Demo für die Clubs in Berlin: „Gema over“
Vor der Berliner Gema-Direktion versammeln sich am Donnerstag tausende Demonstranten. Es war ein bisschen wie damals bei der Loveparade.
BERLIN taz | Nach einer Kundgebung in der Keithstraße 7, Bezirksdirektion der Gema, versammelten sich am Donnerstagnachmittag tausende Menschen am Kurfürstendamm um gegen die neue, für 2013 geplante Gebührenverordnung der Musikverwertungsgesellschaft zu protestieren. Die „Initiative Fairplay – Gemeinsam gegen GEMAinheiten“, ein Bündnis von Berliner Clubs, Veranstaltern, Leuten aus der Szene und Kulturarbeitern, hatte dazu aufgerufen.
Clubbesitzer organisierten mit Soundanlagen und Dancefloors ausgestattete Busse und Lastwagen. Auf diesen waren Plakate zu lesen wie: „Gema verliert Augenmaß“, „Geh ma!“ „Dagegen antanzen“ „must survive in berlin city“ und viele mehr. Sie fürchten schlichtweg um ihre Existenz. Raven gegen die Gema.
Es mutete fast wie die ehemalige Loveparade an – nicht umsonst wählte man den Weg über den Kurfürstendamm. Das Publikum war bunt gemischt und feierwütig: Raver, Hipster, Hippies, aber auch ganz „normales“ Volk. Fast jeder mit einer Bierflasche in der Hand. Sogar die grüne Jugend schwenkte Fahnen und ganz vereinzelt sah man Anonymous-Masken.
„Wenn die geplante neue Gebührenordnung 2013 tatsächlich, wie geplant, umgesetzt wird, geplant, bedroht das die Existenz der Berliner Clubs. Wie es derzeit aussieht, kommt es zu einer durchschnittlichen Erhöhung der Gema-Gebühren um 600%“ sagt Florian, 26, Schichtleiter im Berliner Brunnen70. „Das ist unbezahlbar.“
„GEMAinsam austreten“
Das Problem ist groß. Berlin hat einen hervorragenden Ruf in der Clubszene, viele Touristen kommen nur deshalb in die Stadt. „Das ist schädlich. Und: wir verlieren unsere Jobs“ sagt Florian. Tatsächlich sieht man überall Parolen gegen die Gema: „Gema exekutiert meinen Arbeitsplatz“, „sing together, fight the power“, „Gema over“ und besonders originell: „GEndarme MAlvenue“. Die Demo führt an einem Atelier vorbei, vor dem ein Plakat aushängt: „Ge Ma austreten – Ausstellung heute 19-22 Uhr“.
Der Widerstand gegen die mächtige und in vielen Augen unverhältnismäßige Gema vereint Menschen aus verschiedendsten Milieus. Keiner will in einem Berlin ohne Clubkultur leben. Es ist mittlerweile schon die dritte Demonstration gegen die geplante Tarifreform. Mit jedem Mal werden es mehr Menschen und mehr Wagen. Diesmal ist sogar das Berghain dabei. „Damals waren es so 6000, heute hoffen wir auf 8000 oder mehr. Mal sehen, wie viele noch kommen. Geht ja jetzt erst richtig los“, sagt Florian.
Weiter vorne steht ein älterer Mann mit einem Plakat auf dem steht: „Komponisten aller Länder vereinigt euch. GEMAinsam austreten.“ Daneben steht ein junger Mann, der Flyer verteilt, die zur Gründung alternativer, demokratischer und transparenterer Musikverwertungsgesellschaften aufruft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen