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Debatte EurobondsVon wegen Wunderwaffe

Kommentar von Karl Lauterbach

Sie werden Deutschland viel Geld kosten und sie verstoßen gegen die jetzige europäische Verfassung. Die Zeit für Eurobonds ist noch nicht reif, sagt Karl Lauterbach.

I n der Diskussion um die Eurokrise werden Eurobonds wie eine Wunderwaffe gehandelt. Wenn sich gebeutelte Länder wie Griechenland, Portugal und Irland der Eurobonds bedienen könnten, heißt es, statt selbst bei angeschlagener Bonität am Kapitalmarkt Anleihen tätigen zu müssen, dann könnte die Spekulation gegen sie sofort beendet werden. Italiens Finanzminister etwa beklagt gerade, dass Eurobonds die jetzt dort vorgesehenen Strukturmaßnahmen einschließlich der höheren Steuern für Reiche überflüssig gemacht hätten.

Die Zinsen für Staatsanleihen für Deutschland liegen derzeit so niedrig wie noch nie. Griechenland muss dagegen mehr als 15 Prozent zahlen. Deshalb kann sich das Land am Kapitalmarkt kein Geld mehr besorgen und ist auf Anleihen aus IWF- und EU-Rettungsschirmen angewiesen. Gäbe es hingegen eine gemeinsame Staatsanleihe aller Länder der Eurozone, so die Logik der Eurobondfans, dann könnte gegen einzelne Länder nicht mehr spekuliert werden und auch teure Rettungspakete würden überflüssig.

Zwar wären unsere Staatsanleihen und somit auch langfristig die Zinsen für bereits vorhandene Schulden vielleicht etwas höher, doch immerhin könnten nicht nur die Kosten weiterer Rettungspakete vermieden werden, sondern der Euro gerettet und auf lange Sicht durch den so gesicherten Export in Europa volkswirtschaftliche und steuerliche Gewinne gemacht werden. Vielleicht sogar entwickelte der Eurobonds eine solche Attraktivität, dass die Zinsen für Deutschland sogar noch weiter sinken könnten. Heureka! Das klingt nach einer kompletten Win-win-Angelegenheit - und nur die bösen Spekulanten verlören.

Bild: Wolfgang Borrs
KARL LAUTERBACH

ist Professor für Gesundheitsökonomie und seit 2009 Gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Zudem ist er stellvertretendes Mitglied des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags.

Weder politischer noch ökologischer Selbstläufer

Leider sind die Dinge nicht so einfach. Um es gleich zu sagen, ich lehne die Einführung von Eurobonds nicht grundsätzlich ab. Aber sie kann erst erfolgen, wenn einige wichtige Voraussetzungen erfüllt wurden. Keineswegs ist sie ein politischer oder ökonomischer Selbstläufer.

Zunächst muss jedem klar sein, dass die Einführung von Eurobonds die dauerhafte (!) Einführung einer Transferunion in Europa bedeutet. Wenn Länder mit guter Bonität einen Teil ihrer Bonitätsvorteile an andere verschenken, so trägt die Kosten dafür der Steuerzahler - in diesem Fall der deutsche Steuerzahler. Wir werden für die vorhandenen Rekordschulden in Zukunft, d. h. insbesondere jüngere Menschen, höhere Zinsen bezahlen müssen, und den Schuldenberg abzutragen wird eine noch größere Aufgabe werden. Dass Eurobonds unsere besonders niedrigen Zinsen für Staatsanleihen erreichen oder unterbieten, ist Wunschdenken. Unsere Zinsen sind ja gerade in dem Maße und dadurch niedriger geworden, dass die Anleihen anderer europäischer Länder an Attraktivität verloren haben.

Schlechtere Bonität durch Eurobonds gemeinsam mit einer allgemeinen Zinssteigerung könnten unseren Haushalt so stark belasten, dass wir unsere Ausgaben drastisch verringern müssen.

Eurobonds sind sehr teuer

Allein die Einführung der Eurobonds ohne allgemeine Zinssteigerung kann 30 Milliarden pro Jahr langfristig kosten. Das ist mehr, als wir für die Pflegeversicherung insgesamt ausgeben. Strikte Sparmaßnahmen und eine harte Schuldenbremse sind daher Voraussetzungen für die Einführung von Eurobonds. Wenn einzelne Länder sich lieber an relativ günstigen Eurobonds bedienen, statt rigoros zu sparen, werden andere zu Recht reklamieren, dass sie durch ihre Einsparungen und Disziplin den günstigen Zinssatz sichern, für den die weniger disziplinierten sich Geld leihen. Schnell kann der Eindruck entstehen, dass Deutschland spart, damit andere sich günstiger verschulden können, als es ihnen wirtschaftlich zusteht. Daher müssen sich vor der Einführung von Eurobonds alle beteiligten Länder auf strikte Schuldenbremsen und entsprechende Sanktionsmöglichkeiten verständigen.

Eine weitere Voraussetzung ist die politische Legitimation von Eurobonds. Die Grundlagen des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission sehen nicht vor, dass Europa eine Transferunion ist. Der Lissabon-Vertrag und der Maastricht-Vertrag verbieten sogar solche Transfers. Also müssen die Bürger Europas über die neuen Grundlagen informiert werden und müssen neu abstimmen.

Ob es eine Zustimmung für Europa als Transferunion durch neue Verträge vor der Konsolidierung der Haushalte aller Mitgliedsländer geben wird, ist aber nicht klar. Es ist ein Unterschied, ob in kurzfristigen Rettungsaktionen von einem oder zwei Mitgliedsländern auch wiederholt die Regierungschefs im Notfall vor der Befassung der Parlamente eine Rettungsaktion durchziehen oder ob ich die Grundlagen der Europapolitik gravierend und dauerhaft ohne Befassung der Parlamente oder gar Volksentscheide verändere.

Spekulanten erzwingen Reform

Damit kein Missverständnis entsteht, ich gehöre zu den Befürwortern einer Wirtschaftsunion Europa, selbst dann, wenn es unseren Wohlstand nicht unbedingt fördern würde. Es geht mir dabei mehr um das politische Gewicht Europas und den Einfluss auf internationale Menschenrechtspolitik und anderes. Aber hier muss mit offenem Visier gekämpft werden. Gerade die Idee eines geeinten Europas kann nicht durch Trickserei und eine Art Parallelgesetzgebung durch die Regierungschefs an den Parlamenten vorbei beschlossen werden.

Der Rettungsschirm durch EFSF und ESM ist daher eine Brücke, über die alle Länder Europas gehen müssen, die den Prozess der politischen und wirtschaftlichen Vereinigung wollen. Hier müssen einzelne Länder um Unterstützung nachfragen, die sie nur gegen hohe Auflagen erhalten werden. Die Einrichtungen erzwingen quasi die Strukturreformen, die Voraussetzung für die Schaffung einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftspolitik sind. Der Wandel wird daher durch den Finanzmarkt einschließlich der Spekulanten beschleunigt, sie sind nützlich.

In Italien sind es die Spekulanten, die die notwendigen Reformen erzwingen, und ein verfrühter Eurobond hätte sie verhindert, mit entsprechendem Langzeitschaden für Europa.

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5 Kommentare

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  • IN
    Ihr NameThomas Hauschild

    Die hohen Zinsen, die Länder bezahlen müssen, wenn sie sich zu hoch verschulden entsprechen doch eigentlich den "Strafen" die jetzt gegen diese Länder ins Gespräch gebracht werden. Anscheinend wurden diese Konsequenzen für "Sünderländer" vergessen in die Eurovertäge einzuarbeiten.

     

    Das wären eigentlich die logischen Massnahmen, die zum Masshalten in der Haushaltspolitik anspornen würden.

     

    Was mich nur wundert ist, das diese hohen Zinsen anscheinend ganz plötzlich und unerwartet durch die bösen Ratingagenturen

    über Nacht auf nichtsahnende Länder losgelassen werden.

  • R
    Rentner66

    In der Diskussion über Eurobonds gehen auch diejenigen, welche vor einer Fortsetzung der Verschuldungsdynamik oder vor dem Einstieg in die Transferunion warnen, davon aus, dass Eurobonds zunächst von den Kapitalmärkten günstig aufgenommen werden könnten. Aber wie sicher ist das ?

     

    Haben die US-Ratingagenturen nicht letztes Jahr - ganz am Anfang dessen, was später als Euro-Krise bezeichnet wurde - auf die Bürgschaftserklärung der EU-Staaten für Griechenland mit der Herabstufung dieses Staates reagiert ? Damals war die Bürgschaftssumme so überschaubar, dass die bürgenden Staaten sie problemlos hätten schultern können. Es bestand also kein wirklicher Grund für eine Herabstufung. Trotzdem fand sie statt. Später haben die US-Ratingagenturen das im Euro-Rettungsschirm bereitgestellte Garantievolumen klein gerechnet, weil sie nur für den Anteil zu einem erträglichen Rating bereit wären, welcher durch Triple-A-EU-Staaten garantiert wird, und damit die EU vor sich hergetrieben.

