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Atomenergiebehörde alarmiertIran soll an Bombe gebastelt haben

Die IAEA geht davon aus, dass der Iran Arbeiten zur Entwicklung eines nuklearen Sprengkörpers durchgeführt hat. Russland kritisiert den Bericht. In Israel sieht man die eigenen Annahmen bestätigt.

Präsident Mahmud Ahmadinedschad besucht 2007 die Urananreicherungsanlage im iranischen Natans. Bild: dpa

WIEN/TEL AVIV/TEHERAN dpa | Der Iran hat nach Erkenntnissen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA an der Entwicklung einer Atombombe gearbeitet. Diese Arbeiten gab es zumindest bis zum vergangenen Jahr. Das geht aus dem bisher umfangreichsten und detailliertesten Iran-Bericht der Behörde hervor, der am Dienstag vorgelegt wurde.

Die israelische Oppositionsführerin Zipi Livni zeigte sich alarmiert. "Jetzt, wo die Wahrheit vor den Augen der Welt aufgedeckt wurde, muss Israel die freie Welt mobilisieren, um den Iran zu stoppen." In israelischen Medienberichten war über einen möglichen Militärschlag gegen iranische Atomanlagen spekuliert worden, sollte es neue Hinweise auf ein Atomwaffenprogramm geben.

In einem Anhang fassen die Nuklearwächter alle ihnen vorliegenden Informationen zu Tests, Projekten und der Organisation eines möglichen geheimen iranischen Atomwaffenprogramms zusammen. Dieses Programm könnte noch andauern, heißt es warnend in dem 25-seitigen Bericht.

IAEA: Khan hängt mit drin

"Die Informationen weisen darauf hin, dass der Iran Arbeiten zur Entwicklung eines nuklearen Sprengkörpers durchgeführt hat", schreibt IAEA-Chef Yukiya Amano. Der Bericht zählt detailliert eine Reihe von Nuklearexperimenten auf. "Während einige im Anhang beschriebene Aktivitäten zivile wie militärische Zwecke haben könnten, sind andere speziell für Nuklearwaffen", heißt es.

Unter anderem schlussfolgert die IAEA, dass Wissenschaftler unter der Führung des Verteidigungsministeriums Komponenten für einen atomaren Sprengkopf entwickelt und getestet hätten. Dazu gehörten auch Arbeiten an Komponenten ("Neutron Initiators"), die nukleare Kettenreaktionen auslösen. Zudem gebe es Hinweise auf die Vorbereitung von Atomtests, für die der Iran spezielle Zünder unterirdisch ausprobierte.

Nach der Analyse der Berichts erhielt die Regierung in Teheran die Konstruktionspläne für Atomwaffen von einem Schmuggel-Netzwerk um den pakistanischen Atomwissenschaftler Abdul Qadeer Khan. Er habe auch Libyens geheimes Atomprogramm beliefert, schreibt die IAEA.

Warnung an Israel

Offiziell reagierte Israel zunächst nicht auf den IAEA-Bericht reagiert. Mark Regev, ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, sagte am Dienstagabend, es werde keine "automatische Reaktion" geben. Israel müsse den Bericht erst studieren.

Der Iran hatte noch einmal betont, dass er kein geheimes Atomwaffenprogramm habe. Auch zeigte er sich von Drohungen unbeeindruckt. Teheran werde seinen Kurs fortsetzen, sagte Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Er warnte gleichzeitig Israel und die USA vor schwerwiegenden Konsequenzen im Falle eines Angriffs auf den Iran.

Die UN-Vetomacht Russland kritisierte am Abend die IAEA. Die Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt sei destruktiv, weil damit die Chancen auf einen Dialog zwischen den internationalen Vermittlern und der Führung in Teheran noch geringer würden, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Russland sei von den Schritt enttäuscht und befremdet.

"Ein Krieg ist kein Picknick"

Israels Verteidigungsminister Ehud Barak bemühte sich am Dinestag, Sorgen vor einem unmittelbar bevorstehenden Krieg Israels mit dem Iran zu zerstreuen. "Ein Krieg ist kein Picknick, und wir wollen keinen Krieg", sagte Barak dem israelischen Rundfunk. "Israel hat sich noch nicht für einen militärischen Einsatz entschieden."

Kurz vor Bekanntwerden des Berichts hatten sich bereits Warnungen vor einem Militärschlag Israels gemehrt. Russlands Präsident Dmitri Medwedew warf Israel "gefährliche Rhetorik" vor, die zu einem bewaffneten Konflikt im Nahen Osten führen könne. Auch Außenminister Guido Westerwelle und sein französischer Kollege Alain Juppé warnten vor einem Angriff.

Westerwelle sagte im ARD-"Morgenmagazin": "Für den Fall, dass sich die Dinge weiter zuspitzen sollten, dass der Bericht wiedergibt, dass der Iran erneut an diesen Programmen arbeitet, werden wir in Europa auch eine nächste Sanktionsrunde vorbereiten." Sollten Russland und China bei neuen Sanktionen nicht mitziehen, schließt Westerwelle auch einen möglichen Alleingang der Europäer nicht aus.

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21 Kommentare

 / 
  • DP
    Daniel Preissler

    Hallo Julius,

    das ist einerseits richtig (vgl. Nolte und Co.).

    Andererseits steht man vor einem Dilemma, wenn Israel tatsächlich einen Angriffskrieg führen sollte (und Regierungemitglieder demzufolge als "Kriegstreiber" bezeichnet werden). Dann kann eine solche Beschreibung nämlich a) genau durch das von dir beschriebene Phänomen motiviert sein, oder b) ohne diese Motivation erfolgen und schlicht richtig sein.

     

    Aus diesem Dilemma gibt es (wie so oft) keinen leichten (oder vielleicht überhaut keinen) Ausweg. Man muss eben immer sehen, wer was wann wie und möglichst warum sagt! Da die eigene Position bei einer solchen Beurteilung auch nie gänzlich objektiv sein kann (was die Reaktion Dritter ganz sicher aufgreifen wird!), bleibt es hochkomplex.

     

    Grüße, DP

  • J
    julius

    @Spartakus

    @Münchhausen

     

    Wenn man Israel einen "Angriffskrieg" vorwerfen kann und die Juden in Israel Kriegstreiber nennt, so braucht man sich dann keine Gedanken mehr darüber zu machen, dass die deutschen Nationalsozialisten unter Himmlers Einsatztruppen 1941 in wenigen Monaten eine Millionen wehrloser Menschen, vorwiegend Juden (Kinder, Frauen, alte Menschen...) erschotten hatten.

    So entsorgt man die eigene Scham darüber, der deutsch-christlichen Community anzugehören, die die historische Verantwortung für Auschwitz trägt.

     

    Das ist übel!

  • SB
    sieglinde biebekopf

    iran baut also an der atombombe, und das linksmotivierte publikum kennt auch den grund dafür - israels siedlungspolitik :) wow -

     

    habt ihr diese info bei der letzten anti-castor-demo bekommen?

  • M
    Mark

    @Josef Riga

     

    Wo du schon Osirak nennst. Zuerst gab es eine iranische Kommandoaktion gegen diesen Reaktor, die haben ihn aber nicht zerstört bekommen. Die IDF hat das dann zum Glück geschafft!

  • HS
    Hari Seldon

    Laut Jerusalem Post(!) dienen die Berichte von einigen westlichen Geheimdiensten ("die üblichen Verdächtigen") als Grundlage für den IAEA-Bericht (auf gut Deutsch: Der Inhalt des Berichts ist praktisch nicht von den IAEA-Mitarbeitern). Wie aus der Vergangenheit bekannt, sind Geheimdienstberichte politisch sehr stark motiviert, und nicht besonders neutral und objektiv.... Die Folgen von Entscheidungen auf Basis von solchen Meldungen sind wohl bekannt.

  • RS
    Rainer Sauer

    "Iran soll an Bombe gebastelt haben....."

     

    Hui, wieder einmal....! Kommt mir alles sehr bekannt vor!

     

    Wie war das doch gleich noch einmal...ach ja...Massenvernichtungswaffen im Irak ....die wurden angeblich sogar gefunden!Es war wieder einmal nichts als Lüge, genau wie dieses mal auch.100%ig!

     

    Alles nur noch lächerlich! Es wird wieder einmal von unseren "FREUNDEN" ein Kriegsgrund gesucht und gefunden werden!Einfach nur noch traurig.Und die "Willigen"werden wieder einmal freudig mit machen!

  • I
    ilmtalkelly

    Wenn da nicht die kalkulierten "Irrtümer" der Vergangenheit wären. Sollten die Iraner Atomwaffen haben, ist das beunruhigend. Wie man zum Auftakt damit umgeht, macht mir mehr Sorgen. Der Angriff auf eine iran. Atomanlage ist nicht präventiv sondern höchst brisant.

    Der richtige Weg wäre die atomare Abrüstung der Israelis und Ausbau ihrer Bündnisse. Ahmadinedshads Legitimierung für den Nuklearwaffenbau ist das Kernwaffenarsenal Israels. Ahmadinedshads polit. "Legitimation" im Iran fusst wiederum auf der agressiven Palästina- und Außenpolitik. Der Schlüssel dieses Problems liegt in Israel und sollte von pazifistischem Charakter sein. Ahmadinedshad ist ein schreckl. Diktator, doch Netanjahu bewegt sich in der Methodik auf ihn zu.

    Folter in israel.Gefängnissen sind an der Tagesordnung und überzogene Vergeltungsschläge und gewaltvolle Siedlungspolitik lassen die Israelis alles andere als moderat erscheinen.

    Die schreckliche Geschichte der Judenverfolgung sollte Israel immer einen besonderen Schutzraum ermöglichen, aber die israel. Führung darf das nicht überstrapazieren.

  • DW
    damals wars

    Das Beispiel UNESCO zeigt, was der IAEA passieren würde, wenn sie eine Bericht veröffentlichen würde, der der USA nicht genehm ist.

    Von da her: geschenkt!

  • JR
    Josef Riga

    Jetzt ärgert man sich in Jerusalem schwarz und blau. Denn der IAEO-Bericht gibt keine zwingenden Hinweise auf fortdauernde iranische Nuklearaktivitäten. Also gibt es auch kein internationales Feigenblatt für eine israelische Kommandoaktion a la Osirak.

    wird der Westen also ein weiteres mal eine orientalische Gesellschaft angreifen, die ihm nichts getan hat?

  • JR
    Josef Riga

    Und wo sind hier jetzt die Grünen? Oder ist eine Ächtung der iranischen Atombomber islamophob?

  • HB
    Horst Bier

    Soll die Weltbevölkerung auf einen neuen Nah-Ost-Krieg vorbereitet werden, mit den Methoden des Kriegsverbrechers G.W. Bush?

    Wann endlich wird Israel in die Schranken verwiesen?

    Wann endlich wird Israels Siedlungspolitik gestoppt?

    Israel tut alles, um das Spannungsfeld in der Region und mit den Palästinensern aufrecht zu halten und gefährliche Schwachköpfe, wie den Iraner Amadineschad zu provozieren. Sanktionen gegen den Iran ja, aber endlich auch gegen Israel!

    Mit dieser Politik wird Israel scheitern!

  • HS
    Hans Stoffel

    Wie lange das wohl hält? Als die Wiener das letzte mal vor iranischen Atomwaffen warnten, dauerte es nur wenige Tage, bis das Dementi kam.

     

    Aber verständlich wäre es, denn schließlich ist der Iran (im Gegensatz zu anderen Staaten, die diese Situation für sich selbst herbeiphantasieren) der einzige Staat auf der Welt, der immer wieder konkreten Angriffsdrohungen seitens anderer Mächte ausgesetzt ist - und zwar solcher Mächte, die mehrfach bewiesen haben, das sie auch ohne Rücksicht auf das internationale Recht andere Länder überfallen wenn es ihnen in den Kram passt.

     

    Insofern erscheint es verständlich, wenn die Führung des Irans die Atombombe will, denn die Abschreckungswirkung einer solchen Waffe scheint das einzige zu sein, was die Kriegstreiber zur Mäßigung bringt.

     

    Die einzige Alternative wäre eine internationale Sicherheitsarchitektur, die dem Iran Sicherheit garantiert - auch und gerade gegen die großen Kriegstreiber dieser Welt. Leider ist der Rest der Welt zu feige dafür.

     

    Es grüßt Euch: Stoffel

  • NY
    Not You

    Wer hätte das gedacht - ein land mit einem kernreaktor, ist in der lage, eine atombombe zu bauen ...

  • W
    Wolf

    So ein Mist aber auch; jetzt ist den Nachrichtenverteilern auch noch die Reihenfolge durcheinandergeraten:

     

    Sollte doch zunächst der IAEA-Bericht tröpfchenweise verteilt werden, dann erst die "Reaktion" des ehrlichen Bibi-Staates folgen.

     

    Das Beispiel Nord-Koreas zeigt allerdings, daß gerade Atombomben bestens vor Schnupfen, Heiserkeit und Truppeneinmärschen schützen können.

     

    wolf

  • S
    Sveto

    Die Geschichte mit den Massenvernichtungswaffen kommt mir irgendwie allzu bekannt vor...

  • S
    Solly

    Die Überschrift - was für ein AmmenMärchen.

     

    "Iran soll an Bombe gebastelt haben."

     

    Aha - war das nicht schon den KindergartenKindern klar?

     

    Wer Länder zum KriegsSchauplatz macht... und Kinder zu BombenTrägern... der wird doch das ABC bei A beginnen.

     

    Achmadenejad war doch VolksSchullehrer - der kann das prächtig.

  • V
    vic

    Mal ehrlich; ein derart bedrohter Staat, noch dazu in einer Region, in der alles überfallen wird das nicht genug Drohpotential besitzt, tut gut daran sich zu bewaffen.

    Gut finde ich das nicht- aber ich kann`s verstehen.

  • OV
    Otto von Bismarck

    “Die UN-Vetomacht Russland kritisierte am Abend die IAEA. Die Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt sei destruktiv, weil damit die Chancen auf einen Dialog zwischen den internationalen Vermittlern und der Führung in Teheran noch geringer würden, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Russland sei von den Schritt enttäuscht und befremdet.“

     

    Man beachte, was da NICHT steht: Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Berichts!

     

    Ich erwarte einen Krieg zwischen Iran und Israel, mit Nato-Beteiligung, innerhalb der nächsten sechs Monate. Für Israel gibt es kaum eine Alternative, wenn der Iran nicht überraschend deutlich einlenkt. Nicht weil ein Einsatz von Atomwaffen seitens des Irans wahrscheinlich wäre, sondern weil iranische Atomwaffen eine Vergeltung für konventionelle iranische Übergriffe undenkbar machen würde.

  • S
    Stefan

    Interessant ist ja der Standpunkt der "IPPNW Deutschland – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.": Scheißegal! Es gibt ja genug an Israel zu "kritisieren".

    Was für Heuchler und Luschen!

  • S
    Spartakus

    Die "linksalternative" TAZ beteiligt sich mal wieder an der Legitimation eines Angriffskrieges. Bravo!

  • M
    Münchhausen

    Erst der angebliche geplante Terrorakt gegen den saudischen Botschafter, nun ein Bericht, von dem man schon Tage vorher zu wissen glaubte, dass er Beweise enthalte.

    Ich hoffe nur, dass die RUssen und Chinesen diese Kriegstreiber in Washington und Tel Aviv aufhalten!