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Bürgerkrieg in SyrienKämpfe in Damaskus

Regierungstruppen und Aufständische haben sich in der Nacht zum Montag laut Medienberichten in der syrischen Hauptstadt heftige Kämpfe geliefert. Ein Stadtteil soll komplett abgeriegelt sein.

Während in Damaskus um die Opfer der Bombenanschläge vom Wochenende getrauert wird, gehen die Kämpfe weiter. Bild: dpa

DOHA/DAMASKUS dpa/dapd | In der syrischen Hauptstadt Damaskus ist es in der Nacht zum Montag Medienberichten zufolge zu Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Einheiten der oppositionellen Freien Syrischen Armee gekommen. Wie der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira am Morgen unter Berufung auf Aktivisten meldete, seien im Al-Mezzeh-Viertel westlich des Stadtzentrums mindestens fünf Explosionen zu hören gewesen. Eine Aktivisten berichtete dem Sender telefonisch von schweren Schusswechseln. Außerdem würden Hubschrauber über dem Stadtteil kreisen. Sicherheitskräfte hätten den Bereich abgeriegelt. Nach Angaben des Senders sind in Al-Mezzeh auch mehrere Regierungseinrichtungen und Botschaften untergebracht.

Die Kämpfe in Damaskus folgten auf ein blutiges Wochenende, an dem bei einer Serie von Anschlägen in der syrischen Hauptstadt und der zweitgrößten Stadt Aleppo Dutzende Menschen getötet worden waren.

Allein am Samstag wurden nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana und von Oppositionellen mehr als 30 Menschen bei drei Explosionen in der Hauptstadt in den Tod gerissen. Am Sonntag explodierte ein weiterer Sprengsatz in Aleppo. Oppositionsaktivisten teilten mit, dass drei Menschen getötet und mindestens 25 verletzt wurden. Laut Sana starben ein Mitglied der Sicherheitskräfte und eine Frau, 30 weitere Menschen seien verletzt worden. Wegen der Medienblockade des Assad-Regimes ist eine unabhängige Überprüfung der Meldungen kaum möglich.

Seit fast drei Monaten gibt es in der Krisenregion immer wieder Bombenanschläge auf Institutionen der Sicherheitskräfte. Die Regierung macht Terroristen dafür verantwortlich, die Opposition das Regime selbst. Seit Beginn des Aufstandes gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad am 15. März 2011 wurden nach UN-Schätzungen mindestens 8000 Menschen getötet. Syrische Aktivisten gehen von mehr als 9.000 Toten aus.

Wie das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) am Montag in seinem Bericht über den weltweiten Waffenhandel mitteilte, hat Syrien in den Jahren 2007 bis 2011 fast sechs Mal so viele Waffen importiert wie in den fünf Jahren zuvor. 72 Prozent der syrischen Waffen kämen aus Russland, das die syrische Regierung trotz des amerikanischen und europäischen Waffenembargos weiter mit Waffen beliefere, hieß es in dem Bericht . Einzelheiten zur Entwicklung der Waffenlieferungen nach Beginn des Aufstandes in Syrien im März 2011 nannte das Institut nicht.

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5 Kommentare

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  • A
    Ant-iPod

    Ich fände es gut, wenn sich alle Seiten an die Fakten halten würden.

    Fakt ist, dass eine Wohnung - vermutlich mit einer Rakete/Panzerabwehrwaffe und automatischen Waffen - in einem Stadtteil von Damaskus beschossen worden ist.

     

    Es ist bedenklich, wenn aus diesem Schusswechsel "schwere Gefechte" in den deutschen Medien gemacht werden - hier muss ich den Vorrednern ausdrücklich Recht geben. Bei "schweren Gefechten", denkt man an so was wie die Wehrmacht bei Smolensk oder den Kampf um Berlin 1945.

     

    Was ich schwierig finde, ist zu beurteilen, wer da nun auf wen, wie und warum, geschossen hat. Assads Medien behaupten, sozusagen ein "Terroristennest" ausgehoben zu haben und bedauerlicher Weise gezwungen gewesen zu sein, anstatt einer Festnahme, ein Feuergefecht zu führen. Die Opposition behauptet, die FSA habe einen hochrangigen Offizier entführen zu wollen - der wohl für diverse Verbrechen verantwortlich sein soll - was offenbar sehr schief gegangen ist, da er besser bewacht war, als erwartet. Auch geben sie weit höhere Opferzahlen an.

     

    Was in diesem Fall die Wahrheit ist... offen gestanden: Keine Ahnung!

    Ich kann syrischen Medien keinen Glauben schenken, da sie einfach zu oft und zu offensichtlich gelogen haben. Mein Vertrauen in andere Medien, welche sich einer höflich formuliert: "reisserischen Sprache" bedienen, ist im Sinkflug...

     

    Einen Christoph Hörstel als Quelle anzugeben, würde mir im Traum nicht einfallen, denn dessen Glaubwürdigkeit steht auch in Zweifel - unvergessen bsw. sein offener Brief an den Generalbundesanwalt einschließlich unverholener Rücktrittsforderung.

    Dieser Mann stellt zwar hier und da die richtigen Fragen und ich will nicht alles verdammen, was er sagt, aber eine "glaubwürdige Institution" sieht meiner Ansicht nach anders aus.

     

    Ich finde es auch nicht hilfreich, die Frage aufzuwerfen, was denn in den USA oder anderswo vermeintlich unter gleichen Umständen geschehen würde. Einerseits, weil die Umstände im Land insgesamt nicht vergleichbar sind und andererseits, weil die Polizei in demokratischen Staaten - ja, auch in den USA! - zuerst und vor der Armee bei Verbrechen eingesetzt wird und in der Regel eine Strategie der Deeskalation betreibt. So etwas haben die so genannten Sicherheitskräfte in Syrien zu keinem Zeitpunkt getan. Deshalb sind solche Vergleiche aus meiner Sicht unpassend.

     

    Die taz hat hier eigentlich eine Gelegenheit, sich durch eine akkuratere Wortwahl positiv aus der deutschen Presselandschaft abzuheben und wie meine Vorredner finde ich es bedauerlich, dass sie dies nicht tut. Ganz zu schweigen davon, investigativem Journalismus zu betreiben und Vorfälle wie diesen von beiden Seiten zu beleuchten, die Fakten zu benennen und durch einen gesonderten Kommentar ggf. eine Bewertung der Fakten vorzunehmen. Dafür appeliere ich an die Redaktion.

  • T
    toddi

    KEINE schweren Gefechte in Damaskus

    Montag, 19. März 2012 , von Freeman um 12:00

     

    Die westlichen Medien berichten heute, es hätten in der syrischen Hauptstadt Damaskus in der Nacht auf Montag heftige Kämpfe zwischen syrischen Tuppen und Einheiten der oppositionellen Freien Syrischen Armee gegeben. So sollen schwere Schusswechsel erfolgt sein und es würden Hubschrauber über dem Stadtteil kreisen. Die Medien berufen sich dabei auf den Nachrichtensender Al-Jazeera.

     

    Wie sich herausstellt ist das alles nicht der Fall, wie mir Christoph Hörstel der in Damaskus sich als Augenzeuge befindet berichtet. Al-Jazeera hat hier wieder ein Schauermärchen erfunden. Es ist ein weiterer Beweis, Al-Jazeera ist ein reiner Propagandasender und die westlichen Medien plappern alles nach, sind die Helfershelfer der Desinformation.

     

    Al-Jazeera behauptet, bei den gefechten wären 80 Menschen getötet und 200 verletzt worden. Es habe sich um die schwersten Gefechte im Zentrum von Damaskus seit Beginn des Volksaufstands vor einem Jahr gehandelt, sagte der Leiter der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman.

     

    Wie Christoph Hörstel vor Ort mir berichtet, ist das alles nicht wahr. In Wohnviertel Mezzeh kam es wohl zu einer Schiesserei, aber es ging um die Erstürmung eines Verstecks von bewaffneten Terroristen in einem Gebäude. Dabei wurden drei Terroristen getötet und einer verhaftet. Im Versteck gefunden wurde ein Waffenlager bestehend aus Maschinengewehren und Granaten. Ein syrischer Soldat verlor sein Leben bei dem Einsatz und drei wurden verletzt. Kreisende Helikopter wurden keine gesichtet. Zivilisten wurden nicht betroffen, denn die syrischen Sicherheitskräfte evakuierten das Gebäude vor der Aushebung des Terrornest.

     

    Hier eine Aussenansicht der Wohnung im Stadtteil Mezzeh, welche als Waffenlager für Terroristen diente. Der Besitzer der Wohnung ist ein saudischer Staatsbürger:

     

    Hier weiterlesen: Alles Schall und Rauch: KEINE schweren Gefechte in Damaskus http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2012/03/keine-schweren-gefechte-in-damaskus.html#ixzz1pcZyuT99

  • HL
    Henning Lilge

    Sehr geehrte Taz,

     

    das steht in der WELT:

     

    Saudi-Arabien wittert auch eine Chance

     

    Die syrische Regierung hat noch jemanden, den sie reflexartig beschuldigt: Saudi-Arabien. Die Zeitung "Al-Baath", Sprachrohr der gleichnamigen syrischen Regierungspartei, schrieb, "von ausländischen Mächten finanzierte und bewaffnete Terroristen" hätten die Anschläge verübt.

     

    Dazu passt, dass ein hochrangiger arabischer Diplomat berichtete, Saudi-Arabien habe über Jordanien Militärgüter an die Freie Syrische Armee (FSA) geliefert. Es handele sich um eine Initiative, um die "Massaker in Syrien" zu beenden. Dazu passt auch, dass sich die beiden Könige der Nachbarstaaten vor kurzem in Riad getroffen haben.

     

    Saudi-Arabien wittert in der schweren Krise auch eine Chance: Es will das Syrien des alawitischen und Iran-freundlichen Diktators Baschar al-Assad aus dem schiitischen Halbmond herausbrechen und der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit zur Macht verhelfen. Dann wäre Syrien wieder ein natürlicher Verbündeter Riads im Ringen um die Vormachtstellung in der Region, gegen den schiitischen Irak und den ebenfalls schiitischen Iran also.

     

     

    Ein offenes Geheimnis

     

    Riad ist in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich, es würde nicht zögern – ebenso wenig wie das kleine aber außenpolitisch auf vielen Feldern mitspielende Katar –, die syrische Opposition zu bewaffnen. Am Golf ist es ein offenes Geheimnis, dass Riad das bereits tut: Durch enorme Geldzuwendungen, die die Rebellen zum Kauf schwerer, Panzer brechender Waffen in den Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts nutzen.

     

    König Abdallah hat gerade in einer seiner seltenen Fernsehansprachen seinem Volk verkündet, dass er das Vertrauen in die Vereinten Nationen zunehmend verliere. Er setzt lieber selbst Zeichen und ließ zuletzt die Botschaft seines Reiches in Damaskus schließen.

     

    Sein 75-jähriger Außenminister, Saud al-Faisal Bin Abdulaziz al-Saud, Enkel des Gründerkönigs Adulaziz und vierter Sohn des 1975 ermordeten Königs Faisal, sieht es mit seinen 37 Amtsjahren etwas gelassener. "Natürlich arbeiten wir mit den Vereinten Nationen zusammen. Wir respektieren auch China und Russland, aber ihr Veto gegen die UN-Resolution zu Syrien war ein unfreundlicher Akt. Wem wollen sie gefallen?" fragt er rhetorisch bei einer Audienz in Riad. "Ihr Veto wird ihr Ansehen in der Welt nicht erhöhen."

     

     

    Selbstkritik? Fehlanzeige

     

    In der Frage der Bewaffnung der syrischen Opposition gibt sich der Polit-Veteran sibyllinisch: "Assad begeht ein Massaker an seiner Bevölkerung. Es ist unmenschlich, das mit ansehen zu müssen und zu wissen, dass sich die Menschen nicht wehren können. Ich denke, es ist unsere Pflicht, die Syrer in die Lage zu versetzen, sich wehren zu können." Im Klartext heißt das: Bewaffnung. Direkt, wie der arabische Diplomat behauptet, oder indirekt durch Geldmittel.

     

    ... was steht davon in der TAZ? - Vollinformation - Fehlanzeige!

     

    Mit freundlichen Grüssen

    Henning Lilge

  • HS
    Hari Seldon

    Direkte Info aus erster Hand (von meinen Kollegen aus Syrien). Gestern wurde eine Wohnung in Damaskus (Versteck für "unbewaffnete und friedliche Zivilisten und Aktivisten") durch Sicherheitskräften gestürmt. Die "friedlichen und unhewaffneten Zivilisten und Aktivisten" haben mit Maschinengewehren (250 Schuss Magazin!), und RPGs "friedlich" gegen die Sicherheitskräfte gekämpft. Bitte, wieviele Hubschrauber würden in den USA gegen "friedlichen und unbewaffneten Aktivisten" im Einsatz sein, falls diese "Aktivisten" mit Maschinengewehren schiessen? Wie groß wäre die eingesetzte SWAT-Mannschaft? Bitte, in welchem Land der Welt wurden solche "unbewaffneten und friedlichen Aktivisten" toleriert? Die Kriegshetzer haben offensichtlich große Probleme, wenn schon die Erstürmung einer Wohnung als "heftige Kämpfe" bezeichnet ist. Die TAZ Jungs und Mädels sollten schon langsam nachdenken, was für Blödsinn hier in den Artikeln nachgeplappert wird. Nur der Herr Donath kann dieses Niveau mit seinen Putin-Hasstiraden unterbieten.

  • T
    Thomas

    Die nachfolgenden Informationen aus dem SIPRI Bericht habe ich aus SPON vom 19.03.2012:

    "Unter anderem versorgte Moskau das Regime in Damaskus von 2007 bis 2011 mit Flugabwehrsystemen und Seezielflugkörpern, die für die Streitkräfte des Landes keinen unmittelbaren Nutzen im Kampf gegen die Rebellen haben. Allerdings hätten sie die Möglichkeiten Syriens erhöht, sich gegen eine militärische Intervention von außen zur Wehr zu setzen, sagte der Sipri-Forscher Pieter Wezeman"

     

    Zumindestens relativiert das die Aussagekraft der Waffenimporte beim Kampf gegen die Aufständigen (sofern sich bei Krieg überhaupt "relativieren" lässt)