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DJV gegen Castor-AkkreditierungDie tun nichts, die wollen nur googeln

Seltsame Akkreditierungspraxis der niedersächsischen Polizei: Journalisten sollen sich anmelden, wenn sie über den Castortransport berichten wollen.

Journalisten oder Demonstranten? Damit es nicht zu Verwechslungen kommt, sollen sich Medienvertreter akkreditieren. Bild: dapd

Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) kritisiert die Akkreditierungspraxis der Polizei vor dem Castortransport Ende November nach Gorleben. "Wir befürchten, dass Journalisten von BKA und Verfassungsschutz durchleuchtet werden, wenn sie bei der Polizei einen Akkreditierungsantrag stellen", sagt DJV-Sprecher Hendrik Zörner.

Die niedersächsische Polizei empfiehlt allen Journalisten, die vom Atommülltransport berichten wollen, neben regulären Presseausweisen eine vorherige Akkreditierung bei der zuständigen Polizeidirektion Lüneburg. Dort prüfe man, ob ausreichend Arbeitsproben vorlägen und der Antragsteller tatsächlich Journalist sei, so eine Sprecherin der Lüneburger Polizeidirektion.

Falls der Antragsteller der Prüfung standhält, stellt die Polizei einen Akkreditierungsausweis aus. Der Ausweis solle "Einsatzbeamten vor Ort" ermöglichen, Medienvertreter auf einen Blick und ohne längere Prüfung zu erkennen. Zwar akzeptiere man im Einsatzgebiet des Castors auch reguläre Presseausweise, der von der Polizei ausgestellte Ausweis ermögliche jedoch volle Mobilität, ohne längere Wartezeiten an den Kontrollpunkten.

Der DJV kritisiert dieses Verfahren. Er vergebe, nach strengen Kriterien, zusammen mit weiteren fünf Verbänden einen Presseausweis, der sich in Deutschland als anerkanntes Dokument durchgesetzt hat, so DJV-Sprecher Zörner. Jedes Jahr schicke man der Polizei ein Musterexemplar. "Beamte im Einsatz könnten die Ausweise der Journalisten mit einem unserer Musterexemplare vergleichen."

Die Polizei Lüneburg tritt den Befürchtungen des DJV entgegen. Man werde die Journalisten, die einen Akkreditierungsantrag stellen, nicht durchleuchten. "Wir geben die jeweiligen Namen lediglich bei Google ein", so eine Sprecherin der Polizeidirektion Lüneburg.

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14 Kommentare

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  • TO
    Torsten Oestmann

    @maybeadayoff:

     

    Noch mal schönen Dank für den Wikipedia-Artikel - hatte ich noch gar nicht gemerkt, dass man da von uns abgeschrieben hat ;-)

     

    Es handelt sich hierbei um den Originaltext unserer ersten Pressemitteilung zu dem Thema aus 2008 - den verwenden wir seitdem zumindest für diesen Bereich relativ unverändert.

     

    Hier werden wir 2010 mit den Aussagen auch in der TAZ zitiert:

    http://www.taz.de/!60867/

     

    Tja, wer hat da wohl von wem abgeschrieben?

  • TO
    Torsten Oestmann

    @maybeadayoff:

     

    Ich bin nicht der Leiter der PD Lüneburg, sondern nur verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit der Landespolizei bei diesem Einsatz.

     

    Ich verstehe den Einwand nicht so ganz, denn niemand hat gesagt, dass man sich akkreditieren lassen muss...es werden keine Rechte beschnitten! Die freiwillige (!) Akkreditierung (oder nennen Sie es Durchlasshilfe) dient als Hilfestellung zum schnelleren Erkennen von Journalisten - denn z.B. auch der Ausweis des DJV findet mittlerweile sehr ähnlich aussehende Nachahmer. Schauen Sie sich mal den Ausweis des DVPJ an - der sieht sehr ähnlich aus (sogar ein Hologramm sitzt an der gleichen Stelle), und den gibt es laut Angaben der entsprechenden Homepage ohne jeden Nachweis einer journalistischen Tätigkeit! Da müssen wir dann schon genauer schauen, ob es sich hier um Journalisten handelt (z.B. durch Arbeitsnachweise).

     

    Und bei aller Liebe und Medienfreundlichkeit - wir können nicht jeder Einsatzkraft auch noch die verschiedensten Stilblüten aller möglichen und unmöglichen Presseausweis nahebringen und vor Ort in langwierige genaue Prüfungen einsteigen - daher übernehmen wir diese Prüfung, und nur diese, als Service vorweg.

     

    Damit das hier nicht zum Chat wird, können Sie mich auch gerne kontaktieren unter

    pressestelle-castor@pd-lg.polizei.niedersachsen.de

     

    Torsten Oestmann

  • M
    maybeadayoff

    @Herr Oestmann, Leiter der Pol.Direktion Lüneburg

     

    Zur Ihrem Punkt:

     

    "2. Es handelt sich um ein freiwilliges Angebot, auch ohne diesen Akkreditierungsausweis kann jeder Journalist die normalen Presserechte im Einsatzzraum für sich beanspruchen."

     

    Anscheinend ist das in Ihrer Einsatzplanung nicht vorgesehen, denn welchen Grund mag es haben, dass Sie in Ihrer von Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Presseausweis#Ausstellung) geguttenbergten Pressemitteilung (http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/18181/2140593/pol-castor-polizeieinsatz-zum-castor-transport-2011-medienakkreditierung) speziell den Hinweis weggelassen haben, dass es eine gesetzliche Regelung zum Presseausweis eben genau aus dem Grund nicht gibt, weil es einen Eingriff in die Pressefreiheit darstellt. Was also, außer eben dieser Eingriff, ist ihre Akrreditierungsaktion, wenn Sie mit dieser eine - wenn auch vorrübergehende - Regelung der Vereinheitlichung erreichen wollen?

     

    Ich wunder mich bloß, letztlich muss natürlich das BVerfg die durch die Behörden gestutzten Grundrechte wieder drankitten

  • TO
    Torsten Oestmann

    Hallo,

     

    ich glaube, in dem Artikel ist die Aussage einer Kollegin etwas verkürzt dargestellt:

     

    1. Es wird kein Journalist sicherheitsüberprüft.

     

    2. Es handelt sich um ein freiwilliges Angebot, auch ohne diesen Akkreditierungsausweis kann jeder Journalist die normalen Presserechte im Einsatzzraum für sich beanspruchen.

     

    3. Bei gebräuchlichen Ausweisen reichen diese als Grundlage für eine Akkreditierung.

     

    4. Erst bei wenig gebräuchlichen Ausweisen in Kombination mit nicht zeitgerecht eingereichten Arbeitsnachweisen kommt "Google" in's Spiel: In diesen Zweifelsfällen wird versucht, Arbeitsnachweise im Internet zu finden, um doch noch akkreditieren zu können. Ansonsten wird niemand "gegoogelt". Bei gut 800 Akkreditierungen im letzten Jahr waren das übrigens nur um die zwanzig Fälle...

     

    5. Die Erfahrungen der letzten beiden Jahre sind, auch was die Rückmeldungen der Journalisten betrifft, durchweg positiv.

     

    Dies nur als kleine Anmerkung aus der Polizeipressestelle.

     

    Torsten Oestmann

    Polizeidirektion Lüneburg

  • ZZ
    Zeddo Zappel

    Deutschland ist das einzigste Land in welchem so ein Drama wegen diesen Transporten gemacht wird.

    Wenn man bei "Goldherstellung" nachliest kommt heraus das bei der Kernschmelze als Abfallprodukt Gold ensteht (scheinbar nur in kleinen Mengen aussen man kippt Harz oder Bernstein dazu. ah und nen Ionenwirbel braucht man wohl auch und etwas Blei... Die Radioaktivität ist eine Folge der Goldherstellung sieht man ja auch bei den Ägyptern und etlichen "verfluchten" Goldschätzen oder bei "Skorbut" der eigentlich die Strahlenkrankheit war weil die Deppen verstrahltes Gold überschifft hatten....) - Jetzt dürft ihr 3 x raten was in diesen riesen Tresoren drin ist...

    Ps. Atome spalten um eine Dampfmaschine zu betreiben... haha, klar die technische Meisterleistung schlechthin. Da drehn sich Tesla und Schauberger im Grabe um wenn sie das wüssten.

  • RK
    Rosa Kreuzberg

    So, so, die Namen der Journalisten werden "nur" gegoogelt ...

     

    Liebe Journalisten, lasst Euch nicht abschrecken und berichtet umfangreich von den Ereignissen rings um den Castor- Transport.

    Die Aktivisten vor Ort brauchen die Unterstützung durch die Medien.

    Diese neuen Modalitäten zeigen, wie wichtig Eure Arbeit ist.

    Ich hoffe, dass jetzt schon vor Ort genügend Presseleute sind...

  • I
    ika

    Beinhaltet die Definition von "Durchleuchten" nicht auch das googlen des namens -.- pressefreiheit ist schon cool

  • FW
    Franz Wust

    oh, so ganz im stil von brot und spielen oder eines popkonzertes akkreditierungen zu vergeben ist sicher im sinne der gewaltenteilung.

    die namen in google einzugeben ist eine lächerliche darstellung für eine zukünftig präventive unterbindung von kritischer pressearbeit.

     

    wehret den anfängen.

  • H
    Hafenpirat

    @goog le

    Ich hoffe, das war Satire.

  • I
    ilmtalkelly

    Das geht in Gorleben mit Sicherheit auf Behinderung der nicht Akkreditierten aus. Dort wird vo der Polizei gegen so manches Grundgesetz verstoßen, warum nicht auch gegen die Pressefreiheit.

  • CB
    Claus Berger

    Und der Polizeipresseausweis schützt u.a. die FotojournalistInnen dann vor polizeilichen Eingriffen in das Grundgesetz § 5GG (Pressefreiheit), die "präventiv Bilder löschen" wollen, "denn es könnte sein, dass Sie (die FotojournalistInnen) das Foto veröffentlichen wollen." So (nicht nur) geschehen am vorletzten Wochenende an der Castorstecke im Wendland.

    Wir dürfen gespannt sein was wir dieses Jahr noch alles erleben werden wenn über den Castortranport berichtet werden soll.

  • TT
    tss tss

    tss tss, wie oft wird das denn noch hochgeschrieben? Letztes Jahr war das noch entspannter:

     

    http://www.taz.de/Castor/!60867/

     

    2008 war's ja noch neu:

     

    http://www.taz.de/Castor-Berichterstattung/!24710/

     

    Nicht alle haben den Ausweis des DJV - bewusst nicht.

  • F
    FranKee

    Lieber @googlen,

     

    Ich hoffe einfach mal, mir ist die Satire deiner "Ideen" entgangen. Es sei denn, Du möchtest aus Journalisten artig PM-aufsabbernde "Berichterstatter"-Hündchen am Spielfeld- bzw. Laufstegrand machen. Was gefühlte 90% der Meute leider heute schon sind...

     

     

    Im öffentlichen Raum gibt es übrigens kein "Hausrecht". Auch wenn die Polizei überaus gerne, ja auch in diesem Fall, so tut als ob.

     

    Mancher Teilzeit Journalist liefert übrigens bessere Arbeit ab als die Vollzeit-Kollegen. Warum? Weil er es sich leisten kann!

     

    Vollzeit-Pressefotografen sind (bedauernswerterweise!) salärmässig eher Krankenschwestern als Ingenieure. Nur dass Krankenschwestern nicht mal eben hier 4000 für'n Body, da 5000 für'n Objektiv bezahlen müssen, um up to date zu bleiben.

     

    Deshalb ist das Vollzeit-Kriterium von DJV erbärmliche Pfründe und Abschottung. Ich sage nur: Mundus volt decipi.

     

    Fairerweise dürfe es also *nur* nach Ergebnissen/ Veröffentlichungen der letzten 12 Monate gehen... da darf sich der DJV erstmal an die eigene Nase packen.

     

     

    Und ja, man kommmt zum Glück mit dem Hut in der Hand auch ohne einen dieser (100% inoffiziellen) Ausweise (und fragwürdigen Jahresbeiträge) hinreichend weit: Stadion Innenraum, hinter der Polizeikette, Häuserdächer, Sendestudios. Alles eine Frage der Organisation und Höflichkeit.

     

     

    Notfalls genügen auch: schlechte Laune, dickes Objektiv und modisch fragwürdiger Outdoor-Look als pressefotografische Tarnung :+)

     

     

    Ein von den Teilzeit-Leuten.

  • GL
    goog len

    Richtige Ausweise wären per Handy-App überprüfbar. Auch von der Polizei.

    Dann könnte man Journalisten auch mal für einen Monat den Ausweis sperren, wenn sie gegen den Ehrenkodex verstoßen haben.

    Es gibt auch DJV-Gegner die absichtlich auf den Ausweis verzichten.

    Umgekehrt gibts Websites die sich z.b. für Spiele-Konferenzen oder andere Spezial-Events akkreditieren lassen aber regulär wohl keinen Presseausweis haben.

    Ausweise für Fotografen u.ä. gibt es auch. Automatisierte Erkennung und Abfrage der (einzuhaltenden) Status- und Ehren-Regeln wären heute kein Problem.

    Dann kann man z.B. klare Ansagen machen und Foto-Verträge per Phone in der Hand verbindlich aushandeln. Oder die Reporter downloaden sich die Regeln (Hausrecht) per Phone für die jeweilige Veranstaltung und halten sich auch dran.

    Aber viele nutzen noch FAX und lehnen wohl deshalb auch Digitalkameras ab.