     

    Kann man derzeit wirklich ausschließen, dass dahinter Euro-schädliche politische Absichten stecken ? Wer sagt denn, dass es die US-Ratingagenturen mit den Eurobonds nicht genauso machen würden ? Wenn das Eurobonds-Volumen den Betrag übersteigt, den Triple-A-EU-Staaten derzeit im Euro-Rettungsschirm garantieren, dann wird das nicht nur Auswirkungen auf das Rating des darüber hinaus gehenden Eurobonds-Volumenanteils sondern auch auf das Rating der Eurobonds als Ganzes haben. In der Folge käme auch eine Herabstufung der garantierenden Triple-A-EU-Staaten in Sicht.

     

    Im Ergebnis könnte die Einführung von Eurobonds nicht nur zu unerträglich hohen Eurobondzinsen führen, sondern auch die Zinsen der Anleihen der Triple-A-EU-Staaten selbst in die Höhe treiben. Die dann eingeführten Eurobonds ließen sich aber psychologisch nicht mehr rückgängig machen, sodass dann der Euro und vielleicht die EU wirklich am Ende wären.

  • N
    Normalo

    Mann, Mann, Mann.

     

    Dass ich mal etwas aus der Feder von Karl Lauterbach lesen würde, bei dem mir nicht sofort der Kamm schwillt, hätte ich nie gedacht. Danke für die interessanten und überraschend merkel-konformen Ausführungen!

     

    Ich hoffe nur, das war auch mit dem Harzer Roller und den anderen Wahlkämpfern der SPD so abgesprochen...

  • ME
    Michael Ecker

    Eine Transfer-Union haben wir doch jetzt schon: Unser Exportüberschuß gegenüber anderen Euro-Ländern lässt dort Schulden auflaufen, die dann wiederum von uns über Rettungsschirm oder andere Mechanismen bezahlt werden. Da wäre es doch sinnvoller, das erstens gleich offen zu legen und zweitens einem Regelwerk zu unterziehen.

    Eurobonds taugen nur dann was, wenn sie nicht jedes Land selbst ausgeben kann, also seine Schuldenmacherei automatisch durch die anderen verbürgen lassen kann.

    Eurobonds dürfen nur durch ein dafür zu schaffendes, unabhängiges Institut ausgegeben werden - ein Land, das Kredit braucht, beantragt dort die Ausgabe von Eurobonds zu seine Gunsten. Diese Ausgabe erfolgt aber nur dann, wenn es nachweist, die bei der Gründung des Eurobonds-Instituts vereinbarten Kriterien zu erfüllen. Dann braucht es nur noch eine Änderung der EU-Verträge, durch die die Ausgabe von nationalen Anleihen verboten wird, und schon haben wir ein wesentlich sinnvoller einzusetzendes und kontrollierbares Instrument als die sog. "Schuldenbremse" herkömmlicher Art.

  • Y
    yberg

    wollen wir nicht abwarten ,ob reformen in den krisenstaaten,zu denen ich auch unser land zähle,greifen.allein die tatsache,daß jetzt wieder nach zusätzlicher liquidität aus steuermittel für unsre banken gekräht wird,zeigt,daß die bankenkrise zu keinem zeitpunkt gelöst war und ist.Dass nullzins der fed und minizinsen der ezb die lage der banken nicht verbessern ,zeigen die schwächen unsrer privaten geschaftsbanken

    auf.starke regierungen würden kapitalmaßnahmen von den bankeigentümern einfordern und so die eigentümer nicht mitziehen können oder wollen oder sich dem ansinnen verweigern die läden verstaatlichen.die entschädigung für alteigentümer klären wir anschließend gerichtlich.all zu teuer kann das nicht werden,da wir das"hochprofitable"investmentkanking von der verstaatlichung ausnehmen.mit 750 milliarden neuem eigenkapital aus dem efsf fond können die banken aufkapitalisiert werden und diese gelder billigst an die öffentlichen hände unsrer mitgliedsländer ausgereicht werden.

    was hält unsre weltenretter davon ab erst mal uns selbst zu retten.liegt dies zu nahe...