Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Bayern hat noch drei Jahre gegen Hitler, auch Wulff mag nicht alles geschenkt, und Marco Reus will Meister werden.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Es gibt also noch Reisen, die nicht mal Familie Wulff geschenkt haben will.
Was wird besser in dieser?
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Das Milliardärsbingo der US-Vorwahlen legt die versöhnliche Frage nahe, warum Maschmeyer nicht direkt kandidiert.
SPÖ-Milchbart Niko Pelinka wird jetzt doch nicht Büroleiter vom ORF-Generalintendanten. Ein Sieg der Pressefreiheit - oder gibt es demnächst einfach einen besseren Kandidaten aus dem konservativen Lager?
In dem ellenlangen Protest-Aufsager der ORF-Mitarbeiter wird im Abspann beteuert, keine ORF-Geräte oder -Gelder verwandt zu haben. Öhm. Ursprünglich war öffentlich-rechtlicher Rundfunk so gedacht und verfasst, dass er der Gesellschaft ein unabhängiges und jedermann zugängliches Forum bietet. Die Idee, von Turnverein bis Bauernbund tummelten sich engagierte Bürger in den Gremien, ist längst implodiert – übrig sind die Parteien. Das ist nicht nur Schuld der Parteien, sondern Scheitern eines von heute aus betrachtet frommen Ansatzes.
In den Niederlanden finanzieren sich alle Sender, kommerziell oder gemeinnützig, aus Werbung, Mitgliedsbeiträgen und Staatszuschüssen, die sich nach diesen Mitgliederzahlen bemessen. Da hat die rechtskonservative Regierung auch gerade beherzt reingegrapscht, und doch: Das Land ist gerade mal so groß wie NRW - und hat 23 TV-Sender, alle deutschen Macher gucken da gerne Ideen ab. Mir ist ein TV-Sender, der der Kirche gehört, lieber als eine Kirche, die in alle TV-Sender reinquatscht. Zum Beispiel.
Die US-Gesetzesvorlagen SOPA und PIPA, die ein härteres Vorgehen gegen Raubkopierer ermöglichen sollen, drohen am globalen Protest im Netz zu kippen. Kommt die Diktatur des Internetproletariats?
Inzwischen liegt der mildere Entwurf OPEN vor, der teils in Netz-Communities mitentwickelt und etwa von Google unterstützt wurde. Nach OPEN kann eine staatliche Kommission Werbe- und Bezahldienste für bestimmte Seiten stoppen: so ähnlich wurde Wikileaks in den USA getötet. Die Seite selbst jedoch bliebe hier weitgehend verschont. Die Industrie, die hier Urheberrechte sichern will, hätte mehr Unterstützung, wenn vom Profit auch etwas bei den Urhebern ankäme. So macht sich der Staat zum Büttel der Verwertungskettenknaller, Autoren, Komponisten und Urheber gehen so oder so leer aus. Wäre schick, die USA hätten ein liberaleres Recht als zum Beispiel China.
Ausnahmsweise einmal für gute Nachrichten sorgt Think-Tanker zu Guttenberg: CSU-Chef Horst Seehofer muss sich einen anderen für seine bayerische Lokalpolitik suchen, Guttenberg will nicht. Was führt KTG aber eigentlich im Schilde?
Guttenberg wird gebeten und lehnt bescheiden ab – ein schlauer Imagepflegel. Besser als weiter notgeil rumzudrängeln. Wenn die Seehofer-CSU – erst recht gegen den populären Sozi Uhde - die absolute Mehrheit wieder verfehlt, ist der Laden sturmreif. Warum Kulmbach heute, wenn er morgen München haben kann?
Ein britischer Verleger will "Mein Kampf" in kommentierter Form am Kiosk verkaufen: Hitler-Booklets neben Spiegel und Porno-Heftchen?
Kann der Freistaat Bayern, an den 45 die Urheberrechte fielen, noch drei Jahre verhindern. Damals füllten die Schwarten mit allerhand Orden, Parteibüchern und anderen belastenden Devotionalien die Schlammteiche und Kläranlagen. Ein hübsches Gesamtkunstwerk, das man nicht ohne Not aufwühlen sollte. Wirds gekauft, kann der Verleger Heftchen über den unausrottbaren Nazigeist der Deutschen an britische Kioske bringen, das soll da gut laufen. Gähn.
Ein Autohaus beglückt den Sohn des Bundespräsidenten mit einem Bobby Car, ein Marmeladenhersteller hat den Besuch Wulffs beim Deutschen Filmball 2010 gesponsert. Und nächste Woche aus dem Bellevueschen Korruptionsalltag?
Der Ältestenrat des niedersächsischen Landtages hat die Befassung verweigert; der Bundestag gar nicht erst das Thema behandelt, und einen Untersuchungsausschuss fordert einzig und unverdrossen die Linke in Hannover. Man möchte sich seitens der anderen Parteien im Februar damit befassen. Ein Punkt mag berechtigte Kritik am Gebaren vieler Medien sein. Der andere ist: Die Politik hat das Thema abgeschenkt. Die einen kapitulieren, die anderen befeuern klammheimlich die außerparlamentarische Urteilsfindung. Das ist der politische Skandal.
Und was machen die Borussen?
Marco Reus wollte zu einer Mannschaft, die Meister werden kann. Hm. Müssen wir den jetzt wieder an Gladbach verkaufen? FRAGEN: AKL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind