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ARD pocht auf Unabhängigkeit des MDRAufklärung Fehlanzeige

Trotz aller Skandale hat die ARD ihren MDR-Intendanten Udo Reiter noch lieb. Seinen Nachfolger soll der Rundfunkrat einfach so lange wählen, bis das Ergebnis der Politik passt.

Das Konzept des MDR: Wählen, bis das Ergebnis passt. Bild: dpa

Bei ihrer Pressekonferenz nach der ARD-IntendantInnen-Sitzung in Berlin gab sich der Sendervebund größte Mühe, trotz der beinahe täglichen Enthüllungen aus dem mitteldeutschen Sendersumpf business as usual zu demonstrieren. Reiter habe die ARD-Runde natürlich informiert, sagte also die ARD-Chefin - doch "der MDR ist eine autonome Landesrundfunkanstalt. Und Herr Reiter informiert uns in dem Umfang, den er für richtig hält".

Ob der Rest der ARD denn mit der Aufarbeitung der Skandale beim MDR, dem Millionenbetrug beim Kinderkanal wie den jüngsten Fiananzkapriolen des suspendierten MDR-Unterhaltungschefs Udo Foht zufrieden sei? "Auch das entscheidet allein der MDR", sagt Piel. Und schiebt noch nach, dass die Vorgänge bei der Dreiländeranstalt für Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen immerhin für Einsatz in den Revisonabteilungen der ARD-Sender sorgen. Sie sitzen gerade daran, eine Übersicht darüber zusammen zu tragen, wie bei den Sendern jeweils Gesetze und Richtlinien befolgt würden.

Während die ARD so dem MDR die Aufklärung weitestgehend selbst überlässt, stapeln sich in der MDR-Zentrale in Leipzig die offenen Fragen. Zum Beispiel die, was es mit einem Vertrag für "Formatberatung" auf sich hat, den Foth der Berliner Firma Just for Fun spendierte - und für den bislang keine Gegenleistung bekannt ist. Und nicht nur das: Der auf ein Jahr befristete und mit 40.000 Euro dotierte Betrag wurde doppelt und für zwei Jahre ausgezahlt - macht insgesamt rund 160.000 Euro. Dazu kommt, dass Just for fun laut Handelsregistereintrag nicht eben der klassische TV-Dienstleister ist - sondern laut Handelsregister eher "Hausmeistertätigkeiten und die Ausführung von Holz- und Bautenschutzmaßnahmen" anbietet.

Warten aufs Wunsch-Ergebnis

Beim MDR schweigt man sich zu diesem Punkt weiter aus. Es gibt schließlich Wichtigeres zu tun: Im Politgeschacher um Reiters Nachfolge ist jetzt ein Verfahrensvorschlag für die Intendantenwahl am 26. September aufgetaucht. Bei der Sitzung braucht der vom Verwaltungsrat in der vergangenen Woche ausgekungelte Kandidat, Leipziger Volkszeitungs-Chefredakteur Bernd Hilder, eine Zwei-Drittel-Mehrheit der anwesenden Rundfunkratsmitglieder. Bislang wurde davon ausgegangen, dass eine Kandidatur gescheitert ist, wenn diese Mehrheit verfehlt wird.

Weil aber genau das bei Hilder durchaus im Bereich des Möglichen liegt, heisst es in Punkt 9 der Tagesordnung nun, "im Interesse der größtmöglichen Rechtssicherheit sollte der Rundfunkrat zu Beginn von TOP 9 beschließen, dass mehrere Wahlgänge durchgeführt werden können" - und dass ein weiterer Wahlgang, "insbesondere dann in Frage kommen [könnte], wenn die notwendige Mehrheit knapp verpasst wird". Der 52-jährige Hilder gilt als Kandidat der sächsichen Staastkanzlei, ist aber trotz seiner Nähe zur Union auch in CDU-Kreisen umstritten.

Ganz ungeniert warnt die Vorlage daher noch, dass "Rundfunkratsmitglieder, die vor dem Endevon TOP 9 die Sitzung verlassen", sich "anschließend nicht darauf berufen" könnten, "es sei überraschend ein neuer Wahlgang angesetzt worden und sie hätten keine Gelegenheit gehabt (...) ihre Stimme abzugeben". Was schlicht bedeutet, dass so lange abgestimmt werden soll, bis das von der Dresdener Staatskanzlei erwünschte Ergebnis stimmt.

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4 Kommentare

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  • M
    mrmeckpom

    Das ganze, höchst anrüchige Spiel paßt in die Linie der Sächsischen Landesregierungregierung - federführender Vorreiter ist der Staatsminister Dr. Beermann - auf dem öffentlich-rechtlichem Rundfunk einzuschlagen!

     

    So auch in der FAZ in einem Beitrag unter: Qualität und Unterscheidbarkeit,vom 13.09.2011

     

    Als zurzeit aktivste Kämpfer gegen die vermeintliche Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Dr. Johannes Beermann, hinterfragt in seinem Beitrag Qualität und Unterscheidbarkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von den privaten Sendern. Dies lässt mich meinerseits nach dem medienpolitischen Mehrwert einer Kommunikationsstrategie von Dr. Beermann über das Printmedium FAZ fragen! Als Staatsminister und Chef der Sächsischen Staatskanzlei (CDU - F.D.P Koalition) und Mitglied des ZDF-Fernsehrates ist er schließlich ein politischer Macher der vordersten exekutiven Front im Kampf um Nachrichtenhoheit und Wirtschaftsmacht der Medien und Insider ihrer aktuellen Probleme.

