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Diskussion um BeschneidungHoffnung auf breite Mehrheit

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hofft auf Rechtssicherheit bei Beschneidungen. Der Ethikrat fordert möglichst klare Vorgaben für die Prozedur.

Hofft im Bundestag auf eine breite Mehrheit: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Bild: dpa

BERLIN afp | Nach dem Kabinettsbeschluss zu dem Gesetz über Beschneidungen bei Jungen hofft Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf eine große Mehrheit im Bundestag. „Wir wollen die Rechtssicherheit wieder herstellen, die es bis zur Entscheidung des Urteils des Kölner Landgerichts in Deutschland gegeben hat“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk. Sie verwies darauf, dass es bei weniger als einem Prozent der Beschneidungen Komplikationen gebe.

Der Kindeswille müsse aber bei der Elternentscheidung eine Rolle spielen, sagte die Ministerin weiter. „Das ist ein permanenter Prozess: Je älter ein Kind wird, umso mehr ist natürlich der Kindeswille – Ablehnung, Kritik, Bedenken, Angst – zu berücksichtigen.“ Nach dem am Mittwoch vom Bundeskabinett gebilligten Gesetzentwurf sollen Beschneidungen bei Jungen künftig unter bestimmten Umständen erlaubt sein. Er soll möglicherweise noch im Oktober im Bundestag beraten werden.

Die Beschneidungen müssen dem Gesetzentwurf zufolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen, zudem muss das Kindeswohl berücksichtigt werden. Die Eltern müssen auf die Risiken des Eingriffs hingewiesen werden. In den ersten sechs Lebensmonaten dürfen Säuglinge auch von religiösen Beschneidern beschnitten werden, die zwar keine Ärzte, aber dafür besonders ausgebildet sind.

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Christiane Woopen, fordert klare Vorgaben für die Vorhautentfernungen. Wenn der Gesetzgeber die Beschneidung bei Jungen ermöglichen wolle, seien Regeln für die Praxis erforderlich, „mit denen näher spezifiziert wird, wie und unter welchen Bedingungen dieser Eingriff durchgeführt wird“, sagte Woopen der Berliner Tageszeitung Welt.

Es stelle sich das Problem, dass auch außermedizinische Aspekte eine Rolle spielten, sagte Woopen. Deswegen müssten fachliche Standards unter Beteiligung von Medizinern, Kinderpsychologen sowie Vertretern von Religionsgemeinschaften und Eltern entwickelt werden.

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13 Kommentare

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  • P
    PeterWolf

    @Eike

     

    "Inder dürfen aber vermutlich kleinen Mädchen Blumen auf die Brust tätowieren lassen. Araber tätowieren Kindern bestimmte Symbole auf den Körper, die für ihre kulturelle Gruppe wichtig sind. Auch das sollten sie meiner Meinung nach machen dürfen. (Christliche Jungen bekommen z.B. ein Kreuz auf den Arm tätowiert.)"

     

    Und welche Kinder bekommen dann ihre Blutgruppe unter den Oberarm tätowiert?

    Und welche einen Davidsstern auf die Stirn?

    Und da gabs doch noch dieses "Sonnenrad".

     

    Weiß nicht so recht, ob ich das gut finden soll.

  • M
    Melisa

    Meine lieben.. Das Beschneiden gehört seit JAHRTAUSENDEN zur Tradition.

    KEINER kann diese Tradition behindern , nicht das Gesetzt, nicht die Politiker und sonst auch keiner.

     

    Vergleichbar ist es auf keinsten mit der Tättowierung eines Kindes ! Dies führt lediglich zu unnötigen Schmerzen. Jedoch ist die Beschneidung der Vorhaut nicht unbedingt uneffektiv. Ich denke ich brauche euch das nicht weiter zu erläutern. Die Vorteile kennt ihr gewiss .. ( Keine Ansammlung von Bakterien etc.. )

     

    Ihr betrachtet die ganze Sache viel zu einseitig, versucht doch mal von anderen Fenstern zu blicken..

     

    Grüße Melisa

  • HS
    Hartmut Schnarre

    Habe ich gegen die Netiquette verstoßen?

     

    Der 10. Oktober 2012 wird in der deutschen Rechtsgeschichte einen besonderen Erinnerungswert bekommen. Aus zwei Gründen:

     

    1. An diesem Tag sprach das Oberlandesgericht Frankfurt dem Kindesmörder Magnus Gäfgen für Qualen, die er durch Folterandrohung erlitt, Schmerzensgeld zu.

     

    2. Am selben Tage bringt die deutsche Bundesregierung unter Anti-Komikerin Angela Merkel einen Gesetzesentwurf in den Bundestag ein, der vorsieht, dass bestimmte Formen von "fachgerechter" Genitalverstümmlung an kleinen Jungen straf-frei sein sollen.

     

    (Lt. Frau Leutheusser-Schnarrenberger gibt es bei weniger als einem Prozent der Beschneidungen Komplikationen. Dann sollen die Pfuscher mit dem Messer doch besser auf ihre Finger Acht geben - oder sie sollen sich ordentlich versichern.)

     

    Die Ähnlichkeit meines Nachnamens mit dem der Frau Justizministerin ist zufällig und ungewollt. Aber es ist mein echter Name. Kann nix dafür.

