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BahnverkehrMeine Bahn, deine Gleise

Die EU will die Trennung von Schiene und Bahnbetrieb weiter verstärken. Deutschland wehrt sich bislang – und kann sich über eine Studie zum Thema freuen.

Klare Schienenstruktur, aber nicht immer klarer Wettbewerb. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Die Deutsche Bahn bekommt Unterstützung im Streit mit der Europäischen Kommission über die Trennung von Schiene und Verkehr. Eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger, die nun in Brüssel vorgestellt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, dass integrierte Bahnmärkte – also ohne Trennung von Infrastruktur und Betreiber – außerhalb Europas durchaus funktionieren und auch für den Fahrgast Vorteile bringen.

„Die Ergebnisse zeigen, dass ein gemeinsames Management von Infrastruktur und Betrieb kein Hindernis ist, um Effizienz und Leistung der Bahn zu steigern“, sagt der für die Studie Verantwortliche, Andreas Schwilling.

Die Analysten haben die Bahnstrukturen in den USA, Kanada, Japan, Russland und China untersucht. Die untersuchten Märkte sind für 80 Prozent des weltweiten Warentransports auf Schienen und 50 Prozent des Personenverkehrs zuständig. Für die Analysten ist klar, dass die Konzerne in den vergangenen zehn Jahren ihr Verkehrsvolumen deutlich steigern konnten. Sie hätten mehr Personal eingestellt und in die Infrastruktur investiert.

Pünktlichkeit auf hohem Niveau

Auch die Pünktlichkeit im Personenverkehr habe sich verbessert oder sei auf sehr hohem Niveau stabil geblieben, schreibt die Unternehmensberatung. Die Deutsche Bahn wird das freuen. Sie befindet sich seit Jahren in einem Dauerstreit mit der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament, um die völlige Trennung ihrer Geschäftsbereiche zu verhindern.

Die deutsche Bundesregierung wurde von der Brüsseler Behörde sogar beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt. Der Vorwurf: Die Deutsche Bahn, die Infrastruktur und Betreibergesellschaft in einem Konzern vereint, behindere damit den freien Wettbewerb und den Zugang von Konkurrenten zu ihrem Netz. Das entspräche nicht EU-Recht, das eine klare Trennung vorsieht.

Aber bereits im September hat die Bahn einen Teilsieg errungen: Der Generalanwalt in Luxemburg hat die Klage der EU-Kommission für unzulässig erklärt. Es sei „gestattet“, Netzbetreiber und Verkehrsunternehmen in einer Holding zu integrieren, schrieb der Generalanwalt. Die Richter des EuGH folgen in den überwiegenden Fällen der Meinung des Generalanwaltes. Die neue Studie könnte sie darin nun noch einmal bestätigen. Ihr abschließendes Urteil in dem Fall wird für Ende des Jahres erwartet.

Wettbewerbsvorteile gehen gar nicht

Auch im Europäischen Parlament dürfte die Studie für Aufregung sorgen. Die Abgeordneten wollen im sogenannten „Vierten Eisenbahnpaket“, das zurzeit diskutiert wird, die Trennung von Schiene und Verkehr weiter verschärfen. Bisher war es den Bahn-Lobbyisten aus Deutschland gelungen, das zu verhindern. EU-Recht schreibt zwar eine Trennung vor, verlangt aber nicht ausdrücklich eine Aufspaltung in zwei verschiedene Konzerne. Dafür wollen die Parlamentarier nun aber sorgen. Und dann müsste sich auch die Deutsche Bahn daran halten.

„Es kann nicht sein, dass sich die Deutsche Bahn noch immer Wettbewerbsvorteile sichert und zum Beispiel einen geringeren Strompreis bezahlt als die Konkurrenten, die auf ihren Schienen unterwegs sind“, sagt der Grüne EU-Abgeordnete Michael Cramer. Er setzt sich für eine klare Trennung ein, um jede Art von Diskriminierung zu verhindern. Außerdem will er, dass das Geld, das die Bahnkonzerne über die Öffnung der Schienen einnehmen, wieder in die Infrastruktur investiert werden muss.

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2 Kommentare

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  • KN
    K. Neumann

    Bei einer solchen Untersuchung muss man nach den Gesetzen und Vorschriften, also den ordnungspolitischen Massnahmen der jeweiligen Länder, die untersucht wurden, schauen, um gültige Aussagen zur Effizienz oder Nicht-Effizienz eines integrierten Marktes für das Schienentransportwesen machen zu können. Das hat dieses Berger Gutachten offensichtlich nicht geleistet und hat daher für mich ein pro DB "G´schmäckle".

     

    Die DB ist ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen unter politischer Aufsicht. Das ist schon einmal sehr schlecht wie BER zeigt http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/1758406/Der-Fluchhafen-Berlin, wobei auch bei BER der Verdacht entstehen muss, dass die Politik wenigstens teilweise eine bestimmte Klientel mit diesem Projekt bedienen wollte und es u. a. auch dadurch zu Verzögerungen kam (Verlegung des Docks für den A 38O und dem folgend die Gastronomie von BER).

     

    In jedem Fall deutet eine ganze Menge bei der Bahn auf eine Fehlallokation und damit Ineffizienz der aufgewandten Mittel in dem deutschen integrierten Schienentransportmarkt hin. die DB kauft sich vor allem aus den im Regionalverkehr gemachten und dort nur zum Teil re-investierten Gewinnen eine Menge Auslandsgesellschaften und schafft sich so neue Management - Pöstchen. Die Genehmigung dafür muss die Aufsicht erteilen und die bekommt dafür in den Gesellschaften neue und gut dotierte Aufsichtsratspöstchen. So könnte es laufen im Hinterzimmer des Bundestages. Ziemlich handfeste erste Verdachtsmomente auf ein solches Bahn-Karussell zwischen Bahnmanagement und Politik finden sich her http://daserste.ndr.de/panorama/media/panorama569.html

     

    Auch wenn sich ein integrierter Schienentransportmarkt in D immer noch als effizient im Vergleich mit anderen erweist, so könnte er dann doch weit aus effizienter und vor allem kundenfreundlicher in Bezug auf eine flächenmässige Abdeckung und vor allem dem Fahrpreis sein.

     

    Nun, die Bahn hat mit den jetzt gestarteten Busunternehmen eine wohltuende und auch ökologisch vertretbare Konkurrenz bekommen, die nur gut tun kann. Die ersten Sonderangebote der Bahn in Bezug auf Städtereisen tragen dem, so meine ich feststellen zu können, bereits Rechnung

  • B
    Bahnfahrerin

    Die Deutsche Bahn hätte meine Unterstützung, wenn mir bei der DB nicht so vieles stinkes würde. Das fängt mit den verkifften Raucherbahnhöfen an, geht mit der erzwungenen Schufa-Auskunft für den Online-Kauf von Fahrkarten weiter, und hört mit den nicht existierenden Fahrkartenautomaten in den Zügen und der mangelhaften Unterbringungsmöglichkeiten für Fahrräder und Gepäck noch lange nicht auf.

     

    Also, solange der Laden stinkt, können deren "Manager" mich mal. Und deren Schienennetz auch.