CO2-Lagertechnik gescheitert: Vattenfall gibt CCS-Kraftwerk auf
Der Plan, in Brandenburg im großem Stil CO2 zu verpressen, ist vom Tisch. Vattenfall steigt aus. Derweil kippt die Landesregierung ihre Klimaziele und setzt weiter auf Braunkohle.
BERLIN taz | Der schwedische Energiekonzern Vattenfall hat seine Pläne für die CO2-Einlagerung in Deutschland beerdigt. "Das ist ein herber Rückschlag für Innovation, Klimaschutz und die deutsche Wirtschaft", sagte Vattenfalls Deutschland-Chef Tuomo Hatakka.
Das Unternehmen plante, 1,5 Milliarden Euro in das 3.000-Megawatt-Kraftwerk Jänschwalde zu investieren, um ab 2016 ein Teil des Kraftwerkes mit der sogenannten CCS-Technologie auszustatten. CCS steht für "Carbon Capture and Storage", dabei soll CO2 aus den Abgasen gefiltert und unterirdisch gespeichert werden.
Grund sei die "fortwährende Hängepartie um das deutsche CCS-Gesetz", teilte Vattenfall mit. Hintergrund sind jahrelange Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über eine Erprobung der Technik. Kürzlich scheiterte ein Gesetzentwurf im Bundesrat. Zwar liegt es momentan im Vermittlungsausschuss, eine Einigung gilt als unwahrscheinlich. In den betroffenen Regionen gab es heftige Proteste gegen die umstrittene Technik.
Die rot-rote Landesregierung in Brandenburg will trotzdem an der Braunkohle festhalten und dafür die 2007 beschlossenen Klimaschutzziele nicht einhalten. Deshalb gerät sie immer mehr in die Kritik. Die Bundes-SPD widerspricht mit ihren Parteitagsbeschlüssen vom Wochenende der Regierung um SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke).
Darin heißt es, über die bereits genehmigten Kraftwerke hinaus sollen nur noch Kraftwerke für fossile Brennstoffe gebaut werden, die schnell und flexibel genug sind, um sich an fluktuierende erneuerbare Energiequellen anpassen zu können. "Das können also nur Gas- und keine Kohlekraftwerke mehr sein", erklärt der klimapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Frank Schwabe.
Entgegen der Koalitionsvereinbarung
Die Linke hatte sich im Wahlkampf für einen mittelfristigen Braunkohleausstieg ausgesprochen und nur zögerlich der Koalitionsvereinbarung zugestimmt. Doch nun können sich die Braunkohlekritiker der Linksfraktion auf genau diese Koalitionsvereinbarung berufen. Dort heißt es: "Neue Kraftwerke soll es in Brandenburg nur geben, wenn damit die in der Energiestrategie 2020 festgelegten CO2-Reduktionsziele von 40 Prozent bis 2020 und weiteren 35 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 erreicht werden können."
Mit einem Neubau in Jänschwalde werden die Reduktionsziele deutlich verfehlt - das stellte selbst das Wirtschaftsministerium in Potsdam in einer Studie fest, die es zur Vorbereitung einer neuen Energiestrategie erarbeiten ließ.
"Wenn es zu einem Neubau kommt, kann ich das auf keinen Fall mittragen und werde die Konsequenzen ziehen", sagte der Linkspartei-Abgeordnete Michael Luthardt der taz. Das Umweltministerium von Anita Tack (Linke) hatte ein Energieszenario ohne Neubau in Jänschwalde vorgeschlagen, bei dem die Reduktionsziele erreicht würden. Brandenburg hat bundesweit die höchsten Pro-Kopf-CO2-Emissionen.
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