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Ausblick EM 2016 in FrankreichDie Qualifikation der Steigbügelhalter

Die in Frankreich stattfindende EM 2016 wird auf 24 Teams aufgebläht, ein Achtelfinale kommt hinzu. Der Vorschlag dazu kam von den Iren.

Ob die Franzosen das auch so schön hinkriegen? Finalfeier in Kiew. Bild: dapd

BERLIN taz | Schön, dass jetzt auch die Nordmänner von den Färöer Inseln, die Liechtensteiner, Luxemburger und San-Marinesen ihre Chance bekommen. Zum nächsten EM-Turnier reisen 24 Mannschaften, nicht mehr nur 16. Die Uefa hat 53 Mitgliedsverbände. Das heißt: Fast jeder Zweite qualifiziert sich fürs Endrundenturnier in Frankreich. So größenwahnsinnig ist nicht mal die Fifa! Die hat 209 Mitgliedsverbände, lässt aber zu einer Weltmeisterschaft nur 32 Teams zu.

Das sind natürlich lächerlich wenig. Warum nicht die Uefa zum Vorbild nehmen und eine WM mit 100 Mannschaften ausrichten? Endlich wäre Tonga, der Tschad oder Belize dabei. Wir würden wunderbare Geschichten über Fußballexoten lesen und Fifa-Boss Sepp Blatter hätte die nächste Wahl locker in der Tasche. 100 Nationen würden ihn für den besten aller Präsidenten halten.

Ähnliches wird sich auch Uefa-Chef Michel Platini bei der Verwässerung der EM gedacht haben. Endlich kommen Nationen zu ihrem Recht, die es bisher eher schwer hatten in der Qualifikation. Die aus dem Osten zum Beispiel, Platinis Wahlhelfer und Steigbügelhalter. Sie werden ihm dankbar sein. So wäscht eine Hand die andere. Die großen Fußballnationen haben künftig ein Abo auf die Endrunde. Die EM-Qualifikation verkommt zur Farce.

Über sie legt sich die Spannung eines nordkoreanischen Wahlabends. Interessant ist dann nur die Frage, ob es Island oder Zypern ins erlesene 24er-Feld schafft. Und auch diese Fußballformel gilt bald nicht mehr: dass die Vorrunde einer Europameisterschaft schwerer zu überstehen ist als die einer Weltmeisterschaft.

Vorteile für die Uefa

Die kommende Bläh-EM hat aber auch Vorteile, zumindest für die Uefa. Künftig kann mehr Geld an die Nationalverbände ausgeschüttet werden. Die zusätzlichen Spiele (Anstieg von 31 auf 51) lassen die Werbe- und Marketingstrategen jubeln. Auch das französische Hotel- und Gastgewerbe freut sich schon über die vielen Fans aus ganz Europa. Es lässt sich doch immer noch ein bisschen mehr aus dem Fußball und seinen willigen Fans herauspressen.

„Wir sind das Haus des Fußballs“, verteidigt Platini sein Programm, „der Fußball ist ein gefragtes Produkt, und natürlich verdienen wir damit Geld.“

Die EM dauert künftig 29 Tage, es wird ein Achtelfinale eingebaut. Sie bekommt WM-Format. Und wem haben wir all das zu verdanken? Den Iren. Die haben den 24er-Vorschlag bei der Uefa eingebracht. Zum Dank fährt Platini jetzt zu den Iren und überreicht ihnen einen Preis für die tollsten Fans und hoffentlich auch einen für die dümmsten Ideen.

Wie schön war’s doch früher, als noch munter ausgesiebt wurde. Von 1960 bis 1976 wurde die Endrunde nur unter vier Teams ausgetragen. Von 1980 bis 1992 waren es acht Mannschaften. In England verdoppelte sich 1996 das Teilnehmerfeld. Frankreich 2016 erlebt geradezu eine Team-Schwämme. In nur 52 Jahren hat sich der europäische Fußball also versechsfacht – und macht damit sogar Marktradikale neidisch. Nur die Engländer freut’s. Sie sind jetzt garantiert immer dabei.

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9 Kommentare

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  • M
    Marco

    oh je, noch mehr deutschnationale Großmachtsfantasien von der (ehemahls?) linken taz

  • R
    Roberto

    Wieso gibt's sowas in der taz?

    Fast genauso schlimm wie der Kolonial-Ton des Artikels ist die totale Ahnunglosigkeit, was Fussball betrifft. Als Beispiele für Fussballmannschaften, die zu den hundert besten Nationalmannschaften gehören, Tonga, Belize und Tschad zu nennen, zeugt nicht nur von einer bedenklich rassistischen Weltsicht, sondern auch von dem Unwillen, die FIFA-Weltrangliste für ein paar Sekunden anzuschauen. Ja, OK, seitdem sie "Coca-Cola-Weltrangliste" heisst, fällt mir das auch schwer.

    Aber aus dem Gedächtnis würde ich tippen, dass unter den Plätzen 80-120 Israel, Trinidad, Neuseeland zu finden sind. Aus Europa wiederum vielleicht Zypern, Luxemburg, Färöer. (Übrigens damit sicher nicht automatisch in einer EM mit 24 Teams, wie im Artikel angedeutet).

    Nicht nur eine 24er-EM (endlich wieder Türkiye;), auch eine 100er-WM würde ich gerne sehen: Ich kann "I'm a Soca-Warrior" noch einigermassen singen, ich sehe Arbeitman und Gil Vermouth und Schechter immer wieder gerne, APOEL Nikosia hat letztes Jahr in der CL das Haus gerockt(OL quelqu'un?) und die Färöer, Tankwart und Mathelehrer hin oder her, haben sich kürzlich gegen D und SWE super geschlagen (irgendwie besser als die zwei gegeneinander;).

    Und die All-Whites waren das einzige Team bei der WM2010 ohne Niederlage. Wenn man das Spiel gegen Italien gesehen hat, kann man diese Haarspalter-Statistik-Formulierung auch wirklich einschätzen; wer die beste Rugby-Nationalmannschaft aller Zeiten, die All-Blacks, wenige Tage später ausnahmsweise ganz in weiss gesehen hat - als Reverenz an die Fussball-Kollegen - und keine Gänsehaut hatte, der muss den Fussball und die Welt ganz arg hassen.

    Kommerz und Korruption, klar, aber ich dachte Fussball macht ein paar Leuten noch Spass, und öffnet auch bei den kulturell Verschlossensten neue Horizonte.

    Das erste Tor im Rennen um die WM2014 (und das erste Hat-Trick und momentan die meisten Tore) hat ein gewisser Deon McCaulay geschossen. Für welche Nationalmannschaft er spielt, ahnen Sie schon: Belize.

  • A
    Alt

    Naja, es stimmt schon dass die EM dadurch "verwässert" wird, auch wenn man es anders Ausdrücken könnte um es hier ein paar leuten recht zu machen. Keiner will den Dänen oder Griechen nachträglich den Titel aberkennen, um auf den einen Kommentar zu kommen v. Urgestein. Es hat sich doch gezeigt dass in der Vergagngenheit auch mal "größere Fußballnationen" nicht teilgenommen haben, da Quali verpasst. Und dass Deutschland, Italien, Spanien etc... halt immer dabei sind liegt daran dass sie Erfolgreicheren Fußball spielen, so einfach ist das. Aber durch eine Vergrößerung ist es auch unwahrscheinlicher (wenn wir ehrlich sind) dass eine "große Fußballnation" in der Quali scheitert. Ialien, Deutschland, Frankreich, England, Spanien, Niederlande, Portugal sind doch ab jetzt immer dabei. Was waren das für Zeiten als mal ab und an einer der Teams in die Playoffs musste; und auch noch gescheitert ist. und 2 Klassen Fußball will ja niemand, aber im Sport kommt halt immer der Beste( ob jetzt Physisch/Psyichisch oder tagesformabhängig) weiter. Ich finde es wird dadurch nur künstlich aufgebläht! Und wenn Platini jetzt auch noch durchsetzt das die EM in mehreren Ländern übergreifen ausgetragen wird, na dann gut Nacht. Wird daurch unintressanter. Warum bewährtes ändern? Fußball ist ja nicht essentiell( gut für manche schon;)), dass man immer die große Veränderung machen muss, nur um etwas zu tun.

  • P
    Profiteur

    Wenn schon lästern dann ordentlich: die "schwämme an teams" die im artikel erwähnt werden sollte wohl eher die "schwemme an teams" sein.

  • U
    Urgestein

    Der Artikel ist an national-dümmlichem Chauvinismus kaum noch zu überbieten. Außer von einer Handvoll verlesener "Grand Nations" wird in Europa also kein ansehnlicher Fußball gespielt? Vielleicht sollte man dem trüben Fahrwasser des Autors folgend den Dänen und Griechen ihren Pokal noch nachträglich wieder aberkennen. Schlieeslich sind 16 Endrundenteilnehmer ja schon eher zuviel und die reissen ja auch sonst kaum was!

     

    Und wofür den ganzen osteuropäischen und skandinavischen Fußballrumplern überhaupt noch eine "Qualifikation" schenken? Derer sind sie doch ohnehin nicht würdig. Schaffen wir doch besser gleich ein "2-Klassen-Europa" mit "A-" und "B-EM", da können "die Kleinen" dann für'n Appel und 'n Ei auf irgendeinem Hinterhof unter sich rumgurken, während "die Großen" sich im Blitzlichtgewitter der Weltsportpresse die Füllhörner gegenseitig über den Kopf stülpen... großes Kino. - Aber wer hier tatsächlich der "Marktradikale" ist, darüber muß wohl noch verhandelt werden...

     

    So ein dummes, oberflächliches und unentspanntes Geschwätz wie diesen Kommentar zur Erweiterung der EM-Finalrunde hätte ich irgendwo zwischen Focus, Cicero und der Nationalzeitung erwartet. Aber hier?

     

    Echt beschämend, liebe taz.

  • W
    willi

    Schade eigentlich!Dann wird die EM nicht einmal so Interessant wie eine mittelprächtige BL Saison, wo der BVB (nichts gegen den BVB )wieder einmal 7 Spieltage vor Schluß Meister wird

    um dann kläglich in der Vorrunde der CL ausscheidet.Braucht kein Mensch eine Erweiterung des Tuniers!

    Gähn!

  • B
    Besserwessi

    Es liegt ein kleiner Denkfehler vor, seit 1990 gibt es viel mehr Länder in Europa

  • P
    petermann

    Es muss heissen "die Irren"!

  • MK
    Matthias Krug

    Wer sagt denn, Zypern oder Türkei würden schlechten Fussball spielen? osteuropa gehört mit dazu. Fussball wird bunter und bringt mehr Überraschungen als des Rasenschach der Etablierten.