Ausgeplündert vor der Insolvenz: Firma ohne Eigentum
130 Jahre lang produzierte die Firma Feuerhand Sturmlaternen, nun ist das Unternehmen pleite. Gesellschafter verscherbelten alle Werte.
HOHENLOCKSTEDT taz |Die Feuerhand GmbH mit ihren rund 40 Mitarbeitern in Hohenlockstedt bei Itzehoe, die seit Jahren die traditionsreichen „Feuerhand Sturmlaternen“ produziert, steht vor dem Aus. Der Hamburger Insolvenzverwalter Klaus Pannen sieht keine Chance mehr, das Unternehmen zu retten, weil es über nichts mehr verfügt.
Die IG Metall-Unterelbe wittert hinter der Pleite einen betrügerischen Akt, um die Traditionsmarke künftig mit Dumpinglöhnern zu fertigen. Firmenchef Marc-Michael Müller schweigt. „Herr Müller ist nicht zu sprechen“, sagt eine Firmensprecherin auf taz-Anfrage.
Seit 130 Jahren werden die von Hermann und Ernst Nier entwickelten Petroleumlampen produziert. Als die Nier-Gruppe 2003 in Turbulenzen und später in Insolvenz geriet, wurde die Sturmlaternen-Produktion in die Feuerhand GmbH ausgesourct. „Wir haben bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten mehrfach Sanierungstarifverträge abgeschlossen, um den Betrieb zu retten“, erinnert sich der frühere IG Metall-Bevollmächtigte Uwe Zabel.
Doch die Gesellschafter Marc-Michael Müller und „Müller Senior“ wollen offenkundig mehr. „Es sollte der Tariflohn um 30 Prozent abgesenkt werden“, berichtet Kai Trulsson, heutiger Bevollmächtigter der IG Metall Unterelbe. Das hätte bedeutet, dass die Mitarbeiter gerade mal 1.491 Euro brutto verdient hätten. „Für Mitarbeiter, die 30 Jahre und mehr in dem Betrieb tätig sind, ist so ein großer Verzicht nicht mehr zu verkraften“, sagt Trulsson. Ende Oktober stellte die Feuerhand GmbH den Insolvenzantrag.
Die Marke "Feuerhand Sturmlaternen made in Germany" aus Hohenlockstedt hat weltweit Absatzmärkte. Vor allem in arabischen Ländern ist sie weit verbreitet. Mehr als 250 Millionen Stück sind bis heute hergestellt worden.
Die erste Feuerhand Mischluftlaterne der Brüder Hermann und Ernst Nier ist 1880 in Produktion gegangen. Es folgte ab 1911 die Frischluftlaterne, die später mit einer Sturmkappe versehen war.
Um 1937 wurden zwölf Millionen Sturmlaternen für die deutsche Wehrmacht hergestellt.
Die Tagesproduktion lag im Jahr 2011 bei 9.000 Stück.
Als Insolvenzverwalter Klaus Pannen seine Arbeit aufnahm und zumindest sicherstellen konnte, dass die Produktion bis Ende des Jahres weiterläuft, staunte er bei der konkreten Inspektion der Feuerhand GmbH nicht schlecht. „Es gab keinerlei Aktiva“, sagt Pannen der taz. Denn die Gesellschafter der GmbH hätten die Werkshallen und die Maschinen auf eine von ihnen auf dem Gelände gegründete Firma „Müller & Co“ überschrieben.
Und nicht nur das: Wenige Wochen vor der Insolvenz haben die Müllers die Marke „Feuerhand made in Germany“ beim Deutschen Markenamt Müller & Co überschrieben. „Der einzige Wert war die Marke Feuerhand“, sagt Trulsson von der IG Metall. „Damit wäre es möglich gewesen, den Betrieb zu erhalten und einen Investor zu finden.“
Insolvenzverwalter Pannen ist irritiert. „Es ist schon merkwürdig, wenn etwas ohne Gegenwert überschrieben wird“, sagt er, „aber abschließend kann ich noch keine Stellungnahme abgeben.“ Sollte die Firma Müller die Laternen-Produktion wieder aufnehmen, will die IG Metall rechtlich klären lassen, so Trulsson, „ob das nicht automatisch die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter zur Folge hat“.
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