Bürgerkrieg in Syrien: Erbitterter Kampf um Aleppo
Die Schlacht um Aleppo ist die bislang wichtigste Machtprobe im Krieg zwischen Rebellen und Regierung. Trotz des militärischen Ungleichgewichts ist der Ausgang offen.
BERLIN taz | Syrische Regierungstruppen haben am Sonntag ihren Angriff auf die Wirtschaftsmetropole im Norden des Landes fortgesetzt. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete aus Aleppo, dass Kampfhubschrauber das Feuer auf die Stellungen der Rebellen konzentrierten.
Besonders die Stadtteile Salaheddine und Saif al-Daula im Südwesten der Stadt seien unter Beschuss genommen worden. Der koordinierte Angriff der Regierungstruppen hatte am Samstag begonnen. Dabei kamen auch Panzer, Artillerie und Kampfflugzeuge zum Einsatz.
Ein Reporter der BBC, der am Samstag noch aus Aleppo berichtet hatte, meldete am Sonntag von außerhalb der Stadt, dass er heftige Kämpfe im Stadtzentrum habe ausmachen können. Die Gefechte hätten sich auf einen Bezirk in der Nähe der historischen Zitadelle konzentriert.
Eine Kollegin der Agentur Reuters, die sich noch in Aleppo aufhielt, bestätigte ebenfalls heftige Kämpfe in den Innenstadtbezirken. Die Straßen der Viertel, die von Rebellen kontrolliert werden, seien menschenleer. Viele Menschen seien vor den drohenden Angriffen aus der Stadt geflohen.
Kampf um das wirtschaftliche Zentrum des Landes
Die Schlacht um das wirtschaftliche Zentrum des Landes gilt als die bislang wichtigste Machtprobe zwischen Regierung und Rebellen. Die Regierungstruppen können sich allerdings auf die größten militärischen Ressourcen und eine weit überlegene Feuerkraft stützen.
Nach eigenen Angaben war es den Rebellen am Samstag dennoch gelungen, den ersten Angriff abzuwehren. Die syrische Regierung gab sich aber siegesgewiss. Sie ließ erklären, dass die „Sicherheit“ in der Stadt in Kürze wiederhergestellt sei.
Der Chef des oppositionellen Syrischen Nationalrats, Abdulbaset Saida, sagte in einem Interview mit der Agentur afp in Abu Dhabi, dass jetzt alle Staaten zur Unterstützung des bewaffneten Aufstands aufgerufen seien. „Wir fordern Waffen, mit denen wir die Panzer und die Kampfjets stoppen können“, erklärte er in Abu Dhabi. Er forderte die „arabischen Brüder und Freunde auf, die Freie Syrische Armee zu unterstützen“.
Russland und China weiter gegen schärferes Vorgehen gegen Assad
Auf der diplomatischen Ebene gab es keinerlei Bewegung. Diverse europäische Regierungsmitglieder von Außenminister Guido Westerwelle bis Frankreichs Präsident François Hollande signalisierten ihre Unterstützung für die Gegner von Baschar al-Assad. Russland und China machten erneut klar, dass sie ein schärferes Vorgehen im UN-Sicherheitsrat nicht zulassen würden. Der Krieg dürfte an Intensität zunehmen.
Nach übereinstimmenden Angaben von der UN bis zu Menschenrechtsorganisationen wurden bislang mehr als 20.000 Menschen in diesem Konflikt getötet. Die Zahl der Flüchtlinge sowohl innerhalb des Landes wie im Ausland nimmt beständig zu.
Jordanien errichtete am Wochenende das erste offizielle Lager für Syrien-Flüchtlinge in dem Ort Saatar, etwa 11 Kilometer von der Grenze entfernt. Es soll 10.000 Flüchtlinge aufnehmen, könnte aber bis auf 100.00 aufgestockt werden. Etwa 2.000 Menschen kommen pro Tag aus Syrien nach Jordanien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen