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„Bild“ trotz „Bild“-Verweigerung zum 60.Eine „Bild“ ist eine zu viel

Einige der insgesamt 250.000 Bild-Verweigerer fanden das Blatt trotz Widerspruch am Samstag in ihren Briefkästen. Einen Plan von Springer vermutet Campact dahinter aber nicht.

Wer nicht will kriegt trotzdem: „Bild“-Verteilaktion am 23.6.2012. Bild: dapd

„In hohem Maße verärgert“ war Harry Herr, als er am Samstagmorgen einen Blick in seinen Briefkasten warf. Weil er wusste, dass der Springer-Verlag zu seinem 60. Jubiläum 41 Millionen deutsche Haushalte mit einer kostenlosen Bild „beschenken“ wollte, hatte er mit Hilfe des Kampagnen-Netzwerks Campact längst Einspruch eingelegt.

Denn dieses „Hetzwerk“, sagt Harry Herr, will er nicht einmal geschenkt bekommen „Ich habe dieses unsägliche Papier in meiner blauen Tonne entsorgt und dabei an den Regenwald gedacht.“, schreibt Harry Herr noch am gleichen Tag an den Springer-Verlag. Zurück bekommt er eine Entschuldigung, aber keine Begründung.

Harry Herr ist nicht der einzige, der das Boulevard-Blatt trotz Widerspruchs erhalten hat. Wenige Tage vor der Gratis-Verteilaktion hatte Springer angekündigt, dass die Verweigerer statt einer Bild einen großen, roten Umschlag mit einer Bestätigung des Widerspruchs erhalten sollten. Bei Campact und bei der taz meldeten aufgebrachten Menschen, die wie Harry Herr eine Bild oder sogar eine Bild und einen roten Umschlag erhalten haben.

Mit den roten Umschlägen wollte es der Springer-Verlag den Postangestellten nach eigener Aussage einfacher machen. Etwa 50.000 Postboten sollen für die Großaktion geschult worden sein. Auch die Deutsche Post bestätigt, ihre Mitarbeiter penibel vorbereitet zu haben. Einer der Widerspruch eingelegt hatte, schreibt an Campact, wie er morgens die Bild in seinem Briefkasten fand und nachmittags der Postbote klingelte, um sie wieder abzuholen. Springer hatte sich bei vielen Postangestellten mit seiner Aktion nicht beliebt gemacht, das zeigen verärgerte Beiträge im Postbotenforum.

Ein Gutes hatte der Brief: In ihm bestätigte der Springer-Verlag, dass die Daten der Betroffenen nach Abschluss der Jubiläums-Aktion sofort gelöscht werden. Davon geht auch Susanne Jacoby von Campact aus. Trotzdem will das Netzwerk den Datenschutzbeauftragten bitten, das Löschen der Daten zu überprüfen.

Campact will jetzt erst einmal die Rückmeldungen auswerten. Bislang liegen die Fälle, bei denen doch eine Bild zugestellt wurde, noch im Promillebereich. Von systematischen Verletzungen der Widersprüche von der Springer-Seite geht Susanne Jacoby erst einmal nicht aus.

Genauso möglich ist es, dass die Betroffenen versäumt haben, auf den Link in der Bestätigungs-E-Mail zu klicken oder ihre Adresse nicht vollständig angegeben haben. „Wenn wir die Rückmeldungen ausgewertet haben, können wir entscheiden, ob weitere Schritte sinnvoll sind“, sagt Jacoby.

Während sich einige über den roten Briefumschlag ärgerten, weil sie nichts aus dem Hause Springer in ihrem Briefkasten wünschen, war der Umschlag für andere eine Auszeichnung dafür, dass sie sich für mehr Qualitätsjournalismus eingesetzt haben. Einige Betroffenen, die ungewollt eine Bild erhalten hatten, haben das Blatt einfach zurück in einen Briefkasten der Post geworfen. Torsten Klieser aus Oldenburg entschied sich für eine spektakulärere Variante: Zusammen mit Freunden verbrannte er sein Exemplare öffentlich.

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25 Kommentare

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  • H
    HamburgerX

    Alles zurücksenden/stromboli:

     

    Ihre Rhetorik klingt doch ziemlich nach dem Motto "ab jetzt wird Bombe für Bombe vergolten"

     

    Ihre Gefühlswelt unterscheidet sich vielleicht nicht so sehr von denjenigen, die sie zu bekämpfen meinen.

  • AZ
    Alles zurücksenden

    @stromboli:

    Prima Aufforderung zum originellen Handeln. Als ob es Gedankenübertragung wär'; was von Ihnen gemacht wurde, habe ich mit einer Anstalt öffentlichen Rechts bereits im letzten Jahr gemacht; und es hat funktioniert.

    Gar nicht erst zurückweisen (dann hat es vorher eine Entgegennahme und mithin ein Akzeptieren des zugesandten Wort-Mülls gegeben), sondern mit einem Vermerk des Nichtzutreffens der Postsendung an den Absender portofrei zurücksenden oder den Wortmüll in der Psotstelle des Absenders abgeben. Nicht zurückgeben, denn zurückgeben setzt eine vorherige Entgegennahme des Wortmülls voraus.

    Beim Wortmüll-Verursachen Müll verursachen; eben Sch**** mit Sch**** beantworten.

  • N
    Neugierig

    Ich hätte doch zu gern einen Link zum genannten "Postbotenforum". Wär das möglich, den nachzuliefern?

  • S
    stromboli

    Die Verlagsleitung hat sich einen abgerubbelt , um ihren Spass mit den Verweigerern zu haben, und sich mit dem ROTEN BRIEF würdig in die reihe deutscher Unkultur der Denunziation einreiht., die für die Markierung ihrer Feinde immer eine farbliche Nuance übrig hatte.

    Und dass alles, nur damit die Herren und Damen da im Springerverlagshochhaus ihren Jux haben?

    Was früher mal der gelbe stern sein durfte, um sich über andere lustig machen zu können sich überlegen zu fühlen ,hat nun BLÖD und ihre Verlagsmitläuferschaft erfolgreich neu in Szene gesetzt. Mitnichten bewusst, weil zum bewussten handeln gehört auch ein denkender kopf. . Aber Dummheit ist auch keine Entschuldigung!

    Nicht dass mich der Scharlach-ROTE Umschlag ( früher auch synonym für denunziation.. was ja der spass der verlagsaktion sein sollte!) um den Schlaf gebracht hat. Eher hat er mir bestätigt dass jeder, einstmals gegen springer geworfene Stein so nachträglich seine Berechtigung erhält! Und es macht letztendlich auch stolz, nicht Empfänger und Leser einer Schmuddeljournalie gewesen zu sein! Auch hier gilt wieder wie damals: nicht teilhaben, nicht schweigen!

     

    Trotzdem; es bleibt ein Rest Wut im Bauch! Wie dem vorbeugen und Geschwüre vermeiden:

    Nehmen sie den roten Denunziantenumschlag, wenn möglich die Schrottzeitung aus den Mülltonnen nehmend hinzugeben,  und machen sie ihr tägliches Morgengeschäft  hinzu... ;Umschlag versiegeln und als Rückantwort oder Postwurfsendung direkt im Verlagsgebäude abgeben.

    So wird scheiße mit scheiße vergolten.

  • H
    Harald

    Leute, bleibt aufm Teppich:

    Das mit dem Zeitung verbrennen finde ich schon ziemlich grenzwertig - wer sich Demokrat nennt, sollte auch mit solchen Machwerken a la Bild,Express etc. klar kommen.

     

    Bild ist und bleibt ein ekliges Schmuddelblatt, und wer sich die Mühe macht, mit dem Springer-V. in Briefkontakt zu treten, sollte auch gleich die anderen hunderte Werbeagenturen anschreiben, die uns tagtäglich die Briefkästen mit Reklame zumüllen lassen -der journalistische Nährwert ist schließlich der gleiche, der "Regenwald" fällt für beide.

    By the way: unser Papiergrundstoff kommt übrigens zum großen Teil aus Skandinavien und Russland.

  • R
    reblek

    Ein bisschen Rechtschreibprüfung wäre nicht schlecht:

    "Wer nicht will kriegt trotzdem..." - Relativsatz: Komma hinter "will".

    "Harry Herr ist nicht der einzige..." - Substantiv: "der Einzige".

    "... bei der taz meldeten aufgebrachten Menschen..." - "aufgebrachte.

    "Einer der Widerspruch eingelegt hatte..." - Noch ein Relativsatz. Komma hinter "Einer".

    "... dass die Daten der Betroffenen..." - Auch noch inhaltlicher Unfug. Weshalb bin ich "betroffen", wenn ich "BILD" nicht haben will. "Betroffen" ist davon, wenn überhaupt, der Springer-Verein inkl. Drecksblatt.

    "Einige Betroffenen..." - "Betroffene".

    Aber es geht ja um etwas, das für Analphabeten gedacht ist.

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    Ich habe mich über den roten Brief aufgeregt. Ich will gar nichts von den Axel Springer Leuten, erst recht keinen Brief, der mich fragt, ob ich es ernst meine und ob ich nicht doch eine Bild will.

     

    Ich habe nicht Einspruch eingelegt, damit die mir was schreiben können, sondern damit sie es nicht dürfen, und den Brief sehe ich als Aggression. Ich habe ihnen verboten, mir zu schreiben, und sie haben es trotzdem getan.

     

    @Günter Waffelraff: Was hatten Sie erwartet? Dass Bild handwerklich schlecht gemacht ist? Die sind auch Profis - und nutzen das, um ihre Leser zu manipulieren, auch und gerade die ironisch lesenden. Denn Meinungsmache funktioniert - genau wie Werbung.

  • O
    Oha

    Was wohl Heinrich Heine zum letzten Satz gesagt hätte...

  • P
    Paul

    41 Mill. mal unsinnig bedrucktes Buntpapier vielleicht a 100 Gramm.

    Es wurden also 4100 Tonnen Papier mit vielen Kilo Farbe bedruckt und durchs Land gefahren. Um anschließend im Müll zu verschwinden. Es ist Wahnsinn!

  • P
    Peter

    Wer die Bild nicht haben will, soll sie gleich zum Altpapier werfen und nicht so ein Aufwand treiben, daß man sie nicht möchte. Ich habe echt andere wichtigere Probleme, als ich mich darüber aufregen könnte.

  • J
    jan

    Ich habe ein "Bitte keine Werbung" Schild und trotzdem welche erhalten. Rechtens?

  • H
    hessebub

    Man kann's auch übertreiben. Ich hab einfach den Biomüll drin eingewickelt, dadurch wurde die BILD inhaltlich deutlich aufgewertet und zudem einem praktischen Nutzen zugeführt.

  • F
    Friederike

    Ich hatte protestiert und auch keine BILD im Briefkasten, allerdings auch keinen roten Umschlag.

    Am Montag war der dann im Briefkasten mit einer handschriftlichen Entschuldigung vom Postboten (DHL) für den Einwurf der BILD.

    Nun kann es sein, dass jemand die weg genommen hat oder man hat sich vertan.

     

    Ich sah, dass bei uns nicht der Briefträger die Zeitungen einwarf, sondern jemand mit einem Zeitungswagen.

     

    Sich so aufzuregen ist allerdings albern, sind doch alles nur Menschen, die diesen Job machen. Es ging doch bei der Aktion mehr darum der BILD zu zeigen:

    "Hey-bleibt uns mit eurem Schmierenblatt vom Hals"

  • A
    auchSteuerzahler

    Enteignet TAZ!

  • H
    HamburgerX

    "Zusammen mit Freunden verbrannte er sein Exemplar öffentlich."

     

    ...und bekam anschließend Gewalt- und Morddrohungen. Ach nee, das war ja bei einer anderen Geschichte. Wird die "böse" Bild verbrannt, passiert nichts.

  • H
    HamburgerX

    "Zusammen mit Freunden verbrannte er sein Exemplar öffentlich."

     

    ...und bekam anschließend Gewalt- und Morddrohungen. Ach nee, das war ja bei einer anderen Geschichte. Wird die "böse" Bild verbrannt, passiert nichts.

  • DB
    Das Bild hängt schief

    Ja, dann sind wir dem "guten Leben" wohl ein Stück weiter auf die Spur gekommen...

     

    Eine unerwünschte Gratis-Zeitung im Briefkasten, na so was aber auch! Meine Güte!

     

    Wer genügend Zeit und Energie hat, derartigen Kleinkram maximal zu skandalisieren und die Welle zu machen, als würde wegen diesem paar Grämmchen Klopapier der nächste Weltkrieg, eine todbringende Seuche oder die furchtbarste Hungersnot aller Zeiten vor der Tür stehen, der führt ein wahrhaft gutes und sorgenfreies Leben.

  • D
    Demokrat

    @Tom Doyle

     

    Man sollte Demokratiefeinde wie dich enteigenen!

     

    Zum Thema: Ich habe mein Exemplar unfrei an einen BILD Vertriebspartner geschick.

     

    Und ich hoffe das Compact nicht größere Geschütze auffährt, die BILD hat ihr bestes gegeben. Wenn es da jetzt Klagen gibt würde das wohl die Zusteller treffen die Fehler gemacht haben.

  • K
    Konrad

    Oh mein Gott... Nicht zu glauben... Werdet endlich erwachsen!

    Wenn einer die Gratis-Bild nicht will packt er sie und wirft sie in die Mülltonne. Seid doch froh um jede Bild die ihr vernichtet, die Kosten trägt der Springer-Verlag.

    Ihr könnt wirklich aus jedem Sch...dreck einen kleinen "Bürgerkrieg" konstruieren.

  • R
    Rolf

    Die Post war anscheinend etwas überlastet: bei mir im Haus kam am Samstag gar nichts an.

     

    Und den roten Umschlag haben sie nicht nachgeliefert. Schade eigentlich, Campact veranstaltet für die Einsender dieser Umschläge 'ne Tombola. Zu gewinnen sind Zeitungsabos - nein, nicht vom Fachblatt für gesundes Volksempfinden.

  • I
    ignorieren

    Ignorieren des Hetzblattes / Merkels Bildungspresse.

    In die Tonne geben und weg is' der Mist.

    Aus dem Ignoriert-Werden machen sich die meisten Menschen und Unternehmen noch was. Die sind auf Bauchbepinselung angewiesen.

    Wer ist schon auf das Lesen der B*** angewiesen? Niemand!

  • I
    ichzahlimmernochnichtfürdieTAZ

    Wie kleinlichgeistlich sich über ein Bildzeitung im Briefkasten zu echauffieren. Schlimm, wirklich schlimm.

     

    Seinen wir dem Axel die Geschichte hat ihm und seinen Positionen Recht gegeben.

  • TD
    Tom Doyle

    Enteignet Springer!

     

    Damals wie heute eine überfällige Forderung

  • GW
    Günter Waffelraff

    Also, ich fand die kostenfreie "Bild" sehr unteraltsam, habe ich gern gelesen. Überraschend eigentlich, hatte ich nicht erwartet.

  • KS
    Kurt Sohlkinski

    Hammer Artikel,

     

    das nenn ich Qualitätsjournalismus! Enlich mal ein tief rechertiertes Thema von Belang, das einen so schnell nicht mehr los lässt! Hut ab...