  • J
    J.Riga

    Einfach nur widerlich.

  • E
    Erwin

    Schneidet

     

    Schnarrenberger, von der Leyen und Schröder

     

    die Klitoris ab.

     

    Dann ist auch mein Gott zufrieden.

  • W
    Werner

    So sieht also die Trennung von Staat und Vorhaut aus?

     

    Also ich wäre ja für eine sofortige Beschneidung ohne Narkose (Damit man den Bund mit Gott besser spührt) für alle in unserem Bundestag die so eine Gesetzesvorlage begrüssen.

     

    Auch Frauen! Wir wollen ja nicht diskriminierend sein...

  • AO
    Angelika Oetken

    Ich hoffe auf eine weiterhin breite Diskussion und falls dieses Gesetz verabschiedet wird, auf viele Klagen von verschiedener Seite dagegen.

     

    Liebe Politiker: macht doch lieber erstmal eure Hausaufgaben (z.B. NSU-Affäre), dann müsst ihr die Gesundheit wehrloser Säuglinge nicht opfern, um eine Diskussion darüber zu vermeiden, wie stark die Rechten in Deutschland sind.

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, Betroffene sexualisierter Misshandlung in der Kindheit

  • P
    profireader

    die einzige ethisch klar vertretbare Richtlinie ist Imho:

    Lasst es bleiben!!!!!

    Die Formulierungen sind nichts anderes als "Neudenk" auf "Neudeutsch". Ein solcher Kniefall vor eisenzeitlichen Bäuchen ist für einen säkularen Staat eine wirkliche Katastrophe.

  • F
    fra_galgario

    „Das ist ein permanenter Prozess: Je älter ein Kind wird, umso mehr ist natürlich der Kindeswille – Ablehnung, Kritik, Bedenken, Angst – zu berücksichtigen.“

    ... das wird immer noch abstruser, skurriler, abgedrehter. Warum um alles in der Welt hat ein Kind, das sich noch nicht äußern kann, weniger Recht auf körperliche Unversehrtheit als ein älteres Kind??? Solange das Kind nichts sagen kann, darf auf jeden Fall munter drauf los geschnippelt werden? Hei-li-ger Strohsack. Und so eine Frau sitzt im Kabinett.

  • E
    Eike

    Die Satanisten dürfen ihr Kind natürlich nicht tätowieren lassen, denn es gibt nirgendwo ein Satanisten-Volk mit Satanisten-Tradition. Im Prinzip könnte sich aber in Deutschland eine Satanisten-Tradition herausbilden, bei der Tätowierungen eine große Rolle spielen. In hundert Jahren dürften dann auch Satanisten ihre Kinder tätowieren lassen.

     

    Inder dürfen aber vermutlich kleinen Mädchen Blumen auf die Brust tätowieren lassen. Araber tätowieren Kindern bestimmte Symbole auf den Körper, die für ihre kulturelle Gruppe wichtig sind. Auch das sollten sie meiner Meinung nach machen dürfen. (Christliche Jungen bekommen z.B. ein Kreuz auf den Arm tätowiert.)

  • D
    Doroina

    Es muss also "der Kindeswille berücksichtigt werden" (mit 6 Tagen Lebensalter...????) und grundsätzlich ist "das Kindeswohl zu berücksichtigen". HALLOO??? Wie verquer im Kopf muss man eigentlich sein, um so zu "argumentieren"?? Zählt die körperliche Vollständigkeit - also so, wie man zur Welt gekommen und offenbar auch "vorgesehen" ist (von eben diesem "Gott", dem unterstellt wird, der Bund mit ihm hänge an einem winzigen Stückchen Haut) - nicht zum "Kindeswohl"?? Stellt die (medizinisch unnötige!) Amputation der Vorhaut nicht in sich eine Verletzung des Kindeswohls dar?? Und die Berücksichtigung des "Kindeswillen" in solch eine Empfehlung zu schreiben, wissend, dass es größtenteils um die Beschneidung von 6 Tage alten Säuglingen geht (!!), lässt tatsächlich am Verstand der Beteiligten zweifeln. Außer natürlich, es geht sowieso nicht um das Kind, den Kindeswillen und das Kindeswohl, sondern nur darum, sich selbst irgendwie schadlos aus dieser misslichen Frage herauszulavieren. Sollen die Kinder dann halt selbst sehen, wie sie ihren "Kindeswillen" durchsetzen. Das tut echt im Kopf weh!

  • WK
    Wolfgang Klosterhalfen

    Medizinisch nicht notwendige Operationen sollen von medizinisch nicht hinreichend ausgebildeten Mohalim unter medizinisch nicht akzeptablen Bedingungen (Hygiene, Betäubung) durchgeführt werden. Der eine oder andere außermedizinische Aspekt scheint tatsächlich reinzuspielen.

  • J
    Jens

    Gilt das dann auch für andere bleibende Änderungen am unmündigen Kind? Darf dann ein Satanistenpärchen ihrem Kind zum ersten Geburtstag Hörner auf die Stirn tätowieren lassen, vorausgesetzt, das macht ein staatlich geprüfter Tätowierer?