piwik no script img

Die Brandstifter von Berlin67 Autos brennen in vier Nächten

Erneut brennen in einer Nacht elf Autos ab. Für Hans-Christian Ströbele sind die Anschläge unpolitisch. Ähnlich sieht es die Berliner Polizei. Mit Terrorismus habe das nichts zu tun.

Nur bescheuerte Mutproben oder doch sozialer Protest? Bild: dapd

BERLIN dpa/rtr | Die Serie von Brandanschlägen auf Autos in Berlin geht weiter. In der vierten Nacht in Folge setzten Unbekannte in mehreren Stadtteilen Fahrzeuge in Brand. Insgesamt wurden in der Nacht zum Freitag elf Autos angezündet, zwei weitere Versuche blieben vergeblich. Zudem wurden nach Angaben der Polizei sieben Fahrzeuge durch Feuer in Mitleidenschaft gezogen.

Seit der Nacht zum Dienstag sind damit durch Brandstiftungen und übergreifende Flammen in der Hauptstadt 67 Fahrzeuge ganz oder teilweise beschädigt worden.

Der Berliner Grünen-Bundestagsabgordnete Hans-Christian Ströbele glaubt nicht an einen politischen Hintergrund für das Gros der Brandanschläge auf Autos in der Bundeshauptstadt. "Das scheint mir eine Art Prestigegerangel zu sein zwischen denen, die das machen, und der Polizei", sagte Ströbele am Freitag in der ARD.

Anschläge nur Mutproben?

Es handle sich womöglich eher um so etwas wie Mutproben für die Täter mit schlimmen Folgen. "Das ist eine schwere Straftat, die auch verfolgt werden muss", machte Ströbele deutlich. Autobesitzer würden geschädigt und Anwohner in große Gefahren gebracht.

Auch bei der Berliner Polizei werden die Taten als unpolitisch eingestuft. Sie fahndet nicht vorrangig nach Tätern aus linksautonomen Kreisen. "Wir gehen nicht davon aus, dass die linksextreme Szene hinter den Taten steckt", sagte die amtierende Berliner Polizeipräsidentin Margarete Koppers am Donnerstag.

Dies schließe nicht aus, dass sich der oder die Brandstifter auch in der linksextremistischen Szene oder an ihrem Rand bewegten. Koppers wies aber den von Bundespolitikern gezogenen Vergleich zum Terrorismus entschieden zurück. "Es hat mit Terrorismus gar nichts zu tun. Eine ernsthafte politische Zielsetzung ist nicht erkennbar." Sie betonte: "Die Täter haben eher eine pseudopolitische Motivation und sind Mitläufer.

Nur drei Anschläge nach bisherigen Muster

Doch ersten Erkenntnissen der Polizei zufolge passen nur drei Anschläge zu den Brandstiftungsserien der vergangenen Nächte, betroffen waren fünf Autos in Köpenick, Moabit und Rudow. In den ersten Morgenstunden schien es keinen richtigen Schwerpunkt und verschiedene Motive der Brandstifter zu geben.

Die Feuerwehr und Polizei gingen davon aus, dass die Zahl der Brandstiftungen im Vergleich zu den frühen Morgenstunden der Nächte zuvor abnahm, weil in der Nacht ein Gewitter mit starkem Regen über Teile Berlins zog. Seit der Nacht zum Dienstag wurden bei Brandstiftungen rund 50 Autos ganz oder teilweise beschädigt. Bis 3.30 Uhr am Freitag waren fünf Autos betroffen.

In der Nacht zum Freitag brannten sechs Autos auf einem Schrottplatz am Adlergestell in Treptow-Schmöckwitz. Ein Zusammenhang wurde nicht vermutet. Die Polizei sicherte dort Einbruchsspuren. Etwas später fingen allerdings unweit in der Köpenicker Dregerhoffstraße zwei weitere Autos Feuer. Die Beamten gingen in diesem Fall von Brandstiftung aus, der auf den ersten Blick in das Muster der vergangenen Nächte passe.

Das gleiche galt für eine Brandstiftung in Moabit in der Stromstraße. Dort stand gegen 1.15 Uhr ein Auto auf einem Hinterhof in Flammen, ein weiteres wurde beschädigt. Kurz nach drei brannte es dann auch in Neukölln-Rudow im Buchbinderweg: ein geparktes Mittelklasse-Auto stand in Flammen.

Ein Auto wurde wohl vom Besitzer in Brand gesetzt

Bereits vor Mitternacht war ein Auto in der Kreuzberger Taborstraße angezündet worden. Doch hierbei handele sich um eine Brandstiftung mit völlig anderen Motiven, denn das hochwertige Cabriolet sei als gestohlen gemeldet. Auch die Art der Brandstiftung sei eine andere als in den vergangenen Nächten gewesen, sagte die Polizei. Das Feuer sei ins Innere des Wagens gelegt worden.

Seit der Nacht zum Dienstag hatten Polizei und Feuerwehr in Berlin immer wieder mit nächtlichen Brandstiftungen an Autos zu kämpfen. Bislang konnten die unbekannten Täter erfolgreich flüchten.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Vortag große Sorgen über die nicht abreißende Serie von Brandanschlägen auf Autos in Berlin geäußert. In diesem Jahr sind in Berlin schon weit über 100 Autos abgefackelt worden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • S
    suswe

    Terroristisch sind diese Anschläge nicht zu nennen. Eher eine unökologische Protestform/Mutprobe als Steigerung der zerschlagenen Bierflasche.

    Oder ist es etwa eine Verschwörung der Autoindustrie?

  • B
    Boumedienne

    Typisch Deutsch: mein Auto ist mir heilig !!! Wen interessieren diese Autobrände ? Wir sind doch alle versichert, schliesslich besteht Versicherungs-Pflicht. Wenn mein Auto abbrennt, hole ich mir ein neues. Also, weshalb diese ganze Aufregung ? Es gibt Menschen, die schlafen auf der Strasse. Es gibt Menschen, die werden eingesperrt, nur weil sie nicht die richtigen Papiere haben. Unsere Gefängnisse sind voll mit jungen Männern, die sich nur mal ein paar Joints gegönnt haben. Es gibt mehr und mehr Menschen, die trotz Arbeit immer noch arm sind. DAS sollte uns beschäftigen - nicht diese brennenden Autos - denn die sind Sache der Versicherungen.

  • L
    Lindtal

    RC-Jets wurden öfters beobachtet ,wie sie im Sturtzflug auf Parkendende Autos zuflogen .

  • A
    Anti

    Diese Anschläge als "Terrorismus" zu bezeichnen stellt sie auf eine Stufe mit 11. September, den Selbstmordattenäter jedweder Farbe, etc. ...

    Aber wenn der deutsche Innenminister jetzt auch "Fahndungserfolge" fordert, dann sagt das einiges über diesen Verständnis von Rechtsstaat aus so wie über das seiner Unterstützer.

  • RR
    Rolf Richard

    Ist es die Wut der Hilflosen, der Ausgegrenzten, der vorsätzlich produzierten Versager? Die deutschen "Eliten" sollten sich mal fragen, was in ihrem Staat alles falsch gelaufen ist und immer noch anhält. Mit brutalen Maßnahmen wie Cameron in England ist es dann nicht getan, sondern nur mit einer Weichenstellung hin zu einer sozialeren, gerechteren, aber auch fordernden Gesellschaft. Einige hundertausend Milliarden wurden durch die Banken verbrannt, jetzt kommen die Jammerlappen und heulen über verbrannte Autos. Natürlich müssen die Schäden vom Staat ersetzt werden, er hat dieselbe Verpflichtung wie bei den Banken. Oder genießen die Bankster ein Vorzugsrecht????

  • H
    Hyper472

    Wie sagte der Regierende so schön: "Wir können nicht hinter jedes Auto einen Polizeibeamten stellen".

    "Hurra!", sage ich da, wie gut, dass wir so einen cleveren Mann an der Spitze des Bundeslandes haben! Ohne ihn hätte sicher niemand bemerkt, dass es hier mehr Autos gibt als Polizeibeamte. Gut, dass wir den gewählt haben, was wären wir nur ohne ihn?

    Und überhaupt, es handelt sich ja gar nicht um Brandstiftung und Sachbeschädigung, nein, die Täter "zündeln" ja nur. Zündeln? Das war doch mal das, was wir als Jungs mit gefundenen Streichhölzern gemacht haben. Also zwar verboten, wenn auch nur aus Prinzip, aber im Grunde genommen nichts besonderes und in dem Alter auch nicht wirklich vermeidbar.

    Großartig ist der Vorschlag, dass die Bürger sich gefälligst selbst um das Problem kümmern sollen. Schließlich ist Wahlkampf, und da hat der Regierende sicher einige ganz besonders wichtige Party-Termine. Ist also nicht sein Problem, womit er ja auch nicht ganz unrecht hat: wird seine Karosse angezündet, zahlt´s ja der Steuerzahler aus Bayern oder Baden-Württemberg.

    Der Standpunkt des "Regierenden" zusammengefasst:

    1. Kann ich mich jetzt nicht drum kümmern.

    2. Ist auch Euer Problem, nicht meins.

    3. Regelt Ihr das, ist nicht mein Niveau.

  • B
    broxx

    Die Anschläge sind für Ströbele doch nur unpolitisch weil er kein Auto zum Abbrennen hat. Zündet ihm doch mal sein Fahrrad an, wetten das er dann auch bockig wird...

  • K
    Kati

    Nun stellen wir uns mal vor, da wären Neonazis/NPDler unter Verdacht. Da wäre der Aufschrei aber groß bis hin zum Verbotswunsch. Keine linksextremistischen Täter? Lustig. Zumindest für die vorhergehenden Brandanschläge wurden die Täter in der linken Szene vermutet. Und? Alles kein Problem. Burn, burn, burn.Diese Republik geht an der Verlogenheit ihrer politisch-medialen Darsteller zugrunde.

  • C
    counter

    Terrorismus muss doch nicht per se politisch sein. Also sind diese Anschläge durchaus als Terror zu bezeichnen.