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Elf Semester in vier studiertTurbo-Student muss zahlen

Als Marcel Pohl innerhalb von vier Semestern ein elfsemestriges Studium beendete, hörte er auch auf, die Gebühren seiner privaten Uni zu zahlen. Zu Unrecht, wie nun ein Gericht entschied.

„Ein Ausnahmetalent“: Die meisten Studierenden nehmen sich mehr Zeit als Pohl. Bild: dpa

ARNSBERG/DORTMUND dpa | Marcel Pohl hat bisher eine Blitz-Karriere hingelegt: Abitur, Banklehre und parallel das Studium an einer privaten Hochschule. Jetzt hat der 22-Jährige seinen Master-Titel in Finanz- und Rechnungswesen in der Tasche, dafür brauchte er keine vier Semester. Die Zahlung seiner Studiengebühren stellte er kurzerhand ein, um einen fünfstelligen Betrag zu sparen – zu Unrecht allerdings, wie jetzt ein Gericht entschied.

Wer an einer privaten Hochschule sein Studium verkürzt, muss demnach trotzdem die kompletten Studiengebühren zahlen. Denn private Studiengebühren seien im Gegensatz zu den „Semesterbeiträgen“ öffentlich-rechtlicher Hochschulen ein vertraglich vereinbarter Gesamtpreis für das Studium, verkündete das Amtsgericht Arnsberg am Mittwoch (Az: 12 C 64/12). Damit gab das Gericht der Dortmunder Hochschule für Ökonomie und Management (FOM) in einer Klage gegen den ehemaligen Studenten Recht.

„Leistung muss sich doch auch lohnen, und das schnelle Studium sollte sich ja für mich auch finanziell rechnen,“ hatte der 22-Jährige aus Arnsberg seine Haltung begründet. Doch die Privatuni bestand auf dem Vertrag und wollte weiter die monatlichen Raten von ihrem Absolventen haben. Wenn Turbo-Studenten weniger zahlen, müsse die Hochschule die „Normalstudente“ höher belasten, sagte Prorektor Stefan Heinemann. Trotzdem gratulierte er Pohl: „Das ist schon ein Ausnahme-Talent.“

Gemeinsam mit zwei Kommilitonen hatte sich der 22-Jährige auf seine Prüfungen vorbereitet. Sie besuchten verschiedene Seminare und informierten die Mitstreiter. Um überhaupt in der Rekordzeit alle Prüfungen abzulegen, nutzte das Trio nicht nur die Dortmunder FOM, sondern auch andere der mehr als 20 deutschen FOM-Zweigstellen. Einer von Pohls Kommilitonen hat ebenfalls beide Studiengänge erfolgreich abgeschlossen, der dritte im Bunde steht kurz davor.

Prorektor Heinemann geht nicht davon aus, dass es Nachahmer geben wird. Schließlich hätte kaum jemand die Möglichkeit, neben seinem Job noch quer durch die Republik zu reisen und ein „Prüfungshopping“ zu betreiben. Über die Entscheidung des Gerichts zeigte sich Heinemann dennoch erleichtert: „Das schafft Klarheit für uns und die anderen Studenten.“

Streit vermutlich noch nicht beendet

Pohl hatte gehofft, dass der Richter auch für erfolgreiche Absolventen von einem Kündigungsrecht ausgeht. Das billigt die Uni Studienabbrechern zu. Doch der Richter stellte in seiner Begründung fest: „Die Situation eines Studienabbrechers ist nicht mit der des Beklagten vergleichbar, weil der Abbrecher gerade nicht alle für einen Abschluss notwendigen Leistungen in Anspruch genommen hat.“

Vermutlich ist der Streit mit dem Urteil des Amtsgerichts noch nicht vom Tisch. „Wir werden voraussichtlich in Berufung gehen“, sagte Pohl. Sein Anwalt Bernhard Kraas kündigte an: „Wir werden das Urteil genau prüfen und dann entscheiden, ob wir vor das Landgericht ziehen.“ Sollte der 22-Jährige auch dort verlieren, muss er den fünfstelligen Betrag an die Uni zahlen.

Seinem Arbeitgeber ist Pohl treugeblieben. Statt im Sauerland arbeitet er nun in der Zentrale der Bank in Frankfurt. Und nebenbei bereitet er sich noch auf seine Doktorarbeit vor. Die will er an einer britischen Privatuni ablegen.

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9 Kommentare

 / 
  • GE
    gruslige Einstellung

    Ich finds ja eher gruslig, dass ein 22-Jähriger, der offenbar sein Leben lang an nichts anderes als Karriere und Geld gedacht hat, jetzt den Laden weiter am Laufen halten geht... Das lässt einige Rückschlüsse über die Gesellschaft zu, die so etwas hervorbringt.

  • MS
    meine sache

    Schon irgendwie erbärmlich, sein Leben im Turbogang durchzuziehen, dann an der Spitze zu stehen und zu erkennen, dass mensch neben der Blitzkarriere auch Soziophobie im Endstadium auslebt.

     

    Mir kann niemand erzählen, dass jemand der Ausbildung und Studium gleichzeitig durchzieht (und zwar im Turbogang) Zeit hat um sich ausgiebig mit seiner menschlichen Umfeld vertraut zu machen.

     

     

    Und so wird eben das wichtigste für die Karriere geopfert: Das eigene Leben.

     

     

    Das der Herr nun verdonnert wird seinen Verpflichtungen nachzukommen empfinde ich als gerecht.

     

    Und die Website der Herren dürfte auch ruhig mal in Guttenplag-writer.com umbenannt werden (oder gleich verboten)

  • E
    Elly

    Haha, ich finde die Jungs klasse. Endlich mal welche, die zeigen was unsere Generation drauf hat.

    Master in so kurzer Zeit, der eine jetzt nen geilen Job und die anderen ihr eigenes Unternehmen Gwriters.

    Ich versteh nicht, wie irgendjemand was dagegen sagen kann!!!!!

  • AJ
    Andreas J

    Banklehre und parallel das Studium an einer privaten Hochschule". "dafür brauchte er keine vier Semester.".

     

    Sorry, aber was für eine scheiß Uni soll das sein? Kein Wunder, das wir eine Bankenkriese haben.

  • CI
    CDU ist geil in der CDU!

    Geiz ist geil in der CDU! Endlich haut mal einer von der CDU (so ein karrieregeiler, zu Verachtender! verbrämt als Katholik daher kommender) mit 'm Kopp gegen eine (imaginäre) Wand einer Gerichtsbarkeit.

    Ich hatte mich mal an einen Rechtsanwalt (der bekennender Katholik (findet man auch im Internet, da trägt er das Katholischsein wie eine Monstranz vor sich her) in einer Sache gewandt.

    Der Anwalt hatte sich jedoch fachlich verhoben und sich beim Amtsgericht der Stadt, an dem er gegen mich przessierte, Schiffbruch von seiten der Richterin eingefangen.

    Ich nehme an, dass 'mein' Rechtsanwalt ebenfalls der CDU nahestand /nahesteht, wenn nicht sogar in dem 'Armleuchter'-Verein Mitglied ist.

    Was nicht heißt, dass SpezialdemokratInnen und Grüne nicht auch ZechprellerInnen, wie das Jüngelchen der CDU, über den die taz berichtet, sein können und gar auch sind.

  • T
    Turbostudent

    Marcel Pohl hat sein Turbo-Studium im Team mit zwei jungen Herren namens Marcel Kopper und Robert Grünwald durchgezogen. Kopper und Grünwald haben am 1. Juni 2012 beim Amtsgericht Düsseldorf die Firma Academic Services GmbH (Handelsregisterbuch-Nummer 68007) angemeldet. Die Firma Academic Services wiederum ist Betreiberin der Online-Plattform gwriters.de . Geschäftsgegenstand dieser Plattform ist der Vertrieb von akademischen Texten, die von Ghostwritern verfasst werden (die Website wirbt mit "100 % Diskretion!").

     

    http://gwriters.de/

  • FF
    falsches Fach

    Völlig einleuchtend. Hätte das Ausnahmetalent Bürgerliches Recht studiert, hätte ihm dieses Urteil beriets vorher als eine plausible Möglichkeit aufgehen können.

  • A
    Anonymous

    Der Herr Pohl hat bestimmt viele nette Freunde und Freundinnen, kommt oft in die Natur und fühl sich morgens beim aufstehen immer frisch und munter. Gratuliere, Herr Pohl! Schönes Leben noch!

  • VD
    von der immernoc Marketingbegeisterten

    Das finde ich aber jetzt aber voll fies, daß ihr die Namen der beiden anderen Überflieger nicht nennt.

    Sie haben ja noch nicht 'mal die Chance, via Klage so'ne geilgünstige Publicity zu bekommen.