Bernhard Pötter über die Groko-Sondierungen und das Klimaziel: Die Rot-Schwarz-Maler
Ein Satz ruiniert das Kapitel Klima und Energie bei den Sondierungen: „Das kurzfristige Ziel für 2020 wird aus heutiger Sicht nicht erreicht werden.“ Das mag halbwegs realistisch sein. Klimapolitisch ist die Aussage ein schwerer Fehler.
Die Große Koalition resigniert damit schon vor dem Start. Sie widerspricht nicht nur den Versprechen von Angela Merkel und Martin Schulz. Sie entwertet durch die faktische Aufgabe des 2020er-Ziels auch das gesamte restliche Konzept. Da stehen interessante Vorschläge: Mehr Anstrengungen, um möglichst nah an die 40 Prozent zu kommen, mehr Erneuerbare, ein Ausstiegsdatum für die Kohle, endlich ein Klimagesetz. So aber lautet die Botschaft: Leute, wir schaffen es sowieso nicht!
International ist die Wirkung fatal. Wenn Deutschland seine ehrgeizigen Ziele kassiert, bestätigt es Genies wie Donald Trump, die meinen, Klimaschutz sei nicht machbar. Dabei muss Klimapolitik schneller, nicht langsamer gehen, schon die 40 Prozent reichen nicht aus. Die abgesoffenen Städte am Rhein sind derzeit wieder ein warnendes Beispiel, was uns erwartet.
Diese Einigung ist das Gegenteil von guter Politik. Jeder weiß, dass die minus 40 Prozent kaum zu schaffen sind. Ehrliche Politik sollte uns aber bei allem Realismus nicht sagen, was nicht geht, sondern Mut machen und Wege aufzeigen, wie es geht. Was wäre, wenn die Regierung auf anderen Politikfeldern so handelte? Wenn sie sagte, Kinderarmut werde es bei uns nun mal immer geben, ein Frieden im Nahen Osten sei sowieso nicht zu erreichen und mit Hunger, Folter und Unterdrückung weltweit müsse man sich einfach mal abfinden?
Noch wird sondiert, nicht entschieden. Wenn die Groko es ernst meint mit dem Klimaschutz, könnte sie etwa ein neues Jahr für die 40 Prozent nennen – vielleicht 2022? Oder zum Ende ihrer Legislatur 2021 eine neue Marke setzen: 38 Prozent? Oder einfach diesen blöden Satz streichen, der allen Schwarzmalern recht gibt.
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