     

    Aufhänger sind das Scheitern des 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrages durch Nichtzustimmung der Landtage in Nordrhein-Westfalen (Minderheitsregierung SPD – Bündnis 90/Die Grünen) und folgend in Schleswig-Holstein (CDU - F.D.P. Koalition) und die aktuellen Schwierigkeiten bei der Ratifizierung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages. Das einzelne Bundesländer dem Föderalismusgedanken mit ihrer offenkundigen Unfähigkeit, sich weiterhin an ein auf Konsens angelegtes, bewährtes Verfahren zur Erreichung von Staatsverträgen zu halten, immensen Schaden zufügen, liegt auf der Hand! Droht doch der Föderalismus zwischen Zuständigkeiten des Bundes und Einmischungen der EU in Regionskompetenzen durch den Verfahrensdissens der sechzehn Bundesländer verloren zu gehen!

     

    Sorgfältig herausgearbeitet hat den medienverfassungsrechtlichen Konflikt Ministerialrat Dr. Matthias Knothe - seines Zeichens Leiter der Stabsstelle Medienpolitik der Staatskanzlei Schleswig-Holstein - in seinen Grundlagenbeiträgen „Störfall im Föderalismus; Zum Scheitern des Jugendmedienschutzstaatsvertrages“ (Zeitschrift für Rechtspolitik 2011, 78) und „(Rundfunk-) Staatsverträge – Faktische Gesetzgebung der Regierung unter Ausschluss der Parlamente?“ (ZRP 2010, 181). Schön, dass Dr. Beermann diesen wegweisenden, juristisch bestens fundiert und mit umfangreichem Quellennachweis versehen Aufsätzen, in seiner Argumentation stringent gefolgt ist. Weniger schön, aber fast schon politisches Gewohnheitsrecht mag man darin sehen, dass Dr. Beermann die eigentliche Quelle seiner Erkenntnis unterschlägt. Das mag politisch opportun erscheinen und profiliert, fördert aber sicher nicht die erforderliche Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern in der Arbeitsebene!

     

    Im zweiten Teil des Beitrags von Dr. Beermann finden sich die altbekannten, eher von wirtschaftlichen Interessen geprägten Argumentationslinien zum Programm von ARD und ZDF. Es verwundert, dass ihm von Seiten seiner Fachleute in der Staatskanzlei und im Fernsehrat bis heute keiner nachhaltig nahe bringen konnte, dass die von ihm aufgeworfenen Fragen der Programminhalte (amerikanische Serien, Fußballübertragung etc. -> siehe auch obriger Beitrag) die Programmautonomie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks betreffen. Aus der inhaltlichen Gestaltung der Programme jedoch hat sich der Staat zwingend raus zu halten – und das aus sehr guten Gründen! Dr. Beermann liefert eine wahre Steilvorlage für das Argument, dass Politiker und politische Beamte nichts in Fernseh- und Rundfunkräten zu suchen haben, um die Unabhängigkeit der Fernseh- und Rundfunkanstalten vor staatlicher Bevormundung zu schützen. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk heißt eben nicht „Staatsfunk!“ - das ist Vergangenheit und auch gut so!

     

    Wer derart konkret in die Programmgestaltung hinein regieren möchte, wäre besser Intendant geworden. Doch obwohl beim MDR Intendanten-Vakanz droht, hat Dr. Beermann diesen Schritt bisher offensichtlich nicht erwogen. Er ist wohl auch nicht von Nöten, denn zumindest der Verwaltungsrat hat bereits den politisch gewünschten Kandidaten – wenn auch nach schmerzhaften Geburtswehen – abgesegnet. Schade nur, dass sich das Gremium bei dieser so wichtigen Führungsposition eines in schwerster See dümpelnden MDR weder auf den juristisch beschlagenen Hausinsider des MDR, noch auf einen exzellenten Fernsehmacher und Verwaltungsfachmann von außerhalb verständigen konnte und stattdessen einem politisch genehmen Kandidaten aus den Printmedien den Vorzug gibt! Es bleibt zu hoffen, dass der neue Intendant sich nicht am politischen Nasenring durch Sachsen ziehen lässt, auch nicht, wenn Dr. Beermann am anderen Ende der Kette hängt!

     

    Und doch, welch treffender Titel „Qualität und Unterscheidbarkeit“! Zum Glück kann zumindest der medienpolitisch interessierte, fachkundige Leser da noch die Spreu vom Weizen trennen…

  • UR
    Udo Ritter

    Einen einzigen Kandidaten so lange wählen, bis das Ergebnis stimmt? Wofür dann überhaupt eine Abstimmung? Wäre es nicht kostengünstiger, der sächsischen Staatskanzlei gleich das Recht einzuräumen, den MDR-Intendanten zu bestimmen?

  • W
    wolf26

    Bei diesen Polit-Propaganda- Sendern wird doch

    alles so hingedreht, wie es die machtgeilen

    Pölitherrschaften brauchen.

    Dafür wird der Bürger entmündigt und darf prav

    seine Propaganta-Steuer bezahlen.

  • M
    monochromata

    Ein Tippfehler: Fiananzkapriolen