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Die WahrheitTage des Erbrechens

Kolumne
von Susanne Fischer

Es begann alles harmlos, mit einer dreitägigen Rundreise durch Bayern. Na gut, vielleicht ist das nicht harmlos, sondern bescheuert …

E s begann alles harmlos, mit einer dreitägigen Rundreise durch Bayern. Na gut, vielleicht ist das nicht harmlos, sondern bescheuert. Man hätte ja auch woanders hinfahren können, aber uns Norddeutsche reizt nun mal das Exotische. Bier, Bamberg und Brimborium, also Weltkulturerbe. Das Hotel war teuer und schick. Es lag mitten im Fluss und lockte mit verschiedenen Terrassen, mehr, als man an einem Tag ausprobieren kann. „Schade, dass wir morgen schon weiterfahren“, sagte ich zum Liebsten.

Der Morgen des Grauens kündigte sich mit Stereo-Magenrumpeln im Designer-Doppelbett an. Jetzt weiß ich, dass man ein Hotelzimmer mit zwei Bädern buchen sollte, wenn man eine gemeinsame Lebensmittelvergiftung für den Urlaub einplant. Der Begriff Timing gewinnt eine ganz neue Bedeutung. Außerdem war zu unserem Missvergnügen der Schuldige nicht auszumachen: Ich war für das fiese Tankstellenbrötchen unterwegs, der Liebste schwankte zwischen Eisdieleneis und Eisdielenkäsekuchen. Das hatten aber hunderte anderer Besucher auch zu sich genommen. Ob die alle kotzend in ihren Hotelzimmern lagen? Eine Marketingaktion der Stadt?

Denn natürlich mussten wir den Aufenthalt verlängern; wir waren zu schwach, um Bamberg zu verlassen. Wir reisten lieber von einer Hotelterrasse zur anderen. Als wir endlich weiterkamen, fanden wir sofort alles prima, was wir sahen. Es ist alles schön, wenn man sich nicht übergeben muss. Vielleicht wäre dieser Satz ein guter Werbeslogan für hässlichere Städte als Bamberg.

Kaum vier Wochen später war ich schon wieder dran, diesmal in Hamburg. Wie hatte ich das hübsch gestaltete, auf mehrere Ebenen verteilte Hotelzimmer bewundert! Und wie lästig war es dann, vom Bett zum Kotzraum jedes Mal eine halbe Treppe überwinden zu müssen. Diesmal ließ sich jedenfalls der Schuldige leicht bestimmen: Es war die Person, die mir am Abend vorher ein Bier zu viel eingeflößt hatte. Sie blinzelte mich graugesichtig und verzweifelt aus dem schicken Badezimmerspiegel an. Immerhin guckte sie nicht höhnisch, das tat erst der Liebste, als er sich den siebten Teller voller Leckereien vom köstlichen Frühstücksbuffet schnappte, während ich an einem Viertelbrötchen ohne Belag knabberte, und auch diese bescheidene Mahlzeit noch mehrfach unterbrechen musste. Ja, das meine ich wörtlich.

Doch der Mann, der mir mein Frühstück wegisst, hatte sich zu früh gefreut. Die nächste Reise führte in den Süden, alles traumhaft, Palmen, Bilderbuch. Da war es dann selbstverständlich wieder so weit, und diesmal war er dran. Pfefferminztee am Pool und so. Ich heuchelte Mitgefühl, während ich mir unauffällig Milchkaffee und Wein in ratsamen Dosierungen zuführte. Das wirkte moralisch einwandfrei.

Von einem Bekannten erfuhren wir übrigens neulich, dass er in Bamberg nach Verzehr besagten Eisdielenkäsekuchens ebenfalls gekotzt hatte, aber schon vor fünf Jahren. Wahrscheinlich gehört das merkwürdige Backwerk zum Weltkulturerbe.

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1 Kommentar

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  • MS
    M. Schumm

    Ein sehr witzig zum Schmunzeln geschriebener Bericht. Allerdings wäre es interessant gewesen, zu erfahren, welche Eisdiele (der vielen in Bamberg) die schuldige Brechmittel-Eisdiele war.

    Vielleicht sollte man auch noch erwähnen, das Bamberg eine wirklich sehenswerte hübsche kleine Stadt mit einer wunderschönen Altstadt ist. Ja, Bamberg verfügt tatsächlich über Weltkulturerbe. Ich hoffe, die beiden schwachen Mägen, die da unterwegs waren, hatten noch genügend Zeit neben dem schicken Hotel mit zahlreichen Terrassen sowie Designer-Bett und der besagten Eisdiele auch das noch wahrzunehmen.