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Rechte und ganz Rechte in MecklenburgAlternative zum NPD-Boykott

„Zum Wohle der Bürger“: Im Kreistag von Nordwestmecklenburg kann sich die AfD vorstellen, auch die NPD zu unterstützen.

Wer gebügelte Hemden trägt, kann auf AfD-Unterstützung hoffen Bild: dpa

GREVESMÜHLEN taz | Nein, mit der NPD will die „Alternative für Deutschland“ (AfD) nichts gemein haben. Jede Nähe zur ältesten rechtsextremen Partei der Bundesrepublik weist die jüngste Partei weit von sich. Da macht, erstmal, auch Michael Tauchert keine Ausnahme: „Natürlich grenzen wir uns von der NPD ab“, sagt der AfD-Abgeordnete im Kreistag Nordwestmecklenburg der taz.

Gleichwohl: Als das Gremium unlängst eine Erklärung gegen die NPD verabschieden wollte, stützten weder Tauchert noch seine Parteifreunde Christoph Grimm und Jörg Schlegel diesen Vorstoß. Tauchert, zugleich stellvertretender Kreisvorsitzender der AfD, räumt sogar ein, er könne sich vorstellen, NPD-Anträgen zuzustimmen.

Bei der Konstituierung des Grevesmühler Kreistags lag eine Erklärung für Demokratie und gegen Fremdenfeindlichkeit vor. Darin versicherten alle anderen Fraktionen, Anträge der NPD ins Leere laufen zu lassen. Nicht ohne Grund: In den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass solche Vereinbarungen der NPD entgegenwirken könnten, schreiben Gudrun Heinrich und Hubertus Buchstein, Herausgeber der Studie „Rechtsextremismus in Ostdeutschland. Demokratie und Rechtsextremismus im ländlichen Raum“.

„Der Kampf um die kommunale Ebene ist der Partei wichtig“, sagt Heinrich, Doktorin am Institut für Politik und Verwaltung der Universität Rostock mit Blick auf die NPD. „Hier kann sie so tun, als würde sie sich der Sorgen der Bürger annehmen.“

„Kampf um die kommunale Ebene“

Im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern haben sich die demokratischen Parteien vor diesem Hintergrund auf den „Schweriner Weg“ geeinigt: Seit die NPD 2006 ins Parlament einzog, antwortet auf ihre Redebeiträge nur ein Vertreter der anderen Parteien. NPD-Anträge lehnen sie geschlossen ab, um die Rechtsextremisten nicht die Debatten bestimmen zu lassen.

„An einem politischen Boykott im Parlament werden wir uns nicht beteiligen“, sagt nun der AfD-Abgeordnete Tauchert. Der „Schweriner Weg“ sei eine „recht erfolglose Strategie“. Der 58-Jährige plädiert für ein anderes Vorgehen: „Eine ehrliche öffentliche Diskussion würde die NPD schon eher ’entzaubern‘ und ihr den Nimbus einer Protestpartei nehmen.“

Dass eine Unterstützung ihrer Anträge die NPD aufwerten könnte, scheint ihn und die anderen AfD-Abgeordneten nicht zu sorgen. Vor einem solchen Effekt warnt aber Hubertus Buchstein, Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Greifswald.

Eine etwaige „Entgrenzung“, ein Verwischen der Unterschiede zwischen den demokratischen Parteien und der rechtsextremen Partei bei kommunalen Themen, sieht Tauchert ebenso wenig: Man werde jeden Antrag aller anderen Fraktionen prüfen – und dann entscheiden, ob man zustimme. „Wenn er zum Wohle unserer Bürger ist, werden wir ihn auch unterstützen“ – auch Anträge der NPD.

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17 Kommentare

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  • zivile Opfer: jeder fühlt sich als Kombatant. Wenn die Hamas fliegt,rücken Zivilisten nach, auch Frauen und Kinder.

    fehlende Infrastruktur: wenn die dafür vorgesehenen (spendierten)Milliarden tatsächlich dafür eingesetzt worden wäre, könnten die Gebiete im Überfluss leben.

    Palästinenser: gibt es seit Arafat, vorher waren das Araber ohne eigenen Staat. Soweit ich weiß, sind die Israelis da unten die einzigen, die den Palästinensern volle Bürgerrechte zugestehen.

    Und bitte keine Propagandaslogans, ich war da, also keine gefälschten Videos.

  • 5G
    577 (Profil gelöscht)

    Nicht zu fassen! Da wird aus dem Vorsatz einer Partei, die Vorschläge einer anderen Partei zu prüfen, und, falls sie diese richtig findet eine "Unterstützung" konstruiert.

    Ihr müsst die AfD ja wirklich sehr fürchten. Aber das ist auch verständlich, wie dumm würde z.B. Frau Herrmann dastehen, die immer die Alternativlosigkeit predigt, sollten Alternativen tatsächlich doch funktionieren???

    Also liebe TAZ, immer schön drauf auf die AfD, nur so könnt ihr euren Ruf retten!

  • Ein Vorschlag zur Behebung des NPAfD- Problems. Meck- Pomm ist leider in vielen Teilen durch Abwanderung so entvölkert, in manchen Ortschaften sind, wie man hört, nur noch die NAzis übrig, oder kaufen sich große Gehöfte für irgendwelche Versammlungen, Seminare. Manche SPD- Angeordneten trauen sich angbl schon seit Jahren nicht mehr in jene Orte. Die UN ruft heute die EU dazu auf 100.000 Syrer aufzunehmen, die sollten schleunigst nach MV um die demografische Lage zu verbessern u das NPAfD- Problem in den nächsten Kommunalwahlen beseitigen.

  • Die AfD hat unbestreitbar ein Nazi- Problem. Bei der Europawahl in Sachsen- Anhalt mussten gleich 8 Kandidaten inkl der Spitzenkandidat zurücktreten, da sie in der Vergangenheit u.a. als rechtsradikale Gewalttäter aufgefallen sind, berichtet darüber hat nur die Junge Welt. Die meisten anderen Zeitungen haben das nicht mitbekommen, die lokale Dumont- Presse fand es nur besonders herausstellungswürdig, dass ein Kandidat auch mal Pornodarsteller war.

    • @ingrid werner:

      Oft wiederholt wird es auch nicht wahrer! Wenn man sich mal die Wählerwanderungen zur Afd ansieht, dann sind die Wähler vor allem von FDP,CDU,SPD, Linken (!) gekommen, die Wanderung von NPD ist sehr gering.NPD und AfD- da passt nichts, schon intellektuell sind das Extreme.

      Die AfD hat soviel mit der NPD zu tun wie die SPD mit der Drogenszene.

      Die Gewalttäter aus SA waren in Gewaltaktionen als Sicherheitsleute verwickelt- das sind sehr viele aus dieser Branche.

  • Es ist schon merkwürdig, gerade die Parteien als demokratisch zu bezeichnen, welche pauschal alle Anträge einer anderen (auch demokratisch gewählten) Partei ablehnen.

    • @Baumschüler:

      Das Wort "demokratisch" hat sich in seinem Sinne auch gewandelt. Früher bedeutete es, dass die Macht vom Volke ausgeht. Wenn das so wäre, würden wir in einer direkten Demokratie leben.

       

      Heute ist "demokratisch" das verwendete Synonym für das bedingungslose Akzeptieren bestimmter Denkmuster, die über die Medien vermittelt werden.

      • @Hans Linken:

        Das ist eine sehr interessante Beobachtung, historisch versiert, und mit dem Blick auf begriffliche Korrektheit. Allerdings habe ich doch noch eine Frage: Sie sprechen von "bestimmten Denkmustern". Könnten sie das bitte etwas weiter ausführen? Danke!

        • @Comandanta Ramona:

          "Sie sprechen von "bestimmten Denkmustern". Könnten sie das bitte etwas weiter ausführen? Danke!"

           

          Punktlandung! Würde mich auch interessieren. Ganz ernsthaft.

  • Was sagt der freundliche Herr Lucke dazu?

  • „Wenn er zum Wohle unserer Bürger ist, werden wir ihn auch unterstützen“

    Waaah! Wenn der Paria sowas vorzuschlagen wagt! Das können sich die "Etablierten" natürlich nicht bieten lassen! Zum Wohle? Und dann noch der Bürger?

  • Skandalöserweise ist seid der Kommunalwahl für die AfD in Mecklenburg-Vorpommern alles möglich. In der Stralsunder Bürgerschaft ist ein AfD-Mitglied der Fraktion Bürger für Stralsund beigetreten. Komischerweise machen die jetzt mit CDU und FDP gemeinsame Sache, und die Mehrheit schafft dann die Linke offene Liste! Oder vielleicht bald die eine Stimme der NPD? Wäre nicht verwunderlich, wenn da bald mal "geredet" wird.

  • Erfrischende Einstellung! Politik wird nicht durch Blockaden, sondern durch Debatten gemacht. Das haben einige Politiker anscheinend vergessen.

  • Die AfD wird in Brüssel von "demokratischen" Parteien wie CDU, SPD, Linken und Grünen ausgegrenzt. Jetzt sollen sie gemeinsam mit denen eine andere Partei ausgrenzen? Lächerlich.

    • @Ernst Tschernich:

      Es ist gut das die AFD jetzt Farbe bekennen muss. Alle die vor dieser Partei gewarnt haben, werden nun bestaetigt...

      • @Dhimitry:

        ...gewarnt davor, dass die AfD Demokratie ernst nimmt. Auch mit den Schattenseiten.

      • @Dhimitry:

        Die bekennen nicht Farbe, sondern brechen aus dem üblichen gewordenen Schema aus und führen die Politik dahin zurück, wo sie hingehört: in die Auseinandersetzung. Über Pariapolitik in Indien regen wir uns auf ...