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Baseball World SeriesDer unmögliche Sieg

Mit ihnen hatte zu Beginn der Playoffs nun wirklich niemand gerechnet: Die St. Louis Cardinals gewinnen ihren elften Titel in der Major League Baseball.

Moment des Sieges: St. Louis Catcher Molina kann es noch nicht fassen. Seine Kollegen jubeln schon. Bild: dapd

Fürchterliche Fehler, taktische Defizite, peinliche Missverständnisse und unerklärliche Einbrüche. Feldspieler, die Bälle über zehn Meter nicht zum Mitspieler werfen konnten. Trainer, die zu doof zum Telefonieren waren. Mannschaften, die sichere Siege noch vergeigten. Aber abgesehen davon war die World Series 2011 ziemlich großartig.

Nicht nur weil sie über die volle Distanz von sieben Begegnungen ging, wird die diesjährige Endspielserie zwischen den St. Louis Cardinals und den Texas Rangers in die Baseball-Geschichte eingehen. Der abschließende, titelsichernde 6:2-Erfolg der Cardinals versetzte St. Louis in einen Freudentaumel, verlief aber noch vergleichsweise undramatisch.

Denn der elfte World-Series-Triumph in der langen, ruhmreichen Geschichte der Cardinals war der mit Abstand unwahrscheinlichste. Oder, wie es Tony La Russa, der Manager des Teams, das sich weigerte zu verlieren, ausdrückte: "unglaublich, fantastisch, unfassbar". Die Schlagzeilen wurden von einem Wort dominiert: "Wunder".

Das Wunder begann bereits im August. Schon damals waren die Cardinals, gebeutelt von Verletzungen, eigentlich nicht mehr im Rennen um die Playoff-Plätze. Doch dann sei man, berichtete La Russa jetzt, jedes einzelne Spiel mit einer Intensität angegangen, "als sei es das letzte".

Eine solche Aufholjagd hatte es in der Geschichte der Major Leagues noch nie gegeben, einen solchen "historischen Lauf", so La Russa, der "nicht zu erklären ist". Erst am letzten Tag der regulären Saison sicherten sich die Cardinals das Playoff-Ticket.

Dort gingen die Wunder dann weiter: In der ersten Runde schlug man völlig überraschend und mit viel Glück den eigentlich überlegenen Titelfavoriten Philadelphia Phillies, anschließend die ebenfalls besser besetzten Milwaukee Brewers. Und vor der Finalserie hatten so ziemlich sämtliche Experten den Texas Rangers die erste Meisterschaft ihrer Klubgeschichte prophezeit.

Höhere Mächte schienen im Einsatz zu sein

Doch es kam anders. Es war, als ob die Baseball-Götter einen Erfolg der Cardinals erzwingen wollten. Vor allem in Spiel Nummer sechs, das geradezu epische Ausmaße annahm, schienen höhere Mächte im Einsatz zu sein: Eine viereinhalb Stunden dauernde Achterbahnfahrt, in der Texas im neunten und letzten Inning mit 7:5 vorne lag, noch einmal in der Verlängerung mit 9:7 in Führung ging und jeweils nur noch einen erfolgreichen Wurf ihres Pitchers vom Titelgewinn entfernt war.

Aber jedes Mal geschah das eigentlich Unmögliche, St. Louis glich aus, und in Inning Nummer elf schließlich entschied David Freese eines der dramatischsten und unterhaltsamsten Baseball-Spiele aller Zeiten mit einem Homerun zum 10:9-Sieg und Series-Ausgleich.

Auch im entscheidenden siebten Spiel steuerte Freese einen Homerun bei und wurde anschließend zum wertvollsten Spieler der World Series gewählt. Ausgerechnet Freese: Für den 28-jährigen Third Baseman "wurde ein Traum wahr".

Freese wuchs in St. Louis auf, hatte als Jugendlicher zwischenzeitlich frustriert mit dem Baseball aufgehört, war als hoffnungsvolles Talent oft verletzt und hatte sich erst in dieser Saison in der ersten Mannschaft der Cardinals etablieren können. Nun ist er der Lars Ricken oder Manuel Neuer der Cardinals: Der Spieler, der als Kind selbst Fan der eigenen Mannschaft war und es von den Stehrängen auf den Platz geschafft hat und vom Publikum entsprechend geliebt wird.

Ein großartiges Kapitel Sportgeschichte

Beliebter in St. Louis ist nur noch La Russa. "Tony, Tony, Tony", skandierten die 47.399 Zuschauer nach dem historischen Erfolg. Als Manager, wie der Cheftrainer im Baseball genannt wird, bestimmt der 67-Jährige seit 16 Jahren die sportlichen Belange der Cardinals und würde er zur Bürgermeisterwahl in St. Louis antreten, der Sieg wäre ihm sicher. Nun hat La Russa zum zweiten Mal den Titel nach St. Louis gebracht, indem er, so der dankbare Cardinals-Besitzer William DeWitt jr., "einen Trainerjob für die Ewigkeit" ablieferte.

Da allerdings gab es auch andere Meinungen. Die eine oder andere Niederlage hatte La Russa mitzuverantworten, manche seiner taktischen Entscheidungen wurden kritisch hinterfragt. Geradezu grotesk ging es zu im verloren gegangenen Spiel Nummer fünf: Bei eigentlich routinemäßigen Telefonaten zwischen La Russa auf der Ersatzbank und seinem Assistenztrainer im Aufwärmbereich für die Pitcher kam es zu solch bizarren Missverständnissen, dass La Russa am Schluss Profis auf den Wurfhügel bitten musste, die er dort gar nicht haben wollte.

Doch zum Glück für La Russa hatte das "Phonegate" keine schlimmeren Folgen. Ein Grund dafür war, dass sich auch sein Gegenüber nicht eben mit Ruhm bekleckerte: Rangers-Manager Ron Washington stand ebenfalls schwer in der Kritik. Der von aller Welt nur "Wash" genannte Coach eröffnete eine Pressekonferenz nach einer Niederlage schon mal mit den Worten: "Ich bin nicht so dumm, wie manche Leute glauben."

Aber weil sich das Glück auf die Seite der Cardinals schlug, konnte La Russa anschließend erleichtert sagen: "Ein Traum ist wahr geworden." Ron Washington dagegen ist nun der Depp, Tony La Russa der Held und die Welt reicher um ein großartiges Kapitel Sportgeschichte.

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