Die Partei demonstriert für „Titanic“: „Wir haben den Papst besiegt“
Mitglieder von „Die Partei“ und „Titanic“ protestieren vor dem Hamburger Landgericht. Obwohl sie eigentlich schon gewonnen haben. Aber das wollten sie sich nicht nehmen lassen.
HAMBURG dapd | In verknitterten Anzügen umhüllt von Duftwolken aus Bier, Heu und Zigarettenqualm haben es sich Mitglieder der Satirepartei „Die Partei“ und Mitarbeiter des Satiremagazins Titanic an einem auf Mittelalter getrimmten Infostand vor dem Hamburger Landgericht am Freitag bequem gemacht.
Eigentlich ist Party angesagt, aber die Feier des vorherigen Abends steckt den Satirikern noch in den Knochen. „Wir haben ausgiebig gefeiert, dass die Kirche gegen die 'Titanic' eingeknickt ist“, brummt der Sprecher der Hamburger „Die Partei“, der sich Dr. hc. Mirco Pogo nennt, aber nicht so heißt. Man habe sich trotz des nun abgesagten Prozesses den Infostand zur Kunstfreiheit, dem Papst und der Titanic nicht nehmen lassen wollen.
„Auch wenn der Papst seinen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Titanic-Verlag zurückgezogen hat, wollen wir die Menschen auf die Geschichte aufmerksam machen“, sagt Titanic-Chefredakteur Leo Fischer, der sich im weißen Hemd und Anzughose von seinen Kollegen deutlich abhebt. Auslöser des Gerichtsstreits war die Juli-Ausgabe des Satiremagazins, die den Heiligen Vater mit einem großen gelben Fleck vorne und einem großen braunen Fleck hinten auf der Soutane zeigte.
Auf dem Titel stand – in Anspielung auf den Skandal um den Verrat von internen Dokumenten: „Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden!“. Der Papst hatte eine einstweilige Verfügung erwirkt, weil er sich durch die Abbildung in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlte. Der Verkauf des Titels musste daraufhin gestoppt werden, die noch nicht verkauften Exemplare wurden aus dem Handel genommen.
Aus Sicht des Titanic-Magazins war das ein Einschnitt in die Presse- und Darstellungsfreiheit. „Das war keine Anspielung auf das Alter des Papstes oder eine Veräppelung der Inkontinenz alter Menschen“, sagt Fischer. Es sei der Hinweis auf einen Missstand im Vatikan mit den Mitteln der Komik gewesen. Auch eine symbolische Hexenverbrennung und ein Aderlass mit Traubensaft vor dem Hamburger Landgericht sollten nur Hinweise auf das mittelalterliche Denken und Missstände im Vatikan sein.
„Der Pranger kommt gleich“, sagt eine Mitorganisatorin und schwenkt ihre Dose mit der Aufschrift „Weihwasser“. „Satire darf wehtun“, erklärt „Die Partei“-Mitglied, Günter Flott im Pfarrerkostüm. Dass er ein protestantisches Pastorengewand trägt, macht ihm nix: „Ich habe es im Internet erstanden und es war billig.“
ist fürs Erste des Papstes überdrüssig
„Wir hätten weder mit der Klage noch mit dem unerwarteten Rückzug des Papstes gerechnet“, erklärt Titanic-Justiziarin Gabriele Rittig. Schließlich habe es zuvor schon viel schlimmere Karikaturen des Heiligen Vaters gegeben. „Dagegen war unsere Satire ja im wahrsten Sinne des Wortes Pipifax“, meint Rittig. Wäre es zum Prozess gekommen, standen der Anwältin zufolge die Chancen für Titanic nicht so schlecht: „Ich glaube es war offen.“ Wenn es einen Anlass gebe, würde sie auch noch einmal ein Cover mit einer Papstdarstellung befürworten.
Chefredakteur Fischer hat jedoch fürs Erste genug vom Vatikan. „Wir haben den Papst besiegt. Was gibt es Schöneres?“, sagt Fischer. Zudem habe der Rechtsstreit ihre Auflage von den üblicherweise 70.000 Heften verdoppelt. „Wir haben 140.000 Hefte verkauft und die 9.000 Euro Prozesskosten muss nun auch der Vatikan tragen“, fügt Fischer hinzu. Kioskbesitzer hätten sogar erzählt, dass ganze Ladungen der Juli-Ausgabe gekauft worden seien. In diesem Sinne sei es ein Erfolg auf ganzer Linie. Doch nun wolle sich die Titanic wichtigeren Themen zuwenden, etwa der kommenden Bundestagswahl.
„Jetzt können wir uns ja eigentlich alles erlauben“, sagt Fischer und grinst. Gerade die SPD-Troika werde in der kommenden Zeit sicherlich ein Thema werden. Rechtsstreitigkeiten seien auch dort zu erwarten. „Die SPD ist humorlos“, sagt Justiziarin Rittig. Während die CDU nie etwas gegen die Satiredarstellungen unternehme, gebe es seitens der Sozialdemokraten fast immer Protest. Die Titanic wolle dennoch ihrem Ansatz treu bleiben. „Wenn sich die Möglichkeit und der Anlass bietet, etwas satirisch darzustellen, dann wird die 'Titanic' das auch weiterhin machen“, sagt Rittig. Kein Thema sei tabu.
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