Deutschlands Fußballerinnen ohne Fans: Frauen zurück in der Nische
Im deutschen Frauenfußball ist vom erhofften WM-Schub kaum etwas zu spüren. Mit 10.000 Zuschauern gegen Schweden wäre Managerin Fitschen bereits zufrieden.
HAMBURG taz | Der eine oder andere wird sich schon gewundert haben, warum am Montag zur Mittagszeit in einem Hamburger Einkaufsmarkt in der Barnerstraße plötzlich so ein Gedrängel herrschte. Aber das kommt heutzutage vor, wenn Fußballerinnen wie Alexandra Popp und Lena Goeßling Autogramme geben.
Und vergangenen Donnerstag in der Fritz-Köhne-Schule hatten die Organisatoren sogar eine große Bühne aufgebaut, um Fatmire Bajramaj und Melanie Behringer einen musikalischen Empfang zu bereiten, ehe die Kinder ihre unzähligen Fragen stellten. Basisarbeit bei der deutschen Frauen-Nationalmannschaft ist halt auch in den Post-WM-Zeiten noch unerlässlich.
Trotzdem lässt sich nicht verhindern, dass die Protagonistinnen dieses Sommers gegen die mit Bronze dekorierten Schwedinnen am Mittwoch (18 Uhr/live ARD) in einem halbleeren Millerntorstadion antreten.
Knapp 8.500 Tickets sind verkauft, bei 10.000 Zuschauern würde Managerin Doris Fitschen "von einem ordentlichen Niveau" sprechen. Sind immerhin ja hundertmal so viele, wie am vergangenen Samstag im versprengten Mogosaia-Stadion von Bukarest das EM-Qualifikationsspiel Rumänien gegen Deutschland (0:3) sahen.
Ein trostloses Ambiente im Nirwana der Hauptstadt, was auch den 1,56 Millionen Fernsehzuschauern vor allem eines vor Augen führte: Der Frauenfußball ist nicht nur mit der Bundesliga, sondern auch mit der DFB-Auswahl zurück in seiner Nische. "Wir haben nie die Erwartungshaltung besessen, dass es so weitergeht wie bei der WM", sagt Doris Fitschen. Doch hätte das erste Länderspiel nach dem gehypten Großereignis, das EM-Qualifikationsspiel gegen die Schweiz in Augsburg, auch mehr als 6.632 Besucher locken können, "da waren wir unzufrieden".
Schuld sind die neuerdings in einen Fifa-Rahmenterminkalender gepressten Spieltermine, die ein Frauen-Länderspiel in direkte Konkurrenz zu einem Bundesligaspieltag der Männer setzen - aus deutscher Sicht ein Irrsinn. "Deswegen haben wir bei der Fifa einen Vorstoß gemacht, den Rahmenterminkalender der Frauen an die Länderspiele der Männer zu koppeln und ihn auch flexibler zu gestalten", verrät die Nationalmannschaftsmanagerin.
Das Team von Silvia Neid, so die Idee, würde dann einen Tag oder ein paar Stunden vor der DFB-Auswahl von Joachem Löw antreten, um so auch dem Wunsch der Sponsoren nach einer breiteren Plattform zu entsprechen.
Live und in Farbe: Deutschland gegen Kasachstan
Gerade die Qualifikation für die EM 2013 in Schweden ist in jeder Hinsicht ein hartes Brot. Bundestrainerin Silvia Neid spricht von einer "Phase der Neustrukturierung", die aber gegen zweit- und drittklassige Kontrahenten teils in der Anonymität stattfindet.
Nach dem Schweden-Happen in Hamburg wird es innovative Ideen oder immens viele Freikarten brauchen, um am 19. November gegen Kasachstan die Arena des Drittligisten Wehen Wiesbaden halbwegs zu füllen. Das ZDF sendet immerhin an einem Bundesliga-Samstag um 15.45 Uhr live - so sieht es der gültige Fernsehvertrag vor. Ausverkaufte große Arenen, gigantisches Einschaltquoten bleiben auf absehbare Zeit ein einmaliges Sommermärchen.
Auch Botschaften, dass die Frauen-Bundesliga ihren Zuschauerschnitt um 40 Prozent gesteigert hat, sind mit Vorsicht zu genießen. 1.163 Zuschauer (statt zuvor 834) sind durchschnittlich bislang gekommen. Von der WM ist nur ein bisschen Boom geblieben - vornehmlich in den Hochburgen beim 1. FFC Frankfurt, FCR Duisburg, Turbine Potsdam.
Gerade die unter dem Dach der Männer-Bundesligisten firmierenden Klubs haben weiter Probleme mit dem Publikum. Bayer Leverkusen (bisheriger Zuschauerschnitt 450), Bayern München (555), Hamburger SV (578) und SC Freiburg (674) bilden das Endes des Resonanz-Rankings.
Ein Umstand, der Theo Zwanziger unlängst zu einer spitzen Bemerkung veranlasste. "Wie will eine Liga weiterkommen, wenn nur 200, 300 Zuschauer kommen - und das unter dem Dach der Männer", lästerte der DFB-Präsident. "Der Frauenfußball ist noch längst nicht dort, wo wir gerne nach der Frauen-WM wären."
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