nun schimpft die rechtsextreme Szene im Netz.

Unbeliebtes Gedenken: Demonstranten protestieren gegen den Marsch der Neonazis. Bild: dpa

DRESDEN taz | Eine Schmach, eine Schande: In der rechtsextremen Szene herrscht nach dem Trauermarsch in Dresden eine nachhaltige Verbitterung. Wie in den vergangenen Jahren auch konnten die Neonazis nicht entlang ihrer geplanten Route marschieren – ein breiter Protest und zwei Blockaden zwangen sie zu einem kurzen Gang um einen Häuserblock in der Nähe des Dresdner Hauptbahnhofs.

"Es war von Grund auf eine ENTTÄUSCHUNG und eine SCHANDE!", schimpft ein Nutzer mit dem Namen "Oberlandsturm" auf dem rechtsextremen Internetportal "Thiazi-Forum". Ein "Franz Schwede" wettert: "Wir machen uns zum Gespött, wenn wir dies als einen Erfolg werten".

Schon während der Demonstration machte sich schlechte Stimmung breit. Ein Teil des Aufzugs weigerte sich weiterzulaufen, als bekannt wurde, wie kurz die Route letztendlich sein werde. Gut eine Stunde liefen die 1.600 Marschierenden von NPD und Kameradschaften. Erst rechts, dann dreimal links. Schon war der Ausgangsort ein abgesperrter Platz beim Bahnhof erreicht. Auf dem Heimweg brüllte einer: "Die haben uns wieder verarscht".

Die erste Stellungnahme der Anmelder fiel äußerst kurz aus. "Die äußeren Umstände haben erwartungsgemäß zu erheblichen Beeinträchtigungen geführt", heißt es und "der selbst gestellte Anspruch" wurde "dennoch (...) ein Stück weiter erfüllt". Das "dennoch" dürfte wenig trösten.

Die NPD greift auf eine andere Formulierung zurück, um nicht eine Niederlage einräumen zu müssen: "Trotz versuchter linker Blockaden und einer verkürzten Wegstrecke" sei der "Marsch als Erfolg zu werten". Begründung? Keine. Vielmehr zitiert die NPD Olaf Rose. Als letzter Redner hatte der rechtsextreme Historiker, der bei der NPD-Landtagsfraktion in Sachen angestellt ist, lang und breit geschimpft, dass erst, "das Zusammenspiel linksextremer Antifa-Banden, sowie linker und bürgerlicher Politiker" das "nationale Dresden" verhindert habe.

Ganz Unrecht hat er nicht. Seit 2010 verhindern breite gesellschaftliche Bündnisse mit gezielten Blockaden die Neonazi-Aufmärsche in Dresden. Der bundesweit von antifaschistischen Gruppen und linken Initiativen organisierte Protest leitete so das Ende der europaweiten größten Neonazi-Demo ein.

Für den kommenden Samstag läuft den auch die Mobilisierung des Bündnis "Dresden Nazifrei" weiter. Ob der Frust der rechtextremen Szene zu Aktionen an dem Tag mobilisiert oder demotiviert, ist bisher nicht einschätzbar. Der Marschverlauf wird aber die Debatte der Rechtsextreme um neue Aktionsformen befeuern.

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12 Kommentare

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  • S
    suswe

    @ Dummling: " Unser Aufstieg hätte nur durch den geschlossenen und entschiedenen Widerstand unserer Gegner verhindert werden können." Dies ist ein Zitat eines gewissen Adolf Hitler.

  • L
    Lena

    @Gesunder Skeptiker

    Die Blockierer machen auch nichts Anderes als Gebrauch von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit. Zumindest solange sie ihren Gegner nicht physisch angreifen.

     

    @Teermaschine

    Ah nee, nicht schon wieder Mafia-Moslem-Ausländer-Gelaber. Ja, organisierte Kriminalität gab es schon in der Antike und wird auch in Zukunft geben. Genauso wie religiös motivierten Terrorismus, egal ob die Christen die Heiden abschlachten oder die Moslems die Christen. Und Völkerwanderung ist auch nichts Neues, auch in dem Teil Europas, wo jetzt Deutschland liegt. Und die Welt ist immer noch nicht untergegangen, weil all dies nur die Randerscheinungen jeder Gesellschaft sind. That's Life.

  • D
    Dummling

    @suswe:

    Ihr Zitat: "Nazis haben kein Recht auf Selbstinszenierung und Vereinnahmung des öffentlichen Raumes."

    Doch, das haben auch sie, sofern sie keine Gewalt anwenden. In einem freiheitlichen System herrscht Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht nur für die Guten, sondern auch für die Bösen. Sonst herrscht Meinungsunterdrückung.

     

    Leider ist es in diesem Punkt inzwischen fast schon moralische Pflicht, sich den "Guten" anzuschließen und sogar mißliebige Äußerungen verbal niederzumachen. Überlegen Sie sich mal, wohin das schlußendlich führt.

  • S
    suswe

    @ Ahmet der Doische:

    Wäre Ihnen ein erfolgreicher Naziaufmarsch lieber gewesen?

    Ich danke den Blockierern. Nazis haben kein Recht auf Selbstinszenierung und Vereinnahmung des öffentlichen Raumes. Die Gründe dafür sind ausreichend bekannt.

  • T
    Teermaschine

    @ gesunder Skeptiker

    Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, wenngleich ich die Gefahr eines heraufziehenden Totalitarismus (noch)für übertrieben halte.

    Gleichwohl, es gibt deutliche Auflösungserscheinungen der staatlichen Ordnung. Bildlich gesprochen: Die Hütte brennt an allen Ecken!

    An der Spitze der Gesellschaft "thront" ein Abstauber vor dem Herrn, und die eigentliche Frage lautet nur, was mehr empört: Die Chuzpe des Bundespräsidenten oder die achselzuckende Ignoranz der ihn tragenden, bürgerlichen Rechte (allerdings wissen wir ja seit der Causa Guttenberg das Konservativismus und bürgerlicher Anstand nichts miteinander zu tun haben).

    Die Linke derweil widerspricht mehr oder weniger unverhohlen dem staatlichen Gewaltmonopol. Wenigstens aber möchte sie entscheiden, wem in diesem Lande das verfasste Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zusteht. Den Nazis wiederum kommt das sehr entgegen, da es nur ihr Misstrauen gegen einen Staat schürt, der ihre Grundrechte nicht zu schützen bereit ist.

    Hinzu kommen die organisierte Kriminalität, der religiös motivierte Extremismus und die völlig ungesteuerte Zuwanderung, die manche Großstadtquartiere in Parallelgesellschaften verwandeln, zumal die sich öffnende Einkommensschere gerade hier am deutlichsten zutage tritt.

    Wahrlich, so manches erinnert schon an Weimar!

  • P
    Pemba

    Das ist eine

    wunderbare,

    hoffnungsgebende,

    mutmachende,

    friedliche -

     

    Schwalbe.

     

    Für einen richtigfetten Sommer müssen wir alltäglich dranbleiben und couragiert weitermachen.

  • P
    pannetone

    @Gesunder Skeptiker:

    Schon klar, Sie waren im Widerstand. *kopfschüttel*

  • T
    Thora-Nu

    Der Erfolg spiegelt sich vor allem darin wider, das auch die linken Krawallbrüder nicht so viel Schaden angerichtet haben. Wir Dresdner finden den Nazispuk einfach nur ärgerlich, Angst aber haben wir vor der linken Gewalt.

  • GS
    Gesunder Skeptiker

    Ob Nazi oder Stalinist, ob Muslimbruder oder Atheist, ob schwul oder hetero: Jeder hat(te) in diesem freien Land das unveräußerliche Recht seine Meinung kundzutun. Solange er sich an die Gesetze hielt und dabei friedlich bleibt.

     

    Ich habe mich früher selbst gegen Nazis engagiert. Anfang der 1990er haben wir monatelang nachts Asylbewerberheime bewacht und vor Angriffen bewahrt. In vielen Diskussionen gerade mit Rechtsradikalen konnten wir damals aufrecht sein und sagen: "Wir vertreten Freiheit und Recht - auch Eure Freiheit und Eier Recht"

     

    Nicht im Traum aber wäre es mir eingefallen, Bürgerrechte zu zerschlagen, indem ich mich auf die Strasse setze und unter dem Deckmantel der Zivilgesellschaft anderen ihr Recht auf Meinungsfreiheit nehme. Niemals könnte ich einem Rechtsradikalen heute im offenen Gespräch diese Dinge erklären. Mittlerweile schäme ich mich sogar, dass in meinem Land solch russische Methoden üblich geworden sind und auch noch alle stolz darauf sind.

     

    In solchen Methoden spiegelt sich schon der nächste Totalitarismus wider.Ich habe meine Konsequenzen gezogen und mich aus jeder politischen Arbeit zurückgezogen....

  • C
    Celsus

    Es ist wichtig, dass sich die Demokratie nicht darauf beschränkt mit ängstlicher Miene vor den Nazis zu kuschen, weil Verbotsanträge cvor dem Budnesverfassungsgericht doch angeblich erfolglos verlaufen würden. Bestes Beispiel unsere doch angeblich so beliebte Kanzlerin. Ein Herzensanliegen war es ihr jedoch nicht. SOnst hätte sie an Alternativen und Möglichkeiten gestrickt. Sie hätte daran gearbeitet, die Nazis gesellschaftlich fertig zu machen. Aber das gibt es nur für den politischen Gegner.

     

    Und währenddessen werden die Gelder für erfoglreich gegen Nazis operierende Vereine auf Geheiß der Bundesregierung noch mit Tricks und Kniffen zusammengestrichen. Es werden sogar noch Gründe für die Bebachtung von Menschen gefunden, die sich gegen die Feinde unserer Freiheit einsetzen. Die Formel lautet dann "übersteigerter Hass" gegen Nazis. Das sind dann die Leute, die über Jahrzehnte selbst nach absolutem Beweis ihrer Verfassungstrreue beobachtet werden.

     

    Eine Ministerin war gar für die weitere Bebachtung eines linken Bundestagsabgeordneten, von dessen Verfassungstreue sie ausgeht. Rechtsstaat und Gesetzestreue der Bundesregierung ade! Mit denen können wir Nazis nicht erfolgreich bekämpfen.

  • AD
    Ahmet der Doische

    Wie schön.

    Da haben die germanischen Deutschen ja ihre Ehre gerettet. Alles wird gut.

  • EA
    Enzo Aduro

    Der Souverän zahlt für die Fehlentscheidungen seiner Regierung, gerade wenn es ein gewähltes ist.