Anti-Islam-Events in Berlin: Rechtspopulisten grillen
"Pro Deutschland" und "Freiheit" planen zwei Anti-Islam-Events in Berlin. Verbände und Parteien organisieren Protest dagegen.
Gegen zwei von Rechtspopulisten geplante Anti-Islam-Events in Berlin braut sich breiter Widerstand zusammen. Mehrere Parteien und Verbände wollen die Veranstaltungen mit Protest begleiten. "Gerade so kurz nach den schrecklichen Ereignissen in Norwegen sind die Ankündigung eine geschmacklose Provokation, die wir nicht hinnehmen werden", schimpft Dirk Stegemann vom Bündnis "Rechtspopulismus stoppen".
Am Wochenende des 27. und 28. August wollen die Rechtsaußen von Pro Deutschland in Berlin einen "Anti-Islamisierungs-Kongress" abhalten. Die Partei erwartet dafür bis zu 1.000 Teilnehmer, darunter Politiker des weit rechten Vlaams Belang aus Belgien und der FPÖ aus Österreich. Für den Samstag seien "zwei, drei spontane Kundgebungen" geplant, an denen man "an markanten Punkten der Stadt auf hiesige Islamisierung" hinweisen wolle, kündigt Landeschef Lars Seidensticker an. Am Abend werde es ein Grillfest für die Teilnehmer geben. Die Örtlichkeiten hält die Partei "aus Sicherheitsgründen" geheim.
Höhepunkt soll eine Demonstration am Sonntag werden, die vom Potsdamer Platz vors Brandenburg Tor führen soll. Motto: "Wählen gehen für Thilos Thesen". Die Polizei bestätigt eine entsprechende Anmeldung für 1.000 Teilnehmer.
Das Bündnis "Rechtspopulismus stoppen!", das sich am Donnerstag vorgestellt hat (siehe links), profitiert von einem Stipendium, das die Internetplattform für soziale Bewegungen bewegung.taz.de zusammen mit dem co-Workingspace raumstation ausgeschrieben hat.
Ziel des Stipendiums ist es, links-emanzipative Organisationen in Berlin zu unterstützen: mit Arbeitsraum und professioneller Beratung. Sechs Monate lang werden zwei Büroplätze mit allem Drum und Dran bereitgestellt. Dazu gibt es fünf Workshops von Profis, von Fundraising im linksalternativen Bereich über Straßenaktionen bis hin zu Kampagnenplanung und Konsensbildung.
Bei der ersten Vergabe des Stipendiums kamen anders als geplant gleich zwei Initiativen zum Zuge - neben dem Bündnis "Rechtspopulismus stoppen!" auch das "Netzwerk Mira - Migration, Research and Action". Als sich die beiden vorstellten, entstand spontan eine Lösung, wie sie alle Angebote gemeinsam nutzen und sich dazu noch gegenseitig unterstützen können. In dem Zuge legte Michael Kloos von der raumstation noch einen Büroplatz obendrauf. Beide Initiativen werden in der taz noch genauer vorgestellt, das Bündnis am kommenden Dienstag.
In einem ersten Anlauf sind nun antirassistische Initiativen gefördert worden, doch auch die nächste Ausschreibung bleibt offen für alle Spektren der Bewegung. Gruppen mit feministischem Schwerpunkt, Umweltthemen oder BewegungsarbeiterInnen im Bereich sozialer Stadtumstrukturierung können das nächste Stipendium bekommen, das Ende 2011 ausgeschrieben wird.
So offen wie diese Unterstützung ist, so schwer ist es, gezielt potenziellen GeldgeberInnen diese spektrenübergreifende Ausrichtung zu vermitteln. Es ist nun mal kein "Produkt", das sich verkaufen lässt. Wenn Ihnen Finanzierungsmodelle für eine solche Stelle einfallen, die die GewinnerInnen nicht von den GeldgeberInnen abhängig machen, schreiben Sie uns! JEAN PETERS
Nur eine Woche später, am 3. September, will die rechtspopulistische Konkurrenz, die Freiheit-Partei, ebenfalls mit Anti-Islam-Tiraden vor den Wahlen punkten. Sie lädt den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders nach Berlin ein. Daneben sollen ein Politiker der Schweizer rechtsnationalen SVP und der US-Islamkritiker Robert Spencer sprechen. Thema sei die "Islamisierung Europas", so Parteisprecher Thomas Böhm. Anfang nächster Woche werde der Ticketverkauf beginnen. Über den Veranstaltungsort werde noch verhandelt.
Schon im letzten Oktober hatte Geert Wilders vor 500 Zuhörern in einem Berliner Hotel gesprochen, auf Einladung von René Stadtkewitz. Der wurde daraufhin aus der CDU-Fraktion ausgeschlossen und gründete die "Freiheit". "Diesmal erwarten wir noch mehr Gäste", sagt Böhm.
Rund 20 Berliner Verbände und Parteien haben sich zum "Bündnis Rechtspopulismus stoppen" zusammengeschlossen - darunter die Naturfreunde, Ver,di, den Vereinen Allmende und "Laut gegen Nazis" sowie SPD, Linke, Grüne und DKP. Sie verweisen auch auf die ideologische Nähe des Norwegen-Attentäters Anders Behring Breivik, der in seinem "Manifest" gegen Multikulturalismus und Muslime herzog. "Das unterscheidet sich in keinem Deut von den rechtspopulistischen Bewegungen", betont Martin Hikel von den Berliner Jusos. "Der geplante Kongress ist eine weitere Demütigung der Opfer von Oslo."
Bereits am Mittwochabend will das Bündnis "Solidarität mit den Opfern von Oslo und Utøya, gegen Rechtspopulismus und Rassismus" am Rosenthaler Platz demonstrieren. Ein zweiter Aufzug soll am 26. August vom Boxhagener Platz zur Parteizentrale der "Freiheit" an der Landsberger Allee führen. Beim Protest gegen den "Pro Deutschland"-Kongress nimmt sich das Bündnis Köln zum Vorbild. Dort hatten 2008 mehrere hundert Bürger einen Gipfel von Moschee-Gegnern verhindert